Der Radius von Kleinstkindern wächst ständig. Das Spiel in der Natur, umgeben von frischer Luft und mit direktem Kontakt zu Erde, Wasser und Sand ist neben den gesundheitlichen Aspekten für Kleinstkinder von hoher Bedeutung. Eine eigene Betrachtung und Begehung des Außengeländes daher mehr als naheliegend. Bemerkt oder unbemerkt entwickelt sich in den vergangenen Jahren die Tendenz, dass das Außenspielgelände von den Erzieherinnen und Kindern seltener genutzt wird. Viele Gründe mögen hier eine Rolle spielen. Manche Eltern möchten ihr gerade gesundetes Kind nicht draußen spielen lassen, weil sie eine erneute Erkältung befürchten. Andere Eltern stören sich an verschmutzter Kleidung – teils wegen fehlender, teils trotz entsprechender Gummikleidung in den Kitaschränken. Das Hinausgehen bei „schlechtem Wetter“ bedeutet für die pädagogischen Fachkräfte zusätzlichen Zeitaufwand für das An- und Ausziehen sowie das anschließende Waschen der Kinder. Dies gilt umso mehr, je jünger und unselbstständiger die Kinder sind. Bei Personalknappheit ist das Grund genug, den Aufenthalt im Außenspielgelände gar nicht erst anzubieten. Demgegenüber steht das Bedürfnis und Interesse des Kleinstkindes, sich ganzheitlich mit allen Elementen auseinanderzusetzen, sich ihnen geradezu auszusetzen: Matschen, sandeln, graben, spüren, wie sich etwas anfühlt, den Wind ins Gesicht und durch die Haare wehen lassen, die Sonne auf der Haut spüren, Regentropfen, Kälte fühlen – das sind starke sinnliche Wahrnehmungen. Das Außenspielgelände bietet weit mehr Möglichkeiten, den Körper und die Sinne zu gebrauchen als das Spiel im Innenraum. Bewegung, Begegnung, Rollenspiel, Bauen, aber auch Ruhe sowie vertiefte Wahrnehmung und Schulung aller Sinne lassen sich im Außenspiel weitreichend fördern. Gerade im Spiel und in der Bewegung werden die Nervenverbindungen der Kleinsten besonders angeregt, so dass sie sich wie wachsende Äste und Zweige an Bäumen vielfach verzweigen können. Ein „ideales“, den Bedürfnissen von Kleinstkindern entsprechendes Gelände ist daher vom Wetter unabhängig nutzbar. Schattenspender, Wasser, Sand, viele Naturmaterialien zum Sammeln und Entdecken machen Natur und Jahreszeiten erlebbar – dies gilt für Krippenkinder ebenso wie für Kindergartenkinder.
Auf die Kleinsten zugeschnitten
Das Außenspielgelände sollte als Angebot gut ausbalanciert sein zwischen Herausforderung und Schwierigkeit. Größere Rutschen, Schaukeln und Klettergeräte sind für Kleinstkinder noch ungeeignet, aber der Spielplatz sollte vielfältige Bewegungsmöglichkeiten und Erkundungsräume bieten, beides auf unterschiedlichste Weise in verschiedenen Schwierigkeitsgraden. Das Kind will sich erproben und weiterentwickeln. Kinder erreichen höchste Bewegungssicherheit dann, wenn Bewegung mit der Bewältigung von Risikosituationen einhergeht. Allerdings empfiehlt es sich, auf dem Außenspielgelände, auf dem auch größere Kinder spielen, einen eigenen Bereich für die Kleinsten zu bestimmen und gegebenenfalls abzugrenzen. Hier können sie sich frei bewegen und entfalten, ohne einer Verletzungsgefahr ausgesetzt zu sein. Bei Geräten ist außerdem unbedingt darauf zu achten, dass sich keine Kleidungsschnüre o. ä. der Kinder darin verfangen können (Unfallgefahr!). Das überschaubare Gelände sollte jedem Kind eine Außenspielfläche von mindestens acht bis zehn Quadratmetern Größe – und möglichst viel Bewegungsfreiheit zum Kriechen, Krabbeln und Laufen bieten. Dies ist umso wichtiger, wenn die Innenräume der KiTa beschränkt sind. Analog zu der Gestaltung der Gruppenräume sollten auch „draußen“ folgende Erfahrungen ermöglicht werden können:
- oben und unten,
- vorn und hinten,
- weit und nah,
- hell und dunkel,
- warm und kalt,
- beweglich und fest.
Bewegung schult die Sinne
Für Krippenkinder bieten sich besonders Bewegungs- und Wahrnehmungsparcours an, um Sinneserfahrungen erlebbar zu machen und zu vertiefen. Gerade wenn die KiTa kurzfristig Kinder unter drei Jahren aufnehmen muss, müssen nicht unbedingt sofort Kleinstkindspielgeräte auf dem Außenspielgelände installiert werden. Auf einem mit unterschiedlichen Naturmaterialien leicht anzulegenden Fühlpfad können die Kleinsten mit Hand und Fuß oder dem gesamten Körper Sand und Kies erspüren, weichen und harten Boden, Steinplatten, trockenes und feuchtes Laub, Moos, Tannenzapfen, lockere Erde mit Zweigen usw. betasten. Auch verschiedene Gerüche von feuchten Blättern, Nadeln, Holz und Gräsern lassen sich hier wahrnehmen. Außerhalb des Fühlpfades können die Kinder auf am Boden liegenden Baumstämmen herumkrabbeln und das Gelände jahreszeitlich entdecken. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, das Gelände auf giftige Pflanzen wie Efeu, aber auch viele Frühblüher hin zu überprüfen, um Unfällen vorzubeugen: Kleinstkinder nehmen nun mal gern alles zuerst in den Mund. Da sie bei ihren Erkundungen auch vor Zäunen nicht Halt machen, ist eine Zaunhöhe von mindestens 1,10 Meter empfehlenswert.
Im Winter
Die entsprechende Kleidung der Kleinsten sowie die verlängerte Anziehzeit ist im Tagesablauf mit zu bedenken und mit zu berücksichtigen. Das ist eine echte Herausforderung bei Personalknappheit. Trotzdem sollte die Anziehphase in der Garderobe möglichst kurz gehalten werden, damit es nicht zu saunaartigen Temperaturen unter der Regenkleidung kommt. Genauso ist darauf hinzuweisen, dass Kleinstkinder sich auch in Schneeanzügen ausgiebig bewegen und bei Minusgraden nicht frieren oder evtl. auskühlen.
Im Sommer
In der warmen Jahreszeit ist es ratsam, sich mit den Eltern darüber abzustimmen, welche Sonnenschutzkleidung und -creme ihre Kinder benötigen: Immer mehr Kleinstkinder reagieren mit Hautempfindlichkeiten auf Sonne und Cremes. Somit sind schattige Plätze zum Toben und Ausruhen ebenso ein „Muss“ für das Außengelände wie genügend Getränke.
Den Radius der Kleinsten erweitern
Grundsätzlich sollte das Gelände im Hinblick auf die Kleinen und ihre Bedürfnisse, aber auch im Hinblick auf die ihrer Eltern betrachtet werden. Es bedeutet für Eltern einen großen Entwicklungsschritt, ihr Kind in eine neue Verantwortung zu geben – nun auch außerhalb des geschützten Gruppenraumes, mit vielen und größeren Kindern. Neugier, Mut und wachsende Sicherheit bei den Kleinstkindern und ihren Eltern sowie eine hohe Sensibilität der Erzieherinnen im Umgang mit neuen Situationen auf dem Außenspielgelände helfen den Radius der Kleinsten immer mehr zu erweitern. Dies sollten alle Beteiligten mit gutem Gefühl begleiten und unterstützen können.
Hilfreiche und unterstützende Utensilien für den Innen- und Außenbereich:
Hilfreiche und unterstützende Gegenstände: Klettergeräte (verschiedene Ebenen mit Treppen, Rutschen, Sprossenleitern, Balanciermöglichkeiten mit Tauwerk), Höhlen (Zelte, Kriechtunnel, Kartons), Kuschelecken (Hängematten und -sessel, Kuscheltücher und -tiere, Ruhezonen zum Entspannen mit Kissen und Decken), Versteckmöglichkeiten (zum Beobachten oder Ausruhen mit Raumteilern, Inseln mit Tischen und Decken sowie Matratzen, ggf. auch Körbe als Versteck)
Rennstrecken: a) mit Utensilien (z.B. Autos, Laufrädchen, Dreirad, Schaukelpferd, Puppenwagen),
b) ohne Utensilien zum Rennen, Drehen, Hüpfen, Rollen, Fallen.
Spezifische Krippenmaterialien: Lätzchen, Nuckel, Hygienelappen, Windeln, Klappern, Mobile, Bettchen, Kirschkernkissen, Schlafsack, Fläschchenwärmer, Kühlschrank, Waschmaschine, Trockner. Gestaltungselemente: Matratzen, Kissen, Decken, Verkleidungsmöglichkeiten (farbige Tücher, Hüte, Taschen, Schuhe).
Allgemeines Material: Farben, Mal-Utensilien, Musikinstrumente (Schlag- und Blasinstrumente, Spieluhr, Rainmaker) zum Musikmachen, auch in Kombination mit Licht und Farben. Werk- und Spielzeuge: sog. „Echt- Spielzeug“ (Kochlöffel und -töpfe, Schneebesen, Wäscheklammern, Behälter zum Füllen und Schütten sowie Ein- und Ausräumen, Kartons), Wasser, Papier, Pinsel und Farben, Sand. Experimentiergerätschaften: Steine, Korken, Muscheln. Gezielte Angebote: Wasserspiele.
Wahrnehmung: Riechsäckchen, Geräuschparcours, Fühlpfad, Sandbad, Bohnenbecken, Spiegelhaus, Lichtspiele, Bällebad (Sinneswahrnehmung).
Taktile Wahrnehmung: verschiedene Bodenbeläge und Materialien (Kork, Teppich, Holz, Gummi, Stein, Metall).
prache, Medien: Bücher anschauen, besprechen, selbst machen, Gesammeltes einkleben, Bilderbücher, Malbücher, Tierbücher, Bücher zu bestimmten Themen (Bauernhof etc.). Repertoire an Finger-, Sprach- und Zahlenspielen mit Gestik und Mimik, beispielsweise unterstützt durch Handpuppen (z.B. „Zehn kleine Zappelmänner“, „Himpelchen und Pimpelchen“).
Zugang zur Natur: Tiere (von der Ameise bis zur Ziege), Bäume, Sträucher, Blätter, Naturmaterialien.
Außenspielgeräte: Schippen, Förmchen, Eimer, Schubkarren, Trecker und Rädchen, kleine Schaukeln und kleine Rutschen, Wasserquellen zum Matschen, Planschen und Bauen von Staudämmen.