Wenn ein Kind es nicht auf die Toilette schafftBlasen- und Darmkontrolle

Schwierigkeiten mit der Blasen- oder Darmkontrolle – wenn nicht sogar mit beidem, sind gar nicht so selten. Wenn auch die meisten Kinder bis zum dritten, spätestens vierten Geburtstag problemlos ihre Blase und ihren Darm kontrolliert entleeren können, kann es noch einige Zeit danach zu kürzeren oder längeren Rückfallzeiten kommen.

Wenn ein Kind es nicht auf die Toilette schafft
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Typische Auslöser für erneute Kontrollprobleme sind der Ausbruch einer Infektionskrankheit, ein Umzug und damit verbunden ein Wohnort-, Freundeskreis- oder Schulwechsel. Ähnlich belastend wirken familiäre Veränderungen, wie die Geburt eines Geschwisterkindes oder besonders gravierende Einschnitte in das bisherige Familienleben durch einen Todesfall oder Trennung der Eltern, was häufig mit vielfältigem Verlust und Neuanpassungen einhergeht.
Eine verspätete Blasenkontrolle kann sich tags oder nachts, aber auch zu beiden Tageszeiten bemerkbar machen und höchst verschiedene Ursachen haben. Eine genetische Komponente kann, muss aber nicht für das Nachtnässen verantwortlich sein. Häufiger scheinen versäumte oder nicht konsequent durchgeführte Unterstützungsmaßnahmen und nicht ausreichend begleitete Übergangssituationen auf dem Weg von der Windel zum regelmäßigen Toilettengang zu sein. Ebenso können vom Kind als anstrengend erlebte Tagesabläufe oder belastende familiäre Probleme die Ursache für eine Entwicklungsverzögerung oder Rückschritte sein.
Die nächtliche Blasenkontrolle kann erst Monate, wenn nicht sogar Jahre nach dem bereits toilettenfitten Tag gelingen und so bei Außerhausübernachtungen, Freizeiten oder Landschulheimaufenthalten von den Gleichaltrigen bemerkt und zum Problem für das betroffene Kind werden. Hier sind rechtzeitige Gespräche mit den begleitenden pädagogischen Kräften wichtig, ebenso eine Beratung seitens der Kinderärztin oder des Kinderarztes, die beispielsweise eine vorübergehende Medikation betreffen kann.

EINFACH KURZ RAUS DÜRFEN

Für alle Kinder, aber besonders für die noch nicht toilettenfitten Grundschulkinder ist es wichtig, im Schulalltag jederzeit austreten zu dürfen, möglichst ohne vor der ganzen Klasse um Erlaubnis für einen Toilettengang oder für nötig gewordenes Umziehen bitten zu müssen. Hier haben sich vorab vereinbarte nicht-sprachliche Signale zwischen Kind und Lehrkraft bewährt, die peinliche Situationen erst gar nicht entstehen lassen. Nach Absprache mit den Eltern hängt vielerorts für jedes Kind ein Beutel mit Ersatzkleidung am Garderobenhaken vor der Tür, der beispielsweise auch für Gartenarbeiten oder nach anderen Aktionen „verdachtlos“ zum Einsatz kommt und automatisch neu befüllt wird. Wenn es dann doch passiert ist und sichtbar wird, muss das Kind „geschützt“ werden!
Bewährt haben sich an das Kind und seinen Alltag angepasste individuelle „Zeitpläne für Toilettengänge“, wie sie auch oft in Spezialberatungen zur Unterstützung der Ausscheidungsautonomie entwickelt werden.

Hier ein Toilettenplan, der bei einem tagsüber einnässenden Kind im 9. Lebensjahr nach wenigen Wochen sowohl zu Hause wie in der Schule zum Erfolg führte:

  • Direkt nach dem Aufwachen auf die Toilette gehen, auch wenn das Kind samstags oder sonntags danach wieder zum Spielen oder Lesen ins Bett geht.
  • Nach dem Waschen, Anziehen und Frühstück kurz vor dem Start zur Schule oder in eine Wochenendaktion erneut auf die Toilette gehen.
  • In einer der Vormittagspausen wird ebenfalls die Toilette aufgesucht.
  • Besonders wichtig ist ein Toilettengang direkt nach dem Mittagessen, vor oder während der Hausaufgabenzeit, da es nach der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme oder durch eine stressende Anforderung zu einer unkontrollierten Abgabe kommen kann.
  • Es sollte auch zur Selbstverständlichkeit werden, vor nachmittäglichen Spiel- oder Sportaktivitäten nochmals die Toilette aufzusuchen. Wichtig ist, dass die Aktivitäten erst starten, wenn alle von der Toilette zurück sind, so- dass die Kinder auch wirklich auf die Toilette gehen und Blase (und/oder Darm) in Ruhe entleeren. Ansonsten wird in Windeseile „der Druck kurz abgepinkelt“ und mit immer noch halb gefüllter Blase mit dem Spiel begonnen. Beim nächsten aufregenden Spielabschnitt ist das Einnässen dann vorprogrammiert.
  • Der Aufruf „…und jetzt gehen alle nochmals schnell zur Toilette!“ ist zwar praktisch gedacht, aber keine echte Hilfestellung. Im Pulk zur Toilette zu rennen, ist viel zu aufregend, als dass sich das Kind ausreichend entspannen kann, was für eine vollständige Entleerung wichtig ist. Außerdem ist es dann im Toilettenbereich laut und turbulent und Kommentare aus der Nebenkabine wie „Moritz, ich hör dich pinkeln!“ verunsichern.

Auch die familiären Abendrituale sind in den Blick zu nehmen, da viele Kinder ihre Hauptflüssigkeitsmenge in den Abendstunden trinken. In den Stunden zuvor fehlt es an Trinkgelegenheiten, vor allem aber an Zeit hierfür. Vor dem Zubettgehen und am besten nach dem Vorlesen, Fernsehen, Kassette Hören oder Bücher Anschauen ist ein nochmaliger Toilettengang wichtig, damit die Blase mit größerer Wahrscheinlichkeit ohne unwillkürliche Entleerung bis zum Morgen „durchhält“.  

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