Schule in Deutschland ist häufig ein homo- und transphober Ort. Als normal gelten Zweigeschlechtlichkeit und Heterosexualität. Kinder, die anders sind, sich nicht wie ein typischer Junge oder ein typisches Mädchen verhalten, werden nicht selten ausgegrenzt.
Kürzlich erhielt ich dazu eine E-Mail einer besorgten Mutter: „Mein Sohn besucht die Grundschule (2. Klasse) und wird dort aufgrund von nicht-jungentypischen Vorlieben (mag Rosa) von anderen Kindern ausgelacht. Er leidet sehr unter der Situation. Die Klassenlehrerin möchte helfen, weiß aber nicht genau wie. Antidiskriminierungs- Richtlinien oder Ähnliches gibt es an der Schule nicht. […] gibt es auch Material für die Grundschule, das sich mit allzu starren Geschlechterklischees befasst?“
Um solchen problematischen Situationen entgegenzuwirken, sind Antidiskriminierungs- und Bildungsprojekte wie „Schule der Vielfalt“ so wichtig. In diesem bundesweiten Schulnetzwerk sind unterschiedliche Schulformen engagiert, von der Förderschule bis zum Berufskolleg. Grundschulen sind allerdings bis heute nicht dabei.
MANGELHAFTE AUSBILDUNG
Warum ist das so? Am fehlenden Problembewusstsein liegt es wohl nicht. Die allermeisten Grundschullehrkräfte sind in Bezug auf diskriminierende Äußerungen sensibilisiert und nah an dem dran, was ihre Kinder bewegt. Auch in der oben zitierten E-Mail ist sich die Klassenlehrerin des Problems bewusst. Trotzdem wendet sich die Mutter an das Projekt, nicht an die Klassenlehrerin.
Das Antidiskriminierungsprojekt „Schule der Vielfalt“ stellt immer wieder fest: Es gibt an den Hochschulen und Studienseminaren nur eine mangelhafte Ausbildung zu Antidiskriminierungspädagogik und Genderfragen. Die Folge: Den Lehrerinnen und Lehrern mangelt es an Kompetenzen, wie sie mit Homo- und Transphobie umgehen sollen. Als wir Fortbildungen an Studienseminaren der Grundschulen angeboten haben, wurde das Projekt zudem häufig fälschlich dem Bereich der „Sexualerziehung“ zugeordnet. Akzeptanzarbeit gegenüber nicht heterosexuellen Menschen ist aber ein fächerübergreifendes Thema und nicht eines „on top“. Vielmehr hängt das gesamte Unterrichts- und Schulklima davon ab, wie wir in solchen Detailfragen miteinander umgehen.
An weiterführenden Schulen sind es dann insbesondere die Schülerinnen und Schüler selbst, die Druck ausüben und ein Engagement ihrer Schule gegen Rassismus, Homophobie, Transphobie und andere gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit einfordern.
Sie nennen die Situation gegenüber Lehrkräften beim Namen, sodass diese nicht mehr weghören können. Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher sind dann gefordert, sich auch in Themen von Antidiskriminierung und Akzeptanzarbeit weiterzubilden. Und das ist auch gut so. Diese Arbeit sollte in der Grundschule bereits ansetzen.