Eine Krippe kann für ein Kind eine anregende Umgebung mit Vorteilen für seine kognitive und soziale Entwicklung sein. Das wäre der Fall, wenn - und für ganztags in einer Krippe betreute Kinder nur wenn - die pädagogische Arbeit in der Einrichtung hohen oder höchsten Qualitätsansprüchen genügt. Die besten derzeit verfügbaren Daten aus der sogenannten NUBBEK-Studie lassen befürchten, dass das lediglich für 3,2 Prozent der Kinderkrippen in Deutschland zutrifft. Was geschieht, wenn die Qualität nur mittelmäßig (84,5 Prozent) oder schlecht (12,3 Prozent) ist? Bei einer maximal halbtägigen Betreuung vermutlich nichts, sie schadet dann wohl nicht, nützt dem Kind aber auch nicht. Bei Betreuungszeiten ab 30 Wochenstunden aufwärts sind jedoch Entwicklungen beobachtet worden, die bei Qualitätsmängeln der Betreuung Anlass zur Sorge bieten. In einer umfangreichen Langzeitstudie in den USA (NICHD-Studie) sind Auffälligkeiten im sozialen Verhalten von 15-jährigen Jugendlichen im Zusammenhang mit einem Krippenbesuch ab 30 Wochenstunden in ihrer frühen Kindheit beobachtet worden. Im geringen Umfang wurde auch ein Zusammenhang mit abgeflachten Tagesprofilen der Konzentration des Stresshormons Cortisol im Blut der Jugendlichen gefunden, die (in deutlich ausgeprägterer Form) auch bei vernachlässigten Kindern festgestellt worden sind. Normalerweise ist eine deutliche Spitze des Cortisolniveaus am Morgen zu erwarten, die in diesen Fällen fehlt. Darüber hinaus sind eine Reihe von Untersuchungen publiziert worden, die für ganstags betreute Krippenkinder einen Anstieg des Cortisolniveaus über den Tag hinweg anzeigen. Normal wäre, nach der morgendlichen Spitze, ein Abfall der Konzentration zum Nachmittag und Abend hin. Und schließlich wurden in der „Wiener Krippenstudie“ in jüngster Zeit bei Kindern die bereits erwähnten abgeflachten Cortisolprofile schon nach wenigen Wochen des Krippenbesuchs beobachtet. Die Daten könnten darauf hinweisen, dass die Kinder bei mittlerer oder schlechter Qualität der Krippenbetreuung und mehr als halbtägiger Anwesenheit dort unter Dauerstress geraten. Das sind Alarmzeichen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Veränderungen im Cortisolhaushalt mit Eingriffen in die Hirnentwicklung verbunden sein könnten. Neuere Studien zeigen zwar, dass diese Stressbelastungen bei hoher und höchster Qualität einer Krippenbetreuung nicht auftraten, wenn darüber hinaus der Aufbau einer sicheren Bindung an eine Erzieherin für das Kind ermöglicht wurde und diese Erzieherin auch anwesend war, wenn das Kind die Einrichtung besuchte. Damit wird die Tragfähigkeit des Beziehungsgeflechts zwischen Kind und Erzieherin(nen) zu einem entscheidenden Merkmal von Betreuungsqualität, dessen Bedeutung für das Wohl der Kinder in der Praxis jedoch erheblich unterschätzt werden dürfte. Zumindest für ganztags - möglicherweise schon für mehr als halbtags - in Krippen betreute Kinder existieren deshalb Entwicklungsrisiken, deren Vermeidung höchste Priorität haben sollte. Vorschläge für entsprechende Verfahrensweisen liegen vor, müssen sich in der Praxis aber erst durchsetzen.