Auch wenn zunächst nur einzelne Kleinstkinder und nur in einer Gruppe der KiTa aufgenommen werden, ist es unbedingt wichtig, eine Gesamtverantwortung aller pädagogischen Kräfte zu erreichen. Denn die Aufnahme von Kindern unter drei und vor allem unter zwei Jahren bringt für die gesamte Einrichtung einschneidende Veränderungen mit sich. Hinsichtlich der Gruppenformen und der Altersstruktur in den Gruppen gibt es im Blick auf das Kind Folgendes zu bedenken: Die jüngeren Kinder brauchen, um sich sicher und geborgen zu fühlen, Kontinuität und Verlässlichkeit in der Beziehung zur Erzieherin und im Kontakt mit anderen Kindern. Eine solche Kontinuität ist auf drei Ebenen anzustreben: 1. Erstens geht es bei der Eingewöhnung gerade jüngerer Kinder darum, dass diese die Möglichkeit haben, eine vertrauensvolle Beziehung zunächst zu einer Erzieherin aufzubauen. Diese Erzieherin macht die neu eingewöhnten Kinder dann nach und nach mit den anderen Erzieherinnen vertraut. Deshalb ist organisatorisch zu klären, welche Erzieherin die Bezugserzieherin für die „neuen“ Zweijährigen werden und die Eingewöhnung von Anfang bis Ende begleiten kann. 2. Ein weiterer Aspekt ist die Kontinuität im täglichen Geschehen. Es sollten stets vertraute Personen für ein Kind zuständig sein. Darauf ist besonders bei der Einteilung von Früh- und Spätdiensten zu achten. Die Abschnitte der Tagesrhythmen könnten mit immer denselben Fachkräften verbunden sein. Kontinuität heißt für die jüngeren Kinder auch Kontinuität in den Beziehungen und bei den Kontakten zu den anderen Kindern. Deshalb ist es wichtig, im Falle von Engpässen bei Gruppenaufteilungen darauf zu achten, dass die Zweijährigen unbedingt mit beliebten Spielpartnern zusammenbleiben. 3. Eine Bezugserzieherin brauchen die Zweijährigen auch, um altersangemessene Anregungen im Bereich ihrer sprachlichen, sozialen und emotionalen Entwicklung und beim Erwerb von Autonomie und Kontrolle zu erfahren. Gleichaltrige Spielpartner benötigen zweijährige Kinder insbesondere, um sich in ihrem Spiel zu entfalten und damit auch in ihrer sozialen Entwicklung voranzuschreiten. Vor diesem Hintergrund ist es eher ungünstig, wenn eine Einrichtung, die sich für Zweijährige öffnet, nur eine einzige altersgemischte Gruppe einrichtet. Bei einem solchen Konzept finden die Kleinen nur wenige gleichaltrige Spielpartner vor und auch das kontinuierliche Zusammensein mit einer vertrauten Erzieherin kann nicht immer gesichert werden. Außerdem ist bei einer solchen Lösung nicht auszuschließen, dass die Erzieherin mit ihren Fragen zu den Zweijährigen im Team relativ isoliert bleibt und die Öffnung nach unten nicht als Team-, sondern als Spezialaufgabe betrachtet wird.
Die Kleinen brauchen feste Bezugspersonen
Günstiger ist es dagegen, wenn eine Einrichtung mit einem halboffenen Konzept arbeitet. Dabei sind alle Kinder der Einrichtung einer Stammgruppe zugeordnet. Für die Kleinsten besteht eine solche Stammgruppe (oder auch „Nestgruppe“) aus Kindern mit einem ähnlichen Entwicklungsstand, was in diesem Alter häufig gleichaltrige Kinder sind, und mindestens zwei Erzieherinnen. Die Kindergartenkinder treffen sich morgens und mittags in ihrer Stammgruppe, besuchen aber im Verlauf des Vor- und Nachmittags je nach Interessen verschiedene Funktionsräume. Die Kleinen bleiben am Vormittag mit ihrer Erzieherin in ihrem Gruppenraum und besuchen am Nachmittag gemeinsam mit ihrer Erzieherin einen der Funktionsräume. Die Kleinen erleben so eine Kontinuität hinsichtlich der Bezugspersonen und ihnen stehen genügend gleichaltrige Spielpartner zur Verfügung. Gleichzeitig können die Zweijährigen auf diese Weise langsam in das halboffene Konzept hineinwachsen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Kinder in zwei altersübergreifende Gruppen einzuteilen. Die Räume dieser Gruppen sollten dicht nebeneinander liegen, so dass die Funktionsbereiche auf beide Räume verteilt sind und von beiden Gruppen genutzt werden können. Die Kleinen haben durch die enge Kooperation der beiden Gruppen genügend gleichaltrige Spielpartner. Jeweils eine der Gruppenerzieherinnen ist speziell für die jüngeren Kinder zuständig. Am Nachmittag werden beide Gruppen zusammengelegt und eine der Bezugserzieherinnen ist anwesend. Dadurch wird die Kontinuität der Bezugspersonen gewährleistet.
Eine gemeinsame Aufgabe für das Team, Träger und Eltern
Wenn sich eine Einrichtung zur Aufnahme von Kleinstkindern entschieden hat, muss sie sich auch den Fragen der Zuständigkeiten und Verantwortung neu stellen. Die Verantwortung für eine positive Entwicklung der Kinder darf nicht ausschließlich auf den Schultern von einer oder zwei Gruppenerzieherinnen liegen, die sich für diese Aufgabe zur Verfügung stellen und vielleicht im Schnellkurs nachqualifiziert werden. Die gesamte Einrichtung hat sich für die Kleinsten entschieden – und alles und alle werden von dieser Entscheidung betroffen sein. Noch einmal: Die positive Entwicklung von Kindern unter drei Jahren ist extrem von der Qualität der Betreuung abhängig. Und diese bemisst sich an:
- der Strukturqualität (Verantwortungsbereich Träger)
- der Prozessqualität (Verantwortungsbereich Einrichtung)
- der Betreuungsintensität (Verantwortungsbereich Eltern) Kleinstkinder brauchen anderes
Selbstständig werden!
Der Text ist – leicht geändert und ergänzt – folgender Publikation entnommen: Viernickel, S. / Völkel, P. (2006): „Die Kleinen kommen! Zweijährige im Kindergarten“. Herausgegeben vom Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend des Landes Rheinland-Pfalz, Mainz. Die Broschüre kann kostenlos im Internet heruntergeladen werden: http://kita.bildung-rp.de/fileadmin/downloads/2J_hrige310506.pdf