Das Betreuen von Kleinstkindern bringt für die Erzieherinnen unter anderem eine entscheidende Veränderung mit sich: Eine wichtige Aufgabe besteht darin, einen flexiblen Tagesablauf zu gestalten, dessen wiederkehrende Strukturen den Kindern einerseits Orientierung und Sicherheit bieten, der ihnen andererseits aber auch Spielraum für ihre individuellen Bedürfnisse lässt.
Wie könnte ein „typischer“ Tagesablauf mit Kleinstkindern aussehen? Er beginnt mit dem Ankommen im Kindergarten. Die Anwesenheit der Bezugserzieherin ist für den geschützten Start in den Tag sehr wichtig. Je jünger ein Kind ist, desto wichtiger ist das feinfühlige Eingehen auf das einzelne Kind. Häufig entwickeln sich individuelle Begrüßungsrituale:
- Der 4 Monate alte Felix blinzelt morgens um 7 Uhr nur verschlafen und setzt dann im vertrauten Kinderbett im Schlafraum seinen Schlaf fort,
- die 8 Monate alte Hannah beginnt ihren Tag mit einem Frühstück in ihrem Stühlchen am Frühstückstisch mit Blick zum Gruppengeschehen,
- die 1 ½-jährige Milena wechselt vom Arm der Mutter auf den der Erzieherin,
- der 2 ½-jährige Leo flitzt nach einem fröhlichen „Hallo“ zielstrebig in die Bauecke und greift nach dem Bagger.
Diese verschiedenen Momentaufnahmen bestimmen bis gegen 9 Uhr die Bringzeit. Dazwischen gibt es immer wieder Kurzgespräche mit den Eltern der Kinder – wichtige Gespräche, die dem Austausch dienen. Die Erzieherinnen bekommen Informationen über die Befindlichkeit des einzelnen Kindes, über den Verlauf der vorherigen Nacht, über das Frühstück oder über besondere Phasen, z.B. Zahnen, Trotzanfälle, kleine Machtkämpfe etc. Dies ist bei Krippenkindern besonders wichtig, da sie sich in der Regel noch nicht selbst mitteilen können.
Die Kinder verteilen sich in dieser Zeit ihren eigenen Bedürfnissen entsprechend an verschiedenen Orten im Raum und widmen sich ihren unterschiedlichen Erkundungen.
Sich beim Morgenkreis als Teil einer Gruppe wahrnehmen
Bei einem offenen Frühstücksangebot, das durch eine Erzieherin begleitet wird, können die Kinder frühstücken, wann immer sie Hunger verspüren. Sobald alle Kinder da sind, bietet sich die Möglichkeit zu einem Morgenkreis – ein Zeitpunkt, an dem alle zusammenkommen und sich gemeinsam als eine Gruppe erleben können. Hier wird gern
- mit den Kindern gemeinsam die Anwesenheitsliste durchgegangen (Kennenlernen der Namen, wer gehört alles dazu, wer fehlt heute…),
- gemeinsam gespielt und gesungen,
- gemeinsam gefeiert (Geburtstage etc.).
Von 9.30 bis 11 Uhr ist dann neben dem selbsttätigen, frei gewählten Spiel Raum für altersentsprechende Angebote (z.B. Körper- und Wahrnehmungsspiele, Anregungen zur Kreativitätsförderung und zur Materialerfahrung, Bewegungsparcours, Sand- und Wasserspiele, Spielen im Außengelände, kleinere Spaziergänge, Ausflüge).
Je nach Bedarf steht über den Tag verteilt immer wieder das Wechseln der Windeln an. Auch hier geht es nicht im Gleichschritt, da jedes Kind sein eigenes körperliches Bedürfnis und einen eigenen Zeitpunkt hat. Optimal wäre es, wenn es immer die Bezugserzieherin ist, die diese intime und besondere Zeit dem Kind widmet. In der Praxis hat sich bewährt, dass die Erzieherinnen die Zuständigkeit für einzelne Kinder im Vorfeld geklärt haben – und dabei immer im Blick haben, dass sich das einzelne Kind wohl fühlt.
Jetzt ist Rückzug angesagt
Kleinstkinder brauchen im Laufe eines Kindergartentages die Möglichkeit, sich auszuruhen und zu entspannen. Je jünger ein Kind ist, desto unregelmäßiger ist sein Schlafrhythmus, er lässt sich im KiTa-Alltag nicht einplanen.
Damit sich nun jedes Kind nach seinem eigenen Rhythmus erholen und ausruhen zu kann, müssen zum einen Ruheinseln und Rückzugsmöglichkeiten im Gruppenraum (Sofa, Matratzen, Höhlen etc.) und zum anderen ein separater Schlafraum eingerichtet werden.
Erfahrungsgemäß brauchen viele Kleinstkinder ungefähr ab 11 Uhr eine Erholungsphase. Aus dieser Beobachtung heraus sollte man in dieser Zeit von Angeboten oder Spielkreisen absehen. Ein sehr beliebter Rückzugsort für Kleinstkinder ist in dieser Zeit auch der Schoß der Erzieherin.
Im Kindergarten endet dann der Tagesablauf, wenn die Eltern ihre Kinder abholen und die Erzieherinnen die Rückfragen der Eltern zum Tagesverlauf beantworten.
In der Kindertagesstätte geht es weiter mit den Vorbereitungen für das Mittagessen. Beim Tischdecken helfen auch schon die Kleinsten, die gerade laufen können.
Das Mittagessen sollte dem Rhythmus von Kleinstkindern entsprechend etwas früher stattfinden, in der Regel zwischen 11.30 und 12 Uhr. Ein Säugling, der früher Hunger hat, muss vorher gefüttert werden, ein Kleinkind, das zu müde ist, später essen dürfen.
Nach der Zahnpflege geht es dann mit einer frischen Windel für die Kinder, die eine Erholung brauchen, zum Mittagsschlaf, begleitet von einer Erzieherin und gegebenenfalls „bewacht“ durch ein Babyphone. Die Länge des Mittagsschlafes richtet sich nach dem Bedürfnis des einzelnen Kindes.
In der Ruhe liegt die Kraft – besonders am Mittag
Nun kehrt für kurze Zeit Ruhe ein. Nach dem Mittagessen bleibt Zeit, um aufzuräumen – und den Erzieherinnen Pausen zu ermöglichen. Die Kinder, die keinen Mittagsschlaf mehr brauchen, können in Ruhe im Gruppenraum spielen. Oder eine Erzieherin liest ihnen in einer gemütlichen Ecke etwas vor.
Damit diese Phase des „zur Ruhe Kommens“ nicht durch ständige Störungen von außen unterbrochen wird, bietet sich die Einführung einer festen Mittagsruhe an, etwa zwischen 13 und 14 Uhr. In dieser Zeit wird der Anrufbeantworter eingeschaltet und außer in abgesprochenen Ausnahmefällen sollte auch kein Kind abgeholt werden. Die Kinder haben in dieser Ruhephase die Gelegenheit, die Eindrücke des Vormittages zu verarbeiten, bevor es mit neuer Kraft zurück in den Tag geht.
Nach und nach kehren die Kinder von ihrem Erholungsschlaf zurück in die Gruppenräume – das eine quicklebendig, das andere noch müde und sich nur langsam wieder in den Alltag einfindend. Erneut werden die Kinder gewickelt. Eine weitere Spiel- und Aktivitätsphase schließt sich an, entweder selbsttätig oder angeleitet – allein, mit anderen Kindern oder mit der Erzieherin. Nachmittags bekommen die Kinder häufig wieder Hunger. Es empfiehlt sich ein kleiner Imbiss mit Tee, Obst, Knabbergemüse, Brot o.ä. In geselliger Runde können die Kinder das Essen genießen, entspannt und ausgeruht.
,Wie war Dein Tag?’ Vorerst antworten darauf die Erzieherinnen
Gegen Ende des Tages holen die Eltern ihre Kinder wieder ab. Wie schon bei der Begrüßung gibt es auch bei der Verabschiedung unterschiedliche Rituale. Nicht jede Mutter wird freudig von ihrem Kleinstkind begrüßt, das ein oder andere Kind löst sich nur ungern von seinem Spiel oder vom Schoß der Erzieherin. Hier ist das Fingerspitzengefühl der Erzieherin gefragt, um Kind und Mutter einen sanften Übergang zu ermöglichen. Die Abholsituation ist darüber hinaus erneut ein wichtiger Zeitpunkt, um mit den Eltern kurz die wichtigsten Informationen auszutauschen, diesmal in umgekehrter Richtung: Die Erzieherin gibt Auskunft über den Tag und die Befindlichkeit des Kindes.
Um alle wichtigen Informationen über einzelne Kinder weitergeben zu können – auch wenn aufgrund von Schichtdiensten nicht alle Erzieherinnen bis zum Schluss im Hause sind – hat sich die Einführung eines Übergabebuchs bewährt: In einer Kladde schreiben die Erzieherinnen alle wichtigen Ereignisse und Beobachtungen mit Angaben der Kindernamen und der Uhrzeit auf. Das Namenskürzel der jeweiligen Erzieherin ergänzt die Eintragung, damit sie bei Rückfragen gezielt angesprochen werden kann. Mit einem letzten Winken endet dann ein abwechslungsreicher Tag mit den Kleinstkindern.
Fazit:
Wiederkehrende Elemente – z.B. Ankommen und Empfangenwerden, verschiedene Mahlzeiten, das Wickeln, die Ruhephasen, Rituale oder bestimmte Spiele – begleiten die Kinder durch den Tag. Je jünger die Kinder sind, desto mehr hat der individuelle Tagesrhythmus Vorrang vor dem der Gruppe. Dieser individuelle Rhythmus wird bestimmt von den Bedürfnissen des einzelnen Kindes und von den Gewohnheiten in seiner Familie. Diese gilt es angemessen in den Tagesablauf zu integrieren.