Immer mehr Kindertagesstätten beschäftigen sich mit der Aufnahme von Kindern unter drei Jahren. Dabei ist in dieser Altersgruppe besonders sorgfältig auf die Rahmenbedingungen zu achten, da auch sie die Qualität der Betreuung beeinflussen. Bevor ich in diesem Beitrag auf die räumlichen Erfordernisse eingehe, folgt zunächst ein Überblick über alle Bereiche, die im Hinblick auf die Aufnahme von unter Dreijährigen hinterfragt werden müssen und auf die ich in den kommenden Ausgaben näher eingehen werde.
Das sollten Sie sich vor der Aufnahme von Kleinstkindern fragen:
- Wie gestalten sich die Rahmenbedingungen in Bezug auf Grundausstattung, Gruppenräume und externe Räume wie Toiletten, Kinderwagenabstellraum etc.?
- Welches Gruppenkonzept soll verfolgt werden (geschlossen, halb offen, offen)? Ab welchem Alter sollen die Kinder aufgenommen werden?
- Wie sehen die Personalvoraussetzungen im Team aus? Müssen neue pädagogische Fachkräfte eingestellt werden? Welche Fortbildungen zum Thema Kleinstkinder werden benötigt?
- Welche kindlichen Entwicklungsschritte sind für die Altersgruppe „0 bis 3“ zu erwarten?
- Welches spezifische pädagogische Konzept für Kinder unter drei Jahren kann verfolgt werden? Welche Angebote sind altersentsprechend?
- Welche neuen Fragen ergeben sich für die Elternarbeit? Welches Eingewöhnungsmodell ist sinnvoll?
KiTa-Räume als entwicklungsförderndes Umfeld
Im ersten Beitrag unserer Serie geht es um die notwendigen räumlichen Voraussetzungen für die Aufnahme von Kindern unter drei. Zunächst ein Blick auf die Rahmenbedingungen, die für die Betreuung von Kleinstkindern vorgesehen sind: Zu den Mindeststandards für Gruppen- und Raumgrößen sowie dem Personalschlüssel werden in Deutschland unterschiedliche Vorgaben gemacht. In der Regel legen KiTa-Gesetze der Länder, Richtlinien der Landesjugendämter und KiTa-Satzungen der Träger fest, unter welchen Rahmenbedingungen Kinder verschiedener Altersstufen betreut werden dürfen. Nach neuesten Untersuchungen sind für altersgemischte Gruppen mindestens 3,5 bis 4,5 Quadratmeter pro Kind erforderlich. Benötigt wird ein extra Schlafraum sowie ein eigenes Raumkonzept (vgl. hierzu auch Wüstenberg 2006, S.7).
Das Kinderbetreuungsnetz der Europäischen Union empfiehlt folgende Gruppengrößen:
Anzahl der Kinder |
24-36 Monate |
36-48 Monate |
48-60 Monate |
Gruppengröße |
5-8 Kinder |
8-12 Kinder |
12-15 Kinder |
EU-Empfehlungen für den Personalschlüssel:
<td->024 Monate</td->
Anzahl der Kinder |
24-36 Monate |
36-48 Monate |
48-60 Monate |
Gruppengröße |
1: 3 |
1: 3-5 |
1: 5-8 |
1: 6-8 |
Die Ausstattung der Räume für Kleinstkinder
Kleinstkinder brauchen in Krippenräumen einen Ort des Vertrauens und der Geborgenheit – sozusagen einen sicheren Hafen, von dem aus sie ablegen können, um Neues zu entdecken. Anfangs von Tag zu Tag, später von Woche zu Woche wächst der Radius zum Erforschen der Welt. Je mehr das Kind im „Heimathafen“ verankert ist, desto größer ist die Fähigkeit, sich in neuen Gewässern und Terrains sicherer zu bewegen. Der Gruppenraum sollte daher eine geborgene Wohnatmosphäre vermitteln, in der die Funktionsbereiche harmonisch miteinander verbunden sind. Das Raumkonzept sollte sich tendenziell an der Körpergröße der Kinder unter drei orientieren. Das beginnt bei Garderoben und Tischhöhen und endet bei Außenspielgeräten. Den unterschiedlichen und vielfältigen Interessen der Kinder sollte möglichst Rechnung getragen werden (vgl. Lill, 2000, S.177). Oftmals erkunden Kleinstkinder den Raum und das Material „durch den Mund“. Hierbei müssen immer die Sicherheit und die Unfallverhütung an erster Stelle stehen.
Bodenbelag
Als praktisch erweisen sich Korkböden, da sie sehr strapazierfähig sind. Ein Korkboden erzeugt zudem ein gesundes Raumklima zur Schonung der Atemwege, was bei Kindern mit Allergien besonders wichtig ist. Kleinstkinder halten sich sehr häufig auf dem Boden auf; hier kann Kork mit seiner wärmenden Wirkung Erkältungen vorbeugen. Verschüttete Säfte, Malfarben oder kraftvoll hingeworfenes Spielzeug schaden den meisten Korkböden nicht (vgl. www.Kork-Bodenbelag.de).
Sauberkeit und Hygiene
Platz für Waschbecken, Wickeltische mit Wickelauflagen, Ablagemöglichkeiten für Windeln und Desinfektionsmittel müssen mit den Hygienevorschriften konform gehen. Je nach Anzahl der Wickelkinder ist auch auf große Mülleimer, gegebenenfalls ein Müllschlucksystem, zu achten sowie auf ausreichende Belüftung für einen angenehmen „Wohlfühlgeruch“, vor Zugluft sollte der Wickelbereich allerdings geschützt werden. In einer Ganztagskindergruppe mit 15 Wickelkindern fallen täglich rund 45 Windeln und ebenso viele Handwaschlappen an. Hinzu kommen pro Mahlzeit entsprechend viele Lätzchen, so dass die KiTa mit mindestens einer Waschmaschine und einem Trockner ausgerüstet sein sollte. Je nach Alter der Kinder werden Fläschchen- und Gläschenwärmer benötigt. Oft bringen stillende Mütter ihre abgepumpte Milch bzw. selbst zubereitete Nahrungsmittel mit, die dann wiederum gekühlt werden müssen. Für stillende Mütter sollte es in der Kinderkrippe Rückzugsmöglichkeiten geben – ein ideales „Wohlfühlmöbel“ wäre zum Beispiel ein Schaukelstuhl.
Beziehungsvolle Pflege
Die liebevolle Pflege und intensive Zuwendung zu den Kleinsten in der Pflegephase bestimmt weitreichend den Rhythmus des Tages und sollte mit viel Aufmerksamkeit und Umsicht geplant werden und ihren Platz finden. Nicht nur für das Kleinstkind ist das Wickeln eine höchstpersönliche, intime und wichtige sinnliche Erfahrung, auch für die anderen Kinder und nicht zuletzt die Beziehung der Erzieherin zum Kind spielt diese gemeinsame Tätigkeit eine nicht zu unterschätzende Rolle. Daher sollte der Wickelplatz nicht in einen Nebenraum abgeschoben werden – weder im Raumkonzept noch im Bewusstsein. Im Toilettenbereich sollten altersentsprechende Kleinstkindtoiletten angebracht sein (0 bis 3 Jahre: Sitzhöhe 22-24 cm; ab 3 Jahren: Sitzhöhe 26 cm). Wie bei allen Planungen der Räumlichkeiten sollte auch hier die Förderung der Selbstständigkeit im Fokus der Raumgestaltung stehen. Den Kindern sollte es leicht fallen, die Toilettenspülung, das Waschbecken sowie das eigene Handtuch und den Zahnputzbecher selbstständig zu erreichen.
Bewegungsfreiheit
Genügend Platz für Bewegung ist unerlässlich, damit die Kinder ausreichende Krabbel- und Lauferfahrungen machen können. Funktionsbereiche für Spielen und Bewegen, Essen, Experimentieren und Konstruieren, zum Entspannen und für den Rückzug sollten harmonisch ineinander übergehen. Höhenverstellbare Bestuhlung für die feste Auflage der Füße (Sitzhöhen von 22-26 cm für Kinder von 1,5 bis 3 Jahren haben sich als förderlich erwiesen), eine Halterung zum Aufbewahren der Schnuller – ähnlich einem Schlüsselbrett – sowie ein ebenerdiger Ausgang sind empfehlenswert. Kleinteile oder beispielsweise Vorhänge dürfen keine Unfallquellen darstellen. Eine gute Eingewöhnung sowie eine vertrauensvolle Beziehung zu den Eltern ermöglichen eine sensible Umgangsweise mit dem Thema Unfallquellen. Hängematten zum Schlafen, Träumen und als „Beobachtungsposten“ schaffen eine wohnliche Atmosphäre. Von großer Bedeutung sind zusätzliche Räumlichkeiten, die das Angebot an Bewegungsförderung für eine ganzheitliche Entwicklung von Skelett, Muskulatur, Kreislauf und Atmungsorganen erweitern (vgl. Kuban, 2006, S. 13). Rückzugsmöglichkeiten wie z.B. ein Snoezelenraum oder eine Kuschelecke außerhalb des Gruppenraumes ermöglichen den Kindern – je nach pädagogischem Konzept –, ihren Bedürfnissen nachzugehen.
Der Schlafraum
Ein Schlafraum mit eigenem Bettchen für jedes Kind und einem Toilettenbereich sind in jedem Falle wünschenswert. Der Schlafraum mit festem Schlafplatz für jedes Kind – im Falle von Platzmangel eignen sich notfalls Matratzen – sollte angemessen temperiert sein und zur Schlafenszeit der Kinder abgedunkelt werden können. Als Bettdecke haben sich bei bis zu einjährigen Kindern Schlafsäcke sehr bewährt. Schlafverhalten und -vorlieben sollten vor dem ersten Schlafenlegen mit den Eltern besprochen werden; die besonderen Bedürfnisse des Kindes sind möglichst zu berücksichtigen. So schlafen z.B. viele Kinder am liebsten mit Übergangsobjekten wie einem Kuscheltuch oder -tier im Arm ein (vgl. Winnicott, 1963). In der ruhig gestalteten Schlafraumatmosphäre finden die Kinder schneller in den Schlaf. Manche Kinder benötigen eine behutsame Berührung der Erzieherin, andere eventuell eine schwerere Bettdecke oder ein Kirschkernkissen auf dem Brustkorb, um besser einschlafen zu können. Manchen hilft eine leise gesummte Melodie, anderen eine Spieluhr. Zusammengefasst: Die Raumgestaltung sollte sich immer am Interesse der Kinder orientieren sowie weibliche und männliche Anteile ästhetisch miteinander verbinden. Diese Aspekte sollten immer wieder hinterfragt werden. Idealerweise passt sich die Raumgestaltung der Kindergruppe an und entwickelt sich parallel zu den Entwicklungsschritten der Kinder stetig weiter. In der nächsten Ausgabe erhalten Sie konkrete Anregungen für eine hilfreiche und unterstützende Ausstattung. Außerdem lesen Sie, wie Sie das Außengelände für Kleinstkinder optimal gestalten.