Partner, nicht GegnerWie die Kooperation zwischen Betreuung und Schule gelingen kann

Unsere neue klasseKinder!-Reihe für Leitungskräfte in Hort und Ganztag widmet sich zum Auftakt einem wichtigen Thema: Der Kooperation zwischen Betreuung und Schule – und wie sie gelingen kann.

Partner, nicht Gegner
© bowdenimages/istockphoto.com

Sortleiterin Ulrike B. und ihr Team arbeiten zusammen an ihrer Konzeption, als die Tür aufgeht und eine Kindergruppe den Erzieherinnen freudestrahlend mitteilt, dass kurzfristig eine Konferenz stattfinden musste und die Rektorin rasch alle Kinder in die Betreuung geschickt hat. „Und die anderen aus der dritten und vierten Klasse sind auch gleich da“, sagt Tim noch, bevor er gut gelaunt seinen Schulranzen aufräumen geht. Das frustrierte Team atmet kollektiv durch, beendet die Sitzung und geht zu den Kindern.
Auf der anderen Seite hatte Ulrike B. vor Kurzem ein Erfolgserlebnis, als sie und eine Kollegin zusammen mit einer Lehrerin in einem Hilfeplangespräch eine gute Lösung für eine schwierige Hausaufgabensituation bei einem Schüler finden konnten. „So sollte es immer sein“, dachte Ulrike B. nach dem Gespräch, „Schule und wir arbeiten und helfen zusammen, und alle haben das Kind im Blick.“
Zwei Beispiele, die zeigen, wie die Zusammenarbeit mit der Schule in der Schulkindbetreuung laufen kann – egal ob im Hort oder direkt an der Ganztagsschule. Die Kooperation mit der Schule ist dabei eine der wichtigsten Aufgabe für Leitungskräfte und Ganztagskoordinatoren. Sie ist mitentscheidend für die Gestaltung einer guten und vor allem kindgerechten Ganztagsbildung von Schulkindern, gerade auch im komplexen Zusammenspiel mit den Eltern. Wie kann sie gelingen?

DAS SELBSTVERSTÄNDNIS KLÄREN

Das Verhältnis zur Schule kann von sozialpädagogischer Seite aus unterschiedlich definiert werden. Zum einen gibt es die Position, dass der Hort, also die sozialpädagogische Betreuung, unabhängig von der Schule konzipiert werden muss, weil dann ein Raum entstehen kann, in dem sich die Kinder ohne schulischen Leistungsdruck wohlfühlen und entwickeln können. Die eigene Identität in der Organisation, das pädagogische Selbstverständnis, kann sich mit diesem Ansatz nur über die Abgrenzung von der Schule entwickeln – und vielleicht auch über ihre Abwertung.
Dagegen steht die Position, dass es nur zusammen mit der Schule geht, egal, ob im Hort oder im Rahmen der Ganztagsschule. Dabei steht nicht die Frage im Vordergrund, ob jetzt Hort oder Schule die besseren Orte für Kinder sind, sondern wie man zusammen eine gute ganztägige Erziehung, Bildung und Betreuung für und mit den Schulkindern gestalten kann. Diese Grundhaltung weist die Richtung – Schule ist kein ferner Ort, kein Gegner, sondern ein Partner, mit dem zusammengearbeitet werden muss. Diese Haltung umfasst auch Offenheit und Neugierde gegenüber der Schule. Diese Grundhaltung sollte jede Leitung entwickeln, reflektieren und pflegen, sonst führen die im ersten Beispiel beschriebenen Schwierigkeiten unweigerlich in eine Spaltung und in ein Konkurrenzdenken zwischen Betreuung und Schule. Es ist Aufgabe von Leitungskräften, zusammen mit dem Team an dieser Grundhaltung und an diesem Selbstverständnis zu arbeiten.

WISSEN, WAS MAN ZU BIETEN HAT

Neben einer offenen Grundhaltung gegenüber der Schule ist das Wissen um die eigenen Stärken und um den eigenen Auftrag wichtig. Schulkind-Einrichtungen sind weder die Erfüllungsgehilfen der Schule noch die Feuerwehr bei Schwierigkeiten. Vielmehr sind sie Partner, die wissen, was sie können und was sie zu bieten haben: nämlich einen eigenständigen Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag. Dazu nur ein paar Stichworte: Der positive und wertschätzende Blick der Erwachsenen auf die Kinder, Bedürfnisorientierung, Beziehung, Partizipation, eine eigene Didaktik, Know-how im Blick auf die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft mit den Eltern – unser Wissen und unsere Fähigkeiten bereichern jede Schule.
Diese Aufzählung könnte noch vielfältig erweitert werden – wichtig ist, das eigene Profil und die eigenen Aufgaben zu kennen, damit es auch in der Zusammenarbeit mit der Schule vertreten werden kann. Und auch hier ist es eine Leitungsaufgabe, mit dem Team am eigenen sozialpädagogischen Profil zu arbeiten. Nur wenn alle im Team wissen, was der eigene Auftrag ist, gewinnt man an Profil und kann in Gesprächen mit der Schule (oder mit den Eltern) Stellung beziehen oder auch Grenzen setzen.

FÜR SICH SELBST SORGEN

Als Leitungskraft haben Sie viele Aufgaben und sind vielfältigen Erwartungen ausgesetzt. Darum: Sorgen Sie für sich. Wenn hier Aufgaben und wichtige Themen skizziert wurden, heißt das nicht, dass man alles auf einmal machen muss. Setzen Sie Prioritäten, gehen Sie in kleinen überschaubaren Schritten voran. Als Hortleitung oder Ganztagskoordination sollten Sie das Grundsätzliche wissen und das Mögliche und Machbare tun. Kleine Schritte innerhalb solch eines Prozesses können die Zusammenarbeit auch schon weiterbringen. Sie können weder Rektoren und Rektorinnen noch Lehrerinnen und Lehrer noch ein Schulsystem ändern. Holen Sie sich immer wieder ein Coaching – das ist keine Schwäche, sondern Qualitätssicherung. Ein guter Träger zahlt dies. Gehen Sie gut mit sich um und sorgen Sie dafür, dass Ihre eigenen Bedürfnisse nicht zu kurz kommen. Noch einmal: Nein sagen ist erlaubt – gegenüber dem eigenen Team und der Schule. Mit einem gesunden Selbstbewusstsein und realistischen Zielen kann dann eine Kooperation mit der Schule gut gelingen.

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KOOPERATION MIT DER SCHULE PRAKTISCHE TIPPS

Für einen Hort müssen in der Zusammenarbeit mit der Schule andere Strukturen und Schwerpunkte festgelegt werden als für eine Betreuung an der Ganztagsschule. Trotzdem sollen folgende Punkte für beide Bereiche Anregungen bieten. Und egal, ob in Hort oder Ganztagsschule – es ist wichtig, dass Leitungskräfte im Blick auf die Kooperation mit der Schule mit gutem Beispiel vorangehen. Grundsätzlich sollte die Zusammenarbeit zwischen Hort und Schule, zwischen sozialpädagogischer Betreuung und Ganztagsschule am besten innerhalb eines gemeinsam gesteuerten Prozesses stattfinden.

  • Jour fixe: Treffen Sie sich regelmäßig mit der Schulleitung. Besprechen Sie Praktisches, Termine und Grundsätzliches. Vereinbaren Sie falls nötig weitere Termine.
  • Nehmen Sie an Konferenzen teil, laden Sie die Schulleitung, die Lehrerinnen und Lehrer in Ihre Teamsitzungen mit ein.
  • Initiieren und gestalten Sie gemeinsame pädagogische Tage und Fortbildungen. Schließen Sie wenn möglich dafür die Einrichtung. Erklären Sie den Eltern, dass sie von den Ergebnissen profitieren werden.
  • An der Ganztagsschule: Initiieren Sie sogenannte Tandems zwischen Erzieherinnen, Erziehern und Lehrkräften.
  • Im Hort: Stellen Sie z.B. Ihr Hausaufgabenkonzept in der Konferenz vor.
  • Setzen Sie sich bei großen Entwicklungen für ein richtiges Projektmanagement ein – große Entwicklungen benötigen eine gute Steuerung und vor allem viel Planung.
  • Ein Kooperationsvertrag kann die Ziele und Regeln der Zusammenarbeit fundieren.
  • Tragen sie Ihren Teil für eine gute Arbeitsbeziehung zur Schulleitung bei.
  • Nein sagen ist wichtig und erlaubt. Erklären sie, was möglich ist und was nicht. Erklären Sie (bei Bedarf mehrmals) Ihre Ressourcen und Grenzen, z.B. „Wenn die Kinder früher kommen, kostet das uns Zeit.“
  • Gegenseitige Hospitationen wecken das Verständnis und Verstehen füreinander. Sorgen Sie mit der Schulleitung für ein Kennenlernen von Erzieherinnen und Lehrkräften.
  • Entwickeln Sie gemeinsame Ziele, ein gemeinsames Selbstverständnis. Erklären Sie sich gegenseitig Ihr pädagogisches Selbstverständnis.
  • Definieren Sie inhaltliche Schnittstellen, die gemeinsam besprochen und entwickelt werden müssen. Besprechen Sie klar umgrenzte Themen, z. B. Hausaufgaben. Klären sie, wo eine Vernetzung zwischen Unterricht und sozialpädagogischem Angebot sinnvoll ist und wo nicht.
  • Reden Sie gemeinsam über Kinder, erlauben Sie unterschiedliche Blickweisen und Perspektiven. Leitfrage ist immer, wie man das Kind gemeinsam unterstützen kann und wer was dazu beitragen kann.
  • Suchen Sie gemeinsam kritische Themen und Probleme und versuchen sie, diese zu lösen – z. B. wo und wie an einer Schule gerannt oder geklettert werden darf.
  • Jeder weiß, dass viel zu wenig Zeit für alle vorhanden ist, und es viele Stolpersteine und Rückschritte geben kann. Haben Sie Geduld mit sich und anderen.
  • Gehen Sie davon aus, dass die viel gerühmte „Augenhöhe“ nicht automatisch vorhanden ist. Es bleibt uns manchmal nichts anderes übrig, als sie uns zu erarbeiten.

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