Fakt ist: Diese Medien gehören zur Lebenswelt der Kinder. Nahezu jeder Haushalt hat Internet und entsprechende Endgeräte. Kinder im Grundschulalter gucken gerne YouTube oder zocken – auf dem Computer, der Spielekonsole oder dem Handheld. Die große Mehrheit geht aber auch gerne raus zum Spielen, trifft sich mit Freunden oder liest.
ALARMISMUS IST NICHT ANGEBRACHT
Aktuelle Untersuchungen, etwa die Kinder-Medien-Studie 2018, legen nahe, dass die allermeisten Kinder mit analogen und digitalen Medien- und Freizeitaktivitäten aufwachsen und online wie offline gut zurechtkommen. Auch beeinflussen soziale Medien die Lebenszufriedenheit von Teenagern kaum, wie eine erste umfangreiche Langzeitstudie der Universität Oxford und der Universität Hohenheim in Stuttgart ergab. Viel größer sei der Einfluss von Familie, Freunden und schulischem Umfeld, so die Forscher.
Unbestritten ist jedoch auch, dass Smartphones und Internet Suchtpotenzial haben – und dass beim Surfen im World Wide Web Kinder Inhalte konsumieren können, die sie überfordern oder ängstigen.
Kinder so fit zu machen, dass sie die Medien beherrschen und nicht von ihnen beherrscht werden, das ist auch eine Aufgabe des Ganztags. Aber was bedeutet das für Erzieherinnen und Erzieher? Erst einmal, dass sie an dem Thema nicht vorbeikommen. Die Schülerinnen und Schüler bringen ihre Medienerlebnisse in die Betreuung mit, die guten wie die schlechten. Sie treffen sich nicht nur auf dem Schulhof, sondern auch im Klassenchat. Und dorthin verlagern sich entsprechend auch Streit und Konflikte – Stichwort Cybermobbing.
ALTERNATIVEN ZUM DADDELN
Medienpädagogen halten es daher für sehr wichtig, dass die Erwachsenen nicht alles kritisieren, was in der digitalen Medienwelt passiert, sondern am Ball bleiben. Wer einen guten, vertrauensvollen Kontakt zu seinen Schülerinnen und Schülern hat, bekommt mit, wenn es Probleme gibt, und kann entsprechend reagieren.
Zweitens ist es wichtig, gerade Grundschulkindern Alternativen anzubieten, die jenseits der digitalen Medien liegen. Das gilt insbesondere für Einrichtungen mit einer Schülerschaft, die Medien in erster Linie als Konsumprodukt sehen und zu Hause wenig Fürsorge erfahren oder kaum Strukturen und feste Regeln kennen. „Ein Kind, das ganz viele Erfolgserlebnisse beim Sport hat oder sozial gut angedockt ist, muss sich Anerkennung und Aufmerksamkeit nicht über digitale Medien holen“, sagt die Medienpädagogin Christina ter Glane. Im Alter zwischen sechs und elf Jahren befinden sich Kinder in einer Entwicklungsphase, in der viele soziale und emotionale Kompetenzen erst erworben werden. Es geht darum, Freundschaften zu schließen, seinen Platz in der Gruppe zu finden, sich zu streiten und wieder zu vertragen – alles Grundvoraussetzungen für Medienkompetenz, meint die Wissenschaftlerin Paula Bleckmann, die zum Thema Medienmündigkeit forscht. „Wie man miteinander umgeht, wie man Konflikte löst und Impulse reguliert – das sind Grundfertigkeiten, die man in virtuellen Räumen braucht, um mündig mit digitalen Medien umzugehen. Das lernt man nicht am Bildschirm.“
Der Hort ist ein wunderbarer Raum, um diese sozialen Kompetenzen einzuüben.
Was sagt die aktuelle Forschung?
Fast alle Kinder (98 Prozent) haben potenziell die Möglichkeit, zu Hause das Internet zu nutzen.
Jedes zweite Kind im Alter von sechs bis 13 Jahren hat ein Smartphone oder ein konventionelles Handy.
42 Prozent besitzen Spielekonsolen.
75 Prozent aller Kinder zwischen vier und 13 Jahren lesen mehrmals pro Woche Bücher oder Zeitschriften.
Drei Viertel sehen jeden bzw. fast jeden Tag fern.
15 Prozent der Sechs- bis Siebenjährigen sind täglich online, bei den Zwölf- bis 13-Jährigen sind es 58 Prozent.
Für die Mehrzahl der Kinder ist YouTube die Lieblings-Website.
WhatsApp nutzen 17 Prozent der sechs- bis siebenjährigen, 36 Prozent der acht- bis neunjährigen und 73 Prozent der zehn- bis elfjährigen Kinder
Quellen: KIM-Studie 2018 (Kindheit, Internet, Medien) www.mpfs.de, www.kinder-medien-studie.de, Amy Orben, Tobias Dienlin, Andrew K. Przybylski, 2019: Social media’s enduring effect on adolescent life satisfaction, veröffentlicht in www.pnas.org