Kinderlexikon: Warum gruseln wir uns gerne?Angstlust

Obwohl sie uns erschrecken, lieben wir Schauergeschichten und Filme mit Gespenstern, Monstern und Hexen – nicht nur an Halloween. Weshalb haben wir Spaß daran?

Warum gruseln wir uns gerne?
© Beate Autering, Berlin

Das kennt wohl jedes Kind: Man sitzt am Lagerfeuer, hört eine Gespenstergeschichte und plötzlich knackt es im Gebüsch. Oder man fährt auf dem Rummel Geisterbahn und wie aus dem Nichts taucht eine Fratze aus dem Dunkel auf. Wir erschrecken und fürchten uns ein wenig, aber irgendwie ist das auch ein tolles Gefühl. Denn im Grunde wissen wir, dass uns nichts passieren kann.

Diese Mischung aus Furcht und Wonne macht den Spaß am Gruseln aus. Wissenschaftler haben sogar ein Wort dafür: Angstlust. Um zu verstehen, warum wir so empfinden, müssen wir uns genauer anschauen, was bei Angst im Körper passiert. Angst ist ein mächtiges und wichtiges Gefühl. Sie beschützt uns vor Dingen, die uns in Gefahr bringen. Wenn wir vor etwas erschrecken, dann schlägt das Angstzentrum im Gehirn Alarm. Es sendet Botenstoffe durch den Körper, sogenannte Hormone. Die heißen zum Beispiel Adrenalin oder Cortisol. Die Hormone überfluten den Körper in kurzer Zeit wie ein Wasserfall.

Sie machen ihn innerhalb von Sekunden bereit für das, was er tun muss, wenn es gefährlich wird. Das Herz schlägt schneller, die Muskeln spannen sich an, die Pupillen erweitern sich, die Hände schwitzen. Alle Sinne sind hellwach und messerscharf. Wir sind bereit zu fliehen oder zu kämpfen – Hauptsache, wir retten unser Leben. Ist die Gefahr dann überstanden, spendiert uns das Hirn zur Belohnung wieder ein paar Botenstoffe, sogenannte Endorphine. Sie lösen Glücksgefühle aus und sorgen für wohlige Entspannung. Nach der Furcht kommt die Freude!

ACHTERBAHNFAHRT DER GEFÜHLE

Wenn wir in der Geisterbahn sitzen und uns beim Gruseln wohlige Schauer den Rücken hinablaufen, dann durchleben wir immer wieder aufs Neue diese Mini-Angstzustände und kurz darauf die Erleichterung. Ein plötzliches Geräusch oder eine Silhouette gibt dem Angstzentrum im Gehirn einen Impuls und es schickt automatisch Botenstoffe durch den Körper. Aber wir haben ja noch den Verstand. Der sitzt auch im Gehirn, aber an einer anderen Stelle. Er überprüft den Impuls und stellt fest, dass es gar keinen Anlass gibt, um unser Leben zu rennen oder zu kämpfen. Der Verstand gibt Entwarnung („Ist doch gar nicht echt, mir passiert nichts“) und signalisiert so, dass die Gefahr überstanden ist. Die Voraussetzung für den Genuss gruseliger Situationen ist also ein grundsätzliches Gefühl der Sicherheit. Denn die vermeintliche Gefahr lässt uns nur dann schaudern, wenn wir im Grunde unseres Herzens wissen, dass es gut ausgehen wird.
Wenn die Angst größer ist als das Gefühl der Geborgenheit, kann das Ganze auch mal kippen. Wie viel Spannung man gruselig findet, hängt von vielen Dingen ab: vom Alter und der Entwicklung, aber auch vom Temperament und der Persönlichkeit. Es gibt Kinder, die gerne Monster spielen und wenig Angst vor der Dunkelheit und gruseligen Geräuschen haben; andere wiederum finden so etwas unheimlich und geraten schnell in Panik. Darauf sollten alle Rücksicht nehmen.

Spiel: Die Kiste des Schreckens (Fühlkiste)

Material:

  • Kartons (z. B. Schuhkartons) mit Deckel
  • Schere
  • Inhalte, die sich fies anfühlen, zum Beispiel: Gummihandschuhe gefüllt mit Wasser, Wackelpudding, kalte Spaghetti, in Wasser aufgeweichte Gummibärchen, Stroh, aufgeschnittene Pflaumen, Würstchen, ein Stück Fell

So geht’s:

In den Karton ein Loch schneiden, sodass die Kinder eine Hand hindurchstecken können. Je einen Karton mit einem Inhalt befüllen. Die Kinder müssen mit einer Hand in die Fühlkiste greifen und die darin enthaltenen gruseligen Dinge ertasten und beschreiben, was sie fühlen. Sind das Frösche, Augen, Hexenhaare oder abgeschnittene Finger? Tipp: Wenn der Raum abgedunkelt wird, ist der Grusel-Effekt größer.

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