Fachschulverbände warnen vor abgespeckter Erzieher*innenausbildungQualität statt Schmalspur

Dringend gesucht: Erzieher*innen. Um den Beruf für Schüler*innen attraktiver zu machen, wird derzeit über eine Ausbildungsreform diskutiert. Norbert Göttker, Ute Eggers und Dr. Ludger Mehring, die drei Vorsitzenden der Fachschulverbände, warnen vor Ausbildungen, die den gestiegenen Qualitätsansprüchen nicht gerecht werden.

Ist die derzeitige Fachschulausbildung für Erzieher*innen ein Auslaufmodell?
N. Göttker: Im Gegenteil. Die Ausbildungszahlen für Erzieher*innen haben sich fast verdoppelt. Keine andere Berufssparte kann auf so hohe Zuwachsraten verweisen. Die Erzieher*innenausbildung ist also ein Erfolgsmodell – quantitativ und qualitativ. Die kompetenzorientierte Ausbildung in Theorie und Praxis garantiert ein anerkanntes Qualifikationsniveau1 auf DQR-Stufe 6.

Es gibt Überlegungen, die generalistische Ausrichtung der Erzieher*innenausbildung zu reduzieren. Um was geht es?
N. Göttker: Eine Idee ist, die Berufsausübung auf eine bestimmte Altersgruppe zu beschränken – Erzieher*innen light gewissermaßen. Aus Sicht der Fachschulverbände wird damit der erreichte Standard der kompetenzorientierten Ausbildung infrage gestellt. Eine Einengung auf eine bestimmte Alters- bzw. Zielgruppe ist eindeutig rückwärtsgewandt und orientiert sich an einem Bild der Kindergärten aus den 1960er-Jahren.

Was halten Sie von der dualen Ausbildung?
U. Eggers: Während einer dualen Ausbildung – im Sinne des Berufsbildungsgesetzes – erhalten die Auszubildenden ein Ausbildungsgehalt vom jeweiligen Träger und können dem Personalschlüssel angerechnet werden. Mit dieser Maßnahme will man dem Fachkräftemangel entgegenwirken und den Beruf attraktiver gestalten. Zudem möchte man den Erzieher*innenberuf auch gegenüber Kandidaten und Kandidatinnen ohne mittleren Schulabschluss öffnen, denen bisher die Aufnahme in die Berufsausbildung auf direktem Wege verwehrt bleibt.
Aus Sicht der Fachschulverbände ist dies jedoch ein Irrweg. Es ist zu befürchten, dass in nächster Konsequenz die Qualität in den Einrichtungen schlechter wird, da es derzeit in Deutschland (noch) kein Qualitätsgesetz für Kindertageseinrichtungen gibt und somit auch der Standard und die Qualität in der praktischen Ausbildung stark variieren.

Warum sehen Sie solche alternativen Ausbildungswege kritisch?
U. Eggers: In den gegenwärtigen Diskussionen scheint es nicht mehr um die Qualität von Ausbildung und das Berufsprofil von Erzieher*innen zu gehen, sondern allein um die Quantität. Gemeinsamer Gedanke aller Schmalspurmodelle und Vorschläge ist es, die Fachkräfteausbildung auf dem Niveau einer Erstausbildung und nicht mehr wie bisher auf dem Niveau der beruflichen Meisterbildung zu etablieren. Die kursierenden Vorschläge führen dazu, dass die DQR-Einstufung der Erzieher*innenausbildung auf dem Niveau 6 nicht erreicht werden würde. Die Absolvent*innen würden das perspektivisch auch an ihrem Gehalt merken. Zudem besteht die Sorge, dass bei Schmalspurausbildungen die Berufsbiografien gerade von Frauen in die Sackgasse führen. Wenn wir nicht bereit sind, in qualifiziertes pädagogisches Fachpersonal zu investieren, wird das schließlich Konsequenzen in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe nach sich ziehen. Hier sind alle Beteiligten gefragt, also Ausbildungsstätten genauso wie Kommunen, Träger und die Bundesländer.

Welche Möglichkeiten sehen Sie denn, die Erzieher*innenausbildung attraktiver zu machen?
L. Mehring: Neben der praxisintegrierten und vergüteten Ausbildung von Erzieher*innen sind weitere Wege zu beschreiten. Schon jetzt sind verschiedene Möglichkeiten des Quereinstiegs, Verkürzungen der Ausbildung für Bewerber*innen mit vorherigen Berufsausbildungen sowie Möglichkeiten der berufsbegleitenden Ausbildung vorhanden. Hier wäre es eine wirkliche Alternative, wenn die Träger von Einrichtungen die angehenden Erzieher*innen in Teilzeit stärker als bisher in ihrer Ausbildung unterstützten, zum Beispiel durch Freistellung für den Unterricht bei vollem Gehalt. Als Fachschulverbände empfehlen wir Kooperationen zwischen den Fachschulen und Trägern. So können Fachschulen auf der einen Seite auf die Bedarfe der Träger besser eingehen. Auf der anderen Seite lassen sich die Ausbildungsbedingungen leichter abgleichen. Ziel ist es, sich gegenseitig zu unterstützen.

Die Fragen stellte Barbara Brengartner, Redaktion kindergarten heute.  

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