Schulen mit vielen Einwandererkindern freuen sich, wenn sie auch Personal mit Migrationshintergrund bekommen. Die Hoffnung dahinter ist, dass die Kinder profitieren. Wissenschaftler vom Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie an der Freien Universität Berlin wollten es genauer wissen und haben das Thema in zwei Studien untersucht: Zunächst nahmen sie 2016 den Kita-Bereich unter die Lupe. Im vergangenen Jahr folgten die Schulen. „Das Ergebnis beider Studien ist gleich“, sagt Martin Neugebauer, Juniorprofessor für empirische Bildungs- und Hochschulforschung und einer der Studienautoren. „Wir haben keinen Einfluss des Migrationshintergrundes auf die Fortschritte der Kinder gefunden – ob mit Blick auf ihre Kompetenzen, ihre Benotung oder auch ihr Sozialverhalten.“ Für ihre Untersuchungen werteten die Forscher Ländervergleichsdaten des Institutes zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) aus dem Schuljahr 2008/2009 aus. In diesem Jahrgang war anders als sonst auch der Migrationshintergrund der Fachkräfte erfasst worden.
Die Herkunft wird überschätzt
Persönlichkeit und Ausbildung von Lehr- und Fachkräften sind entscheidend für den Bildungserfolg der Kinder, das ist aus vielen Studien der vergangenen Jahre bekannt. Merkmale wie Migrationshintergrund oder auch das Geschlecht der Beschäftigten sind für die Fortschritte der Kinder dagegen nicht relevant. „Warum auch sollte ein Kind aus Eritrea Vorteile davon haben, wenn es mit einer pädagogischen Fachkraft aus Syrien zu tun hat?“, erläutert Neugebauer.
Die Wissenschaftler selbst waren zunächst enttäuscht von ihrem Befund – kamen dann aber zu dem Schluss, dass es für die pädagogische Praxis doch ein gutes Ergebnis sei. „Sonst wäre eine Konsequenz gewesen, dass man die Schulkinder mit Migrationshintergrund in Klassen mit den entsprechenden Lehrkräften sortiert hätte“, sagt der Juniorprofessor, „also genau das, was wir eigentlich verhindern wollen.“ Denn aus vielen Forschungsarbeiten ist mittlerweile bekannt, dass das Leistungsniveau einer Klasse insgesamt sinkt, wenn der Anteil migrantischer Kinder steigt.
In der Tat würden solche Konsequenzen auch alle Bemühungen um Inklusion konterkarieren. Für Pädagoginnen und Pädagogen muss es jedoch darum gehen, die Kinder in ihrer ganzen Vielfalt zu sehen: mit all ihren Ressourcen und mit den unterschiedlichen Lebenswelten, aus denen sie kommen. Das gilt auch unabhängig von der Herkunft der Fachkräfte, wie Maja Schachner von der Abteilung für Inklusionspädagogik der Universität Potsdam betont. „Wenn man zum Beispiel viele türkische Kinder in seiner Klasse hat, kann man beim Aufteilen in Gruppen vielleicht mal auf Türkisch abzählen – auch wenn man die Sprache eigentlich nicht beherrscht. Aber das zeigt den Kindern einfach, dass die Fachkräfte auch die andere Sprache respektieren, dass diese Kultur auch Teil unserer Kultur geworden ist.“ Die Studie ist allerdings kein Argument gegen Fachkräfte unterschiedlicher Herkunft. Es sei auf jeden Fall zu begrüßen, dass die Pädagogenszene spiegelbildlich zur Gesellschaft bunter werde, sagt Wissenschaftler Neugebauer von der FU Berlin. „Man darf aber nicht erwarten, dass davon einfach die ethnischen Bildungsnachteile in unserer Gesellschaft verschwinden.“