Stimmen aus der PraxisInternet-Führerschein für Viertklässler

Wir haben Fachkräfte und Schülerinnen gefragt, welche Rolle digitale Medien im Ganztags-Alltag spielen.

Stimmen aus der Praxis
© Motive aus nadia bormotovat - istockphoto.com [M]

An der SchuleEins ist Medienpädagogik ein fester Bestandteil im Schulleben. Wir sind technisch gut ausgestattet, die Lehrkräfte arbeiten mit interaktiven Whiteboards und Dokumentenkameras, es gibt zwei PC-Räume, eine mobile Laptop-Klasse sowie eine Tablet-Klasse für die Schülerinnen und Schüler. Als ich an die Schule kam, gab es bereits einen Computer-Führerschein für die Drittklässler. Da geht es um die Vermittlung grundsätzlicher Techniken, wie Bildschirmoberfläche und Tastatur kennenzulernen und am Ende des Schuljahres eine kleine Präsentation erstellen können. Das wollte ich gerne ausweiten. Gemeinsam mit dem Schulsozialarbeiter habe ich den Internet- Führerschein für die Viertklässler und den Smartphone-Führerschein für die Fünftklässler konzipiert. Einmal in der Woche ist dafür eine Doppelstunde reserviert. Wichtig war mir, dass alle Schülerinnen und Schüler an den Führerscheinkursen teilnehmen, ob sie wollen oder nicht. Mit einer Computer-AG oder einem Angebot während der Projektwoche erreicht man zu wenige. Und oft auch nur die Jungs.

UMGANGSFORMEN IM NETZ

Beim Smartphone-Führerschein reichen die Themen von Apps und Berechtigungen über Kostenfallen, Antiviren-Programme, Suchtpotenzial, Verhalten in der Öffentlichkeit bis hin zu Cybermobbing. So lernen die Kinder beispielsweise, dass sie selbst bestimmen dürfen, ob sie fotografiert werden oder nicht. Wir sprechen auch viel über Umgangsformen im Netz. Seitdem sind die Cybermobbingvorfälle an der Schule auf jeden Fall zurückgegangen. Grundsätzlich herrscht an unserer Schule ein striktes Handyverbot. Die Handys sollen ausgeschaltet sein. Auch in der Pause oder im Hort. Nur im Unterricht dürfen sie unter Aufsicht der Lehrkräfte gezielt eingesetzt werden.
Ganz neu ist unser Social-Media- Führerschein für die Sechstklässler. Das heißt, wir haben jetzt flächendeckend über alle Grundschuljahrgänge Medienbildungsangebote. Darüber bin ich sehr froh und auch ein bisschen stolz. Die Resultate unserer Arbeit sehe ich bereits: Einige Kinder sind medienkompetenter als die Lehrkräfte oder die eigenen Eltern. Sie wissen, was online geht und was nicht.

App zur Elternkommunikation

Grundsätzlich haben wir eine offene Haltung gegenüber digitalen Medien, wollen die Kinder aber damit nicht alleinlassen. Daher haben wir uns erst kürzlich zu diesem Thema weiterbilden lassen. Zwei Mitarbeiterinnen aus dem Bereich Medienpädagogik und Jugendschutz kamen zu uns an die Ganztagsschule, haben uns Studien vorgestellt und informiert. Im Nachgang dazu haben sich einige Fragen ergeben, die wir dann noch mal in einer AG aufgearbeitet haben. Etwa die Hälfte der Dritt- und Viertklässler, die wir im Hort betreuen, hat ein Smartphone. Es gibt auch Kinder, die mit Smartwatch in die Schule kommen. Erlaubt sind die privaten Geräte im Hort aber nicht. Die Kinder dürfen sie in der Tasche haben, aber nicht nutzen – das gilt für Handy und Smartwatch.
Wir wollen allerdings die horteigenen Geräte aufstocken und uns noch zusätzlich Tablets anschaffen. Aktuell gibt es pro Gruppe einen Computer, also sechs insgesamt. Die Kinder nutzen sie zu Recherchezwecken, etwa wenn sie Hausaufgaben machen – allerdings immer in Begleitung eines Erziehers oder einer Erzieherin. Wozu die neuen Tablets dann primär genutzt werden sollen, ob Spiele erlaubt sind, und wenn ja, welche, dazu gab es bei uns in der Belegschaft kontroverse Meinungen. Da müssen wir noch zu einer einheitlichen Haltung finden.

UNTERSCHRIFT PER FINGERABDRUCK

Relativ neu ist, dass wir für die Elternkommunikation eine App nutzen. Sie kostet den Träger gut 60 Euro im Monat und hat einige Vorteile: So ist sie datenschutzrechtlich sicher – im Gegensatz etwa zu einer WhatsApp-Gruppe. Außerdem hat sie sehr nützliche Funktionen, man kann zum Beispiel per Fingerabdruck unterschreiben. Die Kommunikation erfolgt direkt, die nervige Abfrage nach vergessenen Rücklaufzetteln entfällt. Das ist aber auch ein Nachteil; die Kinder werden jetzt beim Informationsfluss außen vor gelassen.
Außerdem hat die App die herkömmlichen Informationswege noch nicht vollständig ersetzt, weil sie noch nicht von allen Eltern heruntergeladen wurde. Das heißt, wir Fachkräfte kommunizieren aktuell auf mehreren Kanälen – per App, per Mail, per Zettel und natürlich auch noch per Telefon. Ich hoffe, das ändert sich mit dem neuen Schuljahr.

WhatsApp, Tiktok, Kindernachrichten

Mein Smartphone nutze ich, um mit meinen Freunden zu telefonieren oder zu chatten, ich mache auch gerne Videos auf TikTok. Die können aber nur meine Freunde sehen, das habe ich so eingestellt. Insgesamt nutze ich das Handy so eine Stunde am Tag. Meine Mama kontrolliert das nicht, die vertraut mir. Am Sonntag haben wir bei uns in der Familie einen handyfreien Tag.
Wir haben verschiedene Klassenchat-Gruppen. Ich bin in dem dabei, in dem auch meine Freundinnen aus der Klasse sind. Er läuft über WhatsApp. Es gibt auch Chatgruppen über Telegram, aber das Programm habe ich nicht installiert – und der eine Chat reicht mir auch.

Smilla, 10 Jahre alt

In der Schule dürfen wir das Handy nicht nutzen, außer vielleicht ganz selten mal im Musikunterricht. Ansonsten muss es in der Tasche bleiben. Ich finde das gut, Handys gehören nicht in die Schule, zu Hause spielt man sowieso oft genug damit. Mein Smartphone ist gerade kaputtgegangen, daher nutze ich jetzt nur mein Tastenhandy. Zu Hause haben wir auch ein Tablet, da gucke ich Fernsehen und Filme. Besonders gerne mag ich die Kindernachrichten auf KiKA.

Ella, 11 Jahre alt

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