Mitgefühl ist eine zwischenmenschliche Emotion. Sie verschafft uns Wissen über den gefühlsmäßigen Zustand anderer Menschen, verbindet uns mit ihnen und veranlasst uns in der Regel, helfend oder tröstend einzugreifen. Mitfühlen und Trösten sind sowohl in der Beziehung zwischen zwei Menschen als auch im gesamtgesellschaftlichen Miteinander von immenser Bedeutung. In diesem Zusammenhang stellt sich zunächst die Frage, wie sich diese so genannte Empathiefähigkeit bei Kindern entwickelt.
Die Entwicklung von Mitgefühl in der Kindheit
Einen Meilenstein für die Entwicklung von Mitgefühl stellt die Ausbildung einer psychischen Grenze dar, die es erlaubt, eigenes Erleben von dem eines anderen Menschen abzugrenzen. Kinder bis zum Alter von ca. 1,5 Jahren reagieren mit der so genannten „Gefühlsansteckung", wenn sie Zeuge des Kummers einer anderen Person werden: Sie werden selbst traurig und fangen u. U. sogar an zu weinen, ohne sich dessen bewusst zu sein, dass das Gefühl nicht aus ihrem eigenen Selbst kommt, sondern von einer anderen Person übertragen wurde. Ungefähr mit 18 Monaten entwickelt sich dann ein Bewusstsein dafür, dass „Selbst" und „Andere" im psychischen Sinne zu unterscheiden sind, dass also die fraglichen Gefühle in der anderen Person und nicht im Kind selbst entstanden sind. Diese Fähigkeit, das eigene Erleben von dem eines anderen Menschen abzugrenzen, gilt als Voraussetzung für Mitgefühl.(1) Die nächste Entwicklungsphase wird von dem US-Amerikaner Martin Hoffman „egozentrische Empathie" genannt.(2) Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass das Kleinkind versucht, dem traurigen Gegenüber durch etwas zu Hilfe zu kommen, was es selber trösten würde (z. B. den eigenen Teddy anbieten, die eigene Mutter holen). Bis zu einem Alter von ungefähr drei Jahren verringert sich diese Selbstbezogenheit graduell und das Mitgefühl nimmt immer mehr zu.
Danach werden die Dinge komplizierter: Während Hoffman davon ausgeht, dass mit der Entwicklung von Rollenübernahmefähigkeiten eine weitere Steigerung von Mitgefühl und Hilfeverhalten mit dem Alter zu erwarten ist (so genannte „Empathie für die Gefühle eines anderen"), stellt die Engländerin Dale Hay eine Abnahme prosozialer Aktivitäten fest.(3) Ihrer Meinung nach verliert das Hilfeverhalten den Charakter eines spontanen sozialen Impulses und wird zu einer überlegten Entscheidung. Denn obwohl sich die kognitiven Voraussetzungen für effektive Hilfeleistungen mit dem Alter des Kindes verbessern, entwickeln sich gleichzeitig Tendenzen, die das Auftreten von mitfühlenden und hilfreichen Verhaltensweisen hemmen. So geraten die vormals spontanen Impulse zum Beispiel unter die Kontrolle von Regeln, die bestimmen, wer wann wofür Mitgefühl verdient, und die demnach den Kreis der „Hilfeberechtigten" einschränken. Hilfreiches Verhalten wird somit laut Hay von da an zu manchen, aber nicht zu allen Gelegenheiten an den Tag gelegt und einigen, jedoch nicht allen potenziellen Empfängern gegenüber gezeigt. Bestätigung für diese These fand sich in einer aktuellen deutschen Studie: Es wurde herausgefunden, dass die untersuchten vier- bis achtjährigen Kinder sich dann eher für eine Hilfehandlung aussprachen, wenn das Hilfe empfangende Kind seine Notlage nicht selbst verschuldet hatte, wenn es jünger und vertrauter war, wenn es auch schon einmal geholfen hatte und wenn es einen vergleichsweise großen Schaden erlitten hatte. Alle untersuchten Kinder orientierten sich an diesen Kriterien und berücksichtigten sie mit zunehmendem Alter immer häufiger (mit Ausnahme des Kriteriums Vertrautheit).(4)
Diesen Erkenntnissen zufolge haben wir es also mit einem gewissen Widerspruch zu tun: Während Kinder auf der einen Seite die Situation eines anderen Menschen mit zunehmendem Alter immer besser verstehen können, lernen sie auf der anderen Seite von den Erwachsenen, dass nicht jede Person Mitgefühl oder Hilfe verdient. Aus dem Lebensalter eines Kindes auf sein Mitgefühl und seine Hilfsbereitschaft schließen zu wollen, ist also spätestens ab dem Kindergartenalter ein schwieriges Unterfangen. Statt dessen kann man bereits eine große Vielfalt an unterschiedlichen Reaktionen bei Kindern beobachten: Während das eine Kind beim Anblick eines traurigen anderen spontan mitfühlt und tröstet, wendet das andere sich schlicht ab und ein drittes fühlt sich vielleicht angespannt und unwohl. Diese Unterschiede haben u.a. mit förderlichen und hinderlichen Entwicklungsbedingungen zu tun, die im Folgenden beschrieben werden.
Förderliche und hinderliche Bedingungen für die Entwicklung des Mitgefühls
Elternverhalten
Die Suche nach Faktoren, die Mitgefühl und Hilfsbereitschaft bei Kindern fördern, hat sich in der Vergangenheit im Wesentlichen auf die Eltern (und hier in der Regel auf die Mütter) beschränkt. Dabei wurden vor allem zwei Bereiche als wichtig herausgestellt: das Verhalten gegenüber dem Kind, wenn es selbst Kummer erleidet (Wärme, Unterstützung und Modellverhalten), und wenn es Kummer verursacht (Disziplinierungsmaßnahmen).
a) Wärme, Unterstützung und Modellverhalten
E. Staub nennt eine herzliche Beziehung zwischen Eltern und Kindern die „vielleicht wichtigste Vorbedingung für eine prosoziale Orientierung"(5) (S. 157). Tatsächlich erleben Kinder, deren emotionale Bedürfnisse befriedigt werden, ein Gefühl emotionaler Sicherheit, aus dem heraus sie auch offen für die Bedürfnisse anderer sein können. Wird ein Kind jedoch mit seinem Kummer und seinen Ängsten allein gelassen oder reagieren die Eltern gar mit Ärger und Zurückweisung („Nimm dich zusammen" oder „Jungen weinen nicht"), so wird es lernen, die eigenen Gefühle zu unterdrücken und auch die Gefühle anderer nicht zu beachten. Warmherzige und unterstützende Eltern sind zudem Modelle für ihre Kinder: Kinder, die beobachten können, dass Mutter und Vater mitfühlen und trösten, werden sich an diesen Vorbildern orientieren. Schließlich bilden Wärme und Unterstützung den Hintergrund für eine insgesamt positive Eltern-Kind-Beziehung, die als Voraussetzung dafür gelten kann, dass Kinder bereit sind, positive Verhaltensweisen ihrer Eltern nachzuahmen.
b) Disziplinierungsmaßnahmen
Wie aber soll man reagieren, wenn das eigene Kind einem anderen Kummer zufügt? Hier besteht die wirksamste Reaktion in einer Technik, die von Hoffman als „Induktion" bezeichnet wird. Gemeint ist, dass Eltern im Falle einer „Missetat" des eigenen Kindes dieses auf die Folgen für das andere Kind aufmerksam machen. Das heißt, dass versucht wird, dem eigenen Kind die Gefühle und Gedanken des anderen Kindes bewusst zu machen (z.B. „Schau mal, wie geht es Martin denn jetzt? Wie würde es dir denn gehen, wenn jemand so etwas mit dir machen würde? Was kann man jetzt tun, damit es Martin wieder besser geht?"). Induktionen vermitteln dem verursachenden Kind ein Gefühl der Verantwortlichkeit und Mitgefühl. Sie lenken die kindliche Aufmerksamkeit auf die Konsequenzen seines Handelns für den anderen statt auf die negativen Konsequenzen für es selbst im Falle von Strafe durch die Erziehungsberechtigten. Strafen rufen demgegenüber Unmut und Angst beim Kind hervor. Sie tragen weder zum kindlichen Verständnis für das Leid eines anderen bei, noch ermöglichen sie ihm die Erfahrung, selbst geholfen zu haben. Zudem setzen sie das Kind letztlich einem strafenden statt einem hilfreichen Modell aus. Strafen haben in der Regel nur eine Folge: Sie führen dazu, dass das Verhalten in Situationen, in denen Entdeckung droht, unterdrückt wird. Moralisches Verhalten würde dadurch zu etwas von außen Aufgezwungenem, das im Gegensatz zu den eigenen Wünschen steht.
ErzieherInnenverhalten
Grundsätzlich gelten alle der oben aufgeführten Aspekte auch für ErzieherInnen in Kindertageseinrichtungen: Ein Verhalten, das sich durch Wärme und Unterstützung auszeichnet und somit ein Modell für Mitgefühl und hilfreiches Verhalten darstellt, sowie die Anwendung von Induktionen statt Strafen wirken sich auch im Bereich der Gruppenerziehung positiv auf die Entwicklung des Sozialverhaltens der Kinder aus. Die Zahl der Studien, die sich ausführlich mit der Frage beschäftigen, in welchem Zusammenhang das erzieherische Geschehen in KiTas zur sozialen Entwicklung der dort befindlichen Kinder steht, ist aber bedauerlicherweise eher gering, die Studien sind z.T. älteren Datums und thematisieren auch nicht alle genannten Faktoren.
Bedeutung der Erzieherin für die Entwicklung von Mitgefühl
Was kann man aus den existierenden Untersuchungen über die Bedeutung der Erzieherin für die Entwicklung von Mitgefühl und Trösten bei Kindern ableiten? Grundlegende Dimensionen des ErzieherInnenverhaltens wurden von dem Ehepaar Tausch formuliert.(6) Dessen Anliegen war es, zu erfahren, wie „Lehrer, Erzieher und Eltern wichtige seelische Vorgänge der persönlichen Entwicklung und des fachlichen Lernens von Kindern und Jugendlichen fördern (können)" (Tausch & Tausch, 1991, S. 9). Von Bedeutung sind hier:
- der sozio-emotionale Faktor,
- der Faktor Lenkung/Dirigierung und
- der Faktor nicht-dirigierende, fördernde Aktivität (Anregung).
Der sozio-emotionale Faktor
Die Bedeutung des sozio-emotionalen Faktors (zentrale Bestandteile sind Wärme, Zuwendung, Wertschätzung) wurde oben beim Elternverhalten unter der Überschrift „Wärme, Unterstützung und Modellverhalten" bereits beschrieben. Tausch & Tausch führen hierzu aus: „Achtung, Wärme und freundliches Entgegenkommen einer Person lösen beim anderen häufig Tendenzen zu freundlichen, warmen Empfindungen und Reaktionen aus. Hierdurch wird z. B. Angst vermindert, die psychologische Funktionsfähigkeit erhöht, besonders bei seelisch beeinträchtigten Personen. Dagegen fördern Feindseligkeit, Aggression, Geringschätzung, Rücksichtslosigkeit und Kälte von Lehrern, Professoren, Eltern (...) die Tendenzen zu Feindseligkeit, Aggression, Geringschätzung, Rücksichtslosigkeit und Kälte bei Kindern, Jugendlichen oder Studierenden" (1991, S. 159).
Wie schon im Zusammenhang mit den Eltern beschrieben, sind warmherzige und unterstützende Erzieherinnen auch Modelle für die Kinder. Wenn ErzieherInnen sowohl untereinander als auch im Umgang mit Eltern und Kindern aufmerksam und einfühlsam reagieren, wirkt sich dies zum einen positiv auf die Gesamtatmosphäre aus und fördert zum anderen die Bereitschaft der Kinder, Verhaltensweisen der Erwachsenen nachzuahmen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang vor allem das Trösten, das sowohl auf einer körperlichen (in den Arm nehmen, streicheln) als auch auf einer verbalen („Das ist nicht so schlimm, das kann jedem passieren", „Sei nicht traurig, das kriegen wir schon wieder hin", „Komm, ich tröste dich") Ebene stattfinden kann. Hierzu gehört auch, sich räumlich auf die Ebene des Kindes zu begeben, also nicht „von oben herab" mit ihm zu sprechen, sondern eine Position in Augenhöhe des Kindes einzunehmen. Eine in dieser Hinsicht interessante Studie stammt von Caplan und Hay.(7) Die Autorinnen beobachteten das Auftreten von Kummer in zwei Gruppen eines amerikanischen Universitätskindergartens. Sie stellten einerseits fest, dass die ErzieherInnen im Schnitt innerhalb von 7,9 Sekunden auf den Kummer „ihrer" Kinder reagierten, insofern also ganz klar Modelle für hilfreiches Verhalten darstellten. Andererseits konnten sie aber auch beobachten, dass die ErzieherInnen die Kinder nicht zum Helfen aufforderten und die Kinder bei spontan auftretende prosoziale Handlungen nicht verstärkten, also kein Lob aussprachen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass 92 Prozent der Kinder auf Nachfrage angaben, dass nicht sie selbst, sondern die ErzieherInnen diejenigen seien, die im Falle von Kummer einem Kind helfen müssten. Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen Eisenberg, Cameron, Tryon und Dodez.(8) Auch sie stellten fest, dass die von ihnen beobachteten ErzieherInnen nie positiv auf hilfreiches Verhalten von Jungen reagierten und nur in fünf bis elf Prozent der Fälle auf das von Mädchen.
Dieses Ergebnis wirft ein Problem auf: Wenn ErzieherInnen nicht helfend eingreifen, dann agieren sie unengagiert und gleichgültig und bieten den Kindern kein Vorbild. Helfen sie jedoch, so lernen die Kinder daraus, dass die Erwachsenen für Hilfeverhalten zuständig sind und nicht die Kinder. Wie kann dieses Dilemma aufgelöst werden? Diese Frage führt uns zu den zwei weiteren Dimensionen: Lenkung/Dirigierung und nicht-dirigierende, fördernde Aktivität, im Folgenden kurz „Anregung" genannt.
Lenkung und Anregung
Mit „Lenkung" ist gemeint, inwieweit die Erzieherin die Kinder einschränkt bzw. wie sie in der Interaktion mit den Kindern Macht ausübt. Hierunter fallen Verhaltensweisen wie Anweisungen, Ermahnungen oder Befehle, kurzum alles, was das selbstständige Handeln von Kindern verhindert. Unter „nicht-dirigierenden, fördernden Aktivitäten" wird ein Verhaltensmuster verstanden, das den Kindern einerseits eigene Verhaltensfreiräume lässt, sie aber andererseits auch unterstützt, wenn es nötig sein sollte.
Beispiel: Ein Kind ist hingefallen und weint. Andere Kinder bemerken den Vorfall, bleiben aber passiv und schauen nur. Die Erzieherin könnte folgendermaßen reagieren: „Schaut mal! Was ist denn mit Luisa? Meint ihr, wir können ihr helfen? Und wie könnten wir ihr helfen?" Wenn die Kinder, die nun helfend und/oder tröstend eingreifen, zusätzlich für ihr Verhalten gelobt werden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie beim nächsten Mal nicht mehr die Anregung der Erzieherin brauchen, sondern schon von selbst aktiv werden.
Setzt man die von Eisenberg et al. und Caplan und Hay gewonnenen Ergebnisse in Bezug zu den erzieherischen Dimensionen Lenkung und Anregung, so zeigt sich zumindest für die untersuchten US-amerikanischen Kindergärten folgendes Bild: Kinder haben kaum Freiräume, um Hilfeverhalten an anderen überhaupt erproben zu können. Durch ihr schnelles Eingreifen und den Mangel an Verstärkung bzw. an Anregungen zu hilfreichem Verhalten verhindern ErzieherInnen sicherlich unbewusst den Aufbau von prosozialen Kompetenzen bei den ihnen anvertrauten Kindern. Eine Studie aus dem deutschen Sprachraum, in der ein Zusammenhang zwischen starker Lenkung und Unselbstständigkeit der Kinder nachgewiesen werden konnte, unterstützt diese Überlegungen.(9) Ähnlich stellt Barres auf Grund seiner in 57 Kindergärten in Nordwestdeutschland gewonnenen Beobachtungen fest, dass mit einem hohen Ausmaß an Lenkung und Kontrolle auch ein hohes Maß an Aggressionsbereitschaft bei den Kindern einhergeht, die sich sowohl gegen die ErzieherInnen als auch gegen andere Kinder richten kann.(10)
Neuere Untersuchungen aus dem deutschen Sprachraum, die sich explizit mit dieser Frage beschäftigen, liegen leider nicht vor. Doch berichtet Alison Clarke-Stewart aus ihrer in Chicago durchgeführten Untersuchung Folgendes: Fachkräfte, die dazu neigten, die Kinder anzuweisen, zu kontrollieren, einzuschränken und zu bestrafen, betreuten Kinder, die hinsichtlich geistiger und sozialer Kompetenzen schlechter abschnitten.(11)
In einer eigenen, aktuellen Studie der Autorin wurde die Frage untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen den bislang beschriebenen erzieherischen Dimensionen (Wärme, Lenkung und Anregung) und der kindlichen Bereitschaft, mitzufühlen und zu trösten, besteht. Dabei konnte festgestellt werden: Fünfjährige Kinder aus Gruppen, deren Erzieherinnen einen freundlichen und warmen Umgangsstil pflegten und die Kinder nicht durch vielfache Anweisungen und Ermahnungen lenkten, sondern ihnen Anregung und Unterstützung gewährten, wenn es nötig war, zeigten mehr Mitgefühl und Tröstverhalten als Kinder mit ErzieherInnen, deren Verhalten durch eher weniger Wärme und eher mehr Lenkung gekennzeichnet war. Interessanterweise galt dieser Zusammenhang vor allem für die Jungen.(12)
Verschiedene Untersuchungen legen nahe, dass die Beziehungen zwischen Jungen und ihren ErzieherInnen schlechter sind als die zwischen Mädchen und den Fachkräften.(13) Vor diesem Hintergrund kann man vermuten, dass Wärme und Anregung bei Jungen von besonders großem Nutzen sind, da bei ihnen ein Defizit aufgeholt werden muss. Bei den Mädchen war es eine Untergruppe, die vor allem vom warmen und anregenden Erziehungsstil profitierte: Fünfjährige Mädchen mit einer Erzieherin, die sich eher warm und anregend verhielt, zeigten umso mehr Mitgefühl, je schüchterner sie waren. Umgekehrt zeigten fünfjährige Mädchen mit einer Erzieherin, die sich weniger warm und anregend verhielt, umso weniger Mitgefühl, je schüchterner sie waren. Es scheint also, dass Jungen und schüchterne Mädchen diejenigen sind, die ganz besonders von einem förderlichen ErzieherInnenverhalten profitieren.
Fazit
Welches Fazit kann man nun aus diesen Schilderungen ziehen? Zunächst einmal lässt sich mit Sicherheit sagen, dass ErzieherInnen eine bedeutsame Rolle für die Ausbildung sozialer Kompetenzen der ihnen anvertrauten Kinder zukommt. Mitgefühl und Trösten werden dabei besonders gefördert durch ein erzieherisches Verhalten, das sich auszeichnet durch
- Wärme und Zuwendung,
- Vermeiden von Lenkung und Einschränkung, wann immer es möglich ist,
- anregendes und stimulierendes Verhalten,
- Aufmerksamkeit und Lob für Kinder, die Mitgefühl und Hilfsbereitschaft zeigen.
Kinder müssen sich heute in immer komplexeren sozialen Bezugssystemen zurechtfinden. Die Fähigkeit, mitzufühlen und zu trösten, ist dabei von unschätzbarem Wert für die Ausbildung gelungener sozialer Beziehungen. Die frühe Förderung von Mitgefühl und Hilfsbereitschaft erhöht das Verantwortungsbewusstsein, vermindert Gleichgültigkeit, bringt Menschen einander näher und eröffnet vielfältige Perspektiven eines menschlicheren Miteinanders im Lebensraum Kindergarten und darüber hinaus.