Hannah spielt in der Kita oft König und Königin, aber nur, wenn sie der König sein darf. Mit fünf Jahren will sie nicht mehr Hannah genannt werden, sondern Johann. Ihre Zöpfe schneidet sie sich ab. Sie weigert sich, im Schwimmkurs ein Bikinioberteil anzuziehen, weil Jungs so was nicht tragen. In der Kita geht sie selbstverständlich auf das Jungenklo.
Laut Schätzungen sind etwa fünf von 100.000 Kindern transident. Sie empfinden einen Widerspruch zwischen dem Geschlecht, in dem sie sich selbst erleben, und dem Geschlecht, das ihnen aufgrund ihrer körperlichen Merkmale zugewiesen wurde. Kinder, die sich klar dem „Gegengeschlecht“ zugehörig fühlen, sind fest davon überzeugt, ein Junge oder ein Mädchen – also das jeweils andere Geschlecht – zu sein. Während in den 1980er-Jahren vier oder fünf dieser Kinder und Familien pro Jahr in psychologische Sprechstunden gingen, kommen heute genauso viele Kinder und Jugendliche im Monat zum Erstgespräch. Gerade in den vergangenen drei Jahren sind die Zahlen gestiegen. Eine Tatsache, die verdeutlicht, dass ein zunehmend bewusster Umgang mit Diversität und Vielfalt sowohl in den Familien als auch im sozialen Umfeld gelebt wird.
Im Interview ab Seite 10 berichtet Dipl.-Psych. Inga Becker, dass immer mehr Kinder mit Fragen zur Geschlechtsidentität in ihre Sprechstunde kommen. Für Eltern ist diese Tatsache zunächst in der Regel eine große Herausforderung, aus der sich jede Menge Fragen ergeben: Gibt es als Jungen geborene Kinder, die tatsächlich Mädchen sind – und umgekehrt? Und wenn ja: Wie können wir unser Kind dann am besten unterstützen, seine Identität zu leben? Wie gehen wir mit den Schwierigkeiten um, die daraus im sozialen Umfeld, mit Gleichaltrigen, mit Bezugspersonen oder mit Familienmitgliedern entstehen können? Erfahren Sie ebenfalls, wie transidente Kinder sich fühlen und warum bei der körpermedizinischen Behandlung zwischen Kindes- und Jugendalter unterschieden werden sollte.
Und: In der Ausgabe 5_2018 wird es dann darum gehen, wie Sie transidente Kinder in der Kita unterstützen können.
Eine spannende Lektüre und herzliche Grüße!
Silke Dittmar
P. S. Liebe Leser*innen, mit dem Sternchen für alle führen wir in dieser Ausgabe den Gender- Star ein. Damit berücksichtigen wir sprachlich auch diejenigen Menschen, die nicht mit den Begriffen „Frau“ oder „Mann“ beschrieben werden können oder wollen.