„Unter Sozialisation wird der soziale Entwicklungsprozess verstanden, bei dem sich der Mensch mit seiner sozialen und materiellen Umwelt (äußere Realität) sowie seinen natürlichen Anlagen und der körperlichen und psychischen Konstitution (innere Realität) auseinandersetzt. Dabei wird er z.B. mit den Werten und Normen, Einstellungen und Erwartungen der Gesellschaft, in der er lebt, vertraut gemacht und macht sie sich zu eigen. Dieser Prozess verläuft in Wechselwirkung mit der sozialen Umwelt, ist abhängig von gesellschaftlichen Einflüssen und Bedingungen und dauert jeweils von der Geburt bis zum Tod.
In der Vergangenheit sah man den Menschen in erster Linie als Objekt, das durch Sozialisationsprozesse an die Gesellschaft angepasst oder in sie eingegliedert werden musste. Heute betont man daher, dass jeder Mensch als einzigartiges Individuum und handelndes Subjekt eine eigenständige Persönlichkeit ist und damit viele Möglichkeiten der Gestaltung hat. Durch seine individuellen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse kann er sich selbst verwirklichen, seine Umwelt beeinflussen und am gesellschaftlichen Leben auf unterschiedliche Weise teilhaben.
Der Mensch ist ein soziales Wesen. Er wird in eine soziale Umgebung, z.B. eine Familie, hinein geboren. Diese Umgebung beeinflusst und prägt ihn (bewusst oder unbewusst), dort lernt er, sozial zu handeln, sich mit Erwartungen auseinander zu setzen und soziale Rollen zu übernehmen. So wird aus einem Einzelwesen ein Gemeinschaftswesen.
Für diesen Entwicklungsprozess interessieren sich alle Sozialwissenschaften. Während die Psychologie sich besonders mit den biologischen und psycho-sozialen Wechselwirkungen beschäftigt, richtet die Pädagogik ihren Blick auf die Möglichkeiten der geplanten Einflussnahme in Familie, Kindergarten, Schule und anderen Orten des Lehrens und Lernens (Bildung und Erziehung). Die Soziologie betrachtet besonders das Spannungsverhältnis Mensch und Gesellschaft.“