Jeden Morgen, wenn Valentina in die Kita kommt, beobachtet die Erzieherin, dass sie sich irgendwo in den Gruppenraum stellt und sich umschaut. Wird sie angesprochen, dann atmet sie schwer und stöhnt: „Mir ist hier sooo langweilig“. Valentina ist 4 Jahre alt und besucht die Einrichtung seit einem Jahr. Es ist offensichtlich: Die Spielmaterialien, die Gespräche mit den Kindern, die Rollenspiele, die Bilderbücher, die Gruppenaktivitäten – das alles fordert Valentina geistig schon nicht mehr heraus. Sie hat sich mit den meisten Materialien längst beschäftigt, sie sind ihr bekannt, stellen keine Herausforderung mehr dar, sind zu simpel und darum schlichtweg langweilig für sie. Während Gleichaltrige ihre Lernschritte oft wiederholen, verzichtet Valentina darauf und will am liebsten jeden Tag etwas Neues erfahren.
Kognitiv begabte Kinder lernen viele Dinge früher und schneller als Gleichaltrige. Sie haben in der Regel ein hohes Potenzial, neue Informationen zu verarbeiten, und sind sehr wissbegierig. Deshalb geraten sie innerhalb kürzester Zeit in den Zustand einer dauerhaften geistigen Unterforderung, wenn ihnen ihre Umwelt nicht genügend Anreize bietet. Gegenüber Gleichaltrigen haben sie oft einen Entwicklungsvorsprung, beispielsweise im Bereich Sprache oder bei der Beschäftigung mit komplexen Themen. Gleichzeitig bedeutet das jedoch nicht, dass sie in allen Entwicklungsbereichen gleichermaßen einen Vorsprung haben.
Wie es ist, hochbegabt zu sein, lesen Sie ab Seite 20. Mit diesem Beitrag starten wir eine dreiteilige Reihe. Die Autorinnen erläutern darin eindrücklich, wie Sie kognitiv begabte Kinder erkennen, fördern und begleiten können. Ebenfalls wichtig und deshalb Bestandteil der Reihe ist beim Thema Hochbegabung die Zusammenarbeit mit den Eltern. Hierzu erhalten Sie in einer der kommenden Ausgaben fachliche Informationen und hilfreiche Tipps.
Ich wünsche Ihnen ein friedvolles und entspanntes Jahresende.
Herzlichst,
Silke Dittmar
P. S. Aufschlagen, anschauen, ins Gespräch kommen! So lautet der Slogan unseres neuen dialogischen Fotobuchs „Von Schuhen, Socken und Füßen“. Sprachförderung einmal anders: Inspirierende Fotografien laden zum Betrachten und Sprechen ein. Probieren Sie es aus! Die Anschaffung lohnt sich.