Kultur als SchlüsselKinder führen durchs Museum

Kinder führen durchs Museum und erklären ihre Sicht auf die Kunst: In einer kleinen Schule an der dänischen Grenze engagieren sich Erzieherinnen und Lehrkräfte gemeinsam für kulturelle Bildung.

Kultur als Schlüssel
© Grundschule Süderlügum

Süderlügum ist ein kleiner Ort hoch im Norden Deutschlands. Trotz aller Beschaulichkeit hier an der dänischen Grenze bietet die kleine Dorfschule mit ihren etwa 110 Schülerinnen und Schülern eine besondere kulturelle Ausprägung. Gut drei Viertel der Kinder nutzen das Angebot des Offenen Ganztags. Dessen Von Stephan Lüke Leiterin ist Alexandra Christiansen. Beim Gang zur Arbeit fällt ihr Blick täglich auf den Schriftzug am historischen Gebäude: Kulturschule.
Alexandra Christiansen und Schulleiterin Meike Kosbü-Hermann stecken oft die Köpfe zusammen. Gemeinsam überlegen sie, welche kulturellen Angebote sie den Kindern unterbreiten wollen. „Wir gucken schon sehr genau, welche Schwerpunkte wir und auch externe Partner setzen können“, sagen die beiden. Ihnen ist wichtig, dass die Kinder Dinge, die sie am Nachmittag in einer Arbeitsgemeinschaft erarbeitet haben, im Unterricht fortführen, präsentieren und vertiefen können. Auf diese Weise entstandene Kunstwerke werden ganz selbstverständlich auf Festen ausgestellt, zu denen Schule und Offener Ganztag (OGS) regelmäßig einladen. Dabei feiern nicht nur Eltern und Angehörige mit – sondern das ganze Dorf.
„Wir sind so etwas wie eine große Familie“, betonen OGS- und Schulspitze. Sie sehen kulturelle Bildung als Grundstein für alle weiteren Fähigkeiten. „Kulturelle Bildung ist in besonderer Weise geeignet, Schlüsselqualifikationen wie Konzentrationsvermögen, Wahrnehmungsfähigkeit, Ausdrucksvermögen, Gestaltungsfähigkeit, Persönlichkeitsentwicklung sowie das Selbstbewusstsein auszubilden und zu fördern“, sagt OGS-Leiterin Christiansen. Und noch einen Aspekt hebt sie hervor: „Ein Instrument zu beherrschen oder sich in einem Bild auszudrücken erscheint uns als wertvolle Alternative zum Daddeln an der Playstation.“  

Steckbrief

Offene Ganztagsgrundschule Süderlügum

Schulform: Grundschule (1. bis 4. Klasse)

Schülerinnen und Schüler: 110

OGS-Schülerinnen und Schüler: 75, davon 50 täglich

Erzieherinnen und sonstiges Personal in der OGS: 7

Kulturelle Arbeitsgemeinschaften: Theater, Kooperation mit dem Nolde-Museum und der örtlichen Malschule, Musik (Gitarre, Blockflöte), Kunsthandwerk (Töpfern, Filzen, Pappmaschee)

https://www.grundschule-suederluegum.de/

NEUE FÄHIGKEITEN UND SELBSTBEWUSSTSEIN

Entsprechend wird der Alltag im Ganztag gestaltet. Das sieben Frauen starke OGS-Team stellt Jahr für Jahr Arbeitsgemeinschaften zusammen. Angebote für Theater, Musik und Handwerkliches von Malen bis Töpfern sind selbstverständlich und sollen die Philosophie des Schulalltags stärken. Der mehrfache Besuch der Malschule im nahen Neukirchen, wo Museumspädagogen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene Workshops anbieten, reizt die Kinder ebenso wie das eigene Engagement am jährlichen Museumstag des Nolde-Museums im benachbarten Seebüll. Dort führen Grundschülerinnen und -schüler die Besucher durch die Ausstellung über das Leben des Malers Ernst Nolde. Sie erklären mit eigenen Worten Bilder, den Garten oder die Grabstätte. Dabei sprechen sie frei und nutzen ihre im Vorfeld gemeinsam mit Malschul-Lehrerin Mechthild Gransow erarbeiteten Kenntnisse. Erzieherinnen und Lehrkräfte sind ebenso begeistert wie die Museumsbesucher und Eltern. „Erstens weil Kinder ganz andere Dinge in Bildern entdecken als wir Erwachsenen und zweitens weil Kinder mit Förderbedarf beim Erzählen über ein Bild ihre Sprachbarriere überwinden“, erläutert Schulleiterin Kosbü-Hermann.  

DEN KOPF FREI BEKOMMEN

Wie sehr die Schülerinnen und Schüler von Handwerkskunst profitieren, davon weiß Monika Christiansen zu erzählen. Die Schulassistentin – nicht verwandt oder verschwägert mit der OGS-Leiterin – erlebt die Kinder im Unterricht und anschließend in den nachmittäglichen Betreuungsangeboten. Dort begeistert sie die Kleinen für die Kunst des Filzens, die sie in ihrer kleinen Werkstatt auch Touristen und Klassen anderer Schulen nahebringt.
„Solche Tätigkeiten machen den Kindern den Kopf frei. Sie können kreativ sein, etwas schaffen, haben Erfolgserlebnisse. Ihre Motorik wird gefördert, und selbst hyperaktive Kinder kommen zur Ruhe“, weiß sie aus Erfahrung. Sinnbild ihrer Arbeit ist eine mehrere Quadratmeter große Decke, die Kinder mit ihrer Unterstützung im Rahmen eines Afrikaprojektes gefilzt haben. Aus bunter Rohwolle gestalteten sie Früchte, die nun das einst weiße Vlies zieren. Gemeinsam tanzten sie auf dem zu diesem Zeitpunkt noch nassen Stoff, der so fest verfilzt wurde und heute im Eingangsbereich der Schule liegt. „Kinder können dank solcher Betätigungen in sich ruhen, schaffen den Einstieg in die Schule leichter und lernen auch besser“, sagt Monika Christiansen. „Wer erlebt, wie sehr Schülerinnen und Schüler von Kultur und Kunst profitieren, der weiß, was er im Offenen Ganztag, aber auch im herkömmlichen Unterricht anbieten sollte.“

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