Aus wie vielen Wörtern besteht eigentlich ein Satz?Schaumadasitzeinkleinesäffchen

Schaumadasitzeinkleinesäffchen: Aus wie vielen Wörtern besteht eigentlich ein Satz?
© topvectors - fotolia.com

Stellen Sie sich vor, Sie hören einen Satz in einer fremden Sprache und sollen diesen wiederholen: Würde Ihnen das gelingen? Vermutlich nicht, nicht korrekt oder vollständig.
Vielleicht können Sie sich die ungewohnten Laute nicht merken? Oder Ihre Mundmotorik ist gar nicht in der Lage, die Wörter, die Sie gerade gehört haben, nachzubilden – denken Sie zum Beispiel an die Klicklaute einiger afrikanischer Sprachen. Ohne die Bedeutung des Satzes, die Sie sich aufgrund Ihrer mangelnden Sprachkenntnisse ja nicht erschließen können, ist das Wiederholen noch zusätzlich schwierig. Und, ja, auch das ist ein Problem, aus wie vielen einzelnen und somit leichter einprägsamen Einheiten – also Wörtern – bestand denn eigentlich der gehörte Satz?
Die gleichen Herausforderungen, die für Sie bei dieser Aufgabe entstehen, erleben Kinder beim Lernen ihrer Muttersprache. Denn ein vermeintlich einfacher Satz wie „Schau mal, da sitzt ein kleines Äffchen“ klingt für ein noch unerfahrenes Ohr in etwa so: Schaumadasitzeinkleinesäffchen. In der geschriebenen Sprache erkennt man die Grenzen eines Wortes an den Lücken zwischen den Buchstaben. Aber in der gesprochenen Sprache hört man diese Grenzen eigentlich fast gar nicht. Wo genau also ein Wort beginnt, wo es endet und wo das nächste anfängt, ist für Kinder am Anfang des Spracherwerbs nicht herauszuhören. Doch genau dabei hilft: die Segmentierfähigkeit. Sie setzt ein, wenn Kinder genügend Spracherfahrungen gesammelt haben und wissen, was für die entsprechende Sprache typische Anfangs- und Endlaute sind. Denn es gibt Laute und Silben, die im Deutschen eher am Anfang eines Wortes vorkommen, und solche, die eher am Ende eines Wortes stehen. Bei Äff-chen könnte der Hinweisgeber das chen sein. Denn auch, wenn man sehr angestrengt nachdenkt: viele Wörter, die mit chen beginnen, gibt es eigentlich nicht. Das Hören des chen deutet somit auf ein Wortende hin. Wenn es Ihnen also wirklich nicht gelungen ist, den fremdsprachigen Satz zu wiederholen, dann liegt es auch an der mangelnden Segmentierfähigkeit in der Ihnen fremden Sprache.
Grundsätzlich benötigen Kinder hierbei keine gezielte Förderung – sie müssen aber mit ausreichend Sprache in Berührung kommen, um genügend Informationen über typische Anfangs- und Endsilben sammeln zu können. Was Ihnen dabei allerdings helfen kann, sind Sprachvorbilder, die nicht zu schnell, dafür aber akzentuiert und deutlich sprechen – genau so also, wie viele Menschen es intuitiv tun, wenn sie sich z. B. über einen Kinderwagen beugen und in die „Babysprache“ verfallen.

Lesen Sie in der nächsten Ausgabe: die Übergeneralisierung – wenn alle Katzen zu Wau-Waus werden.  

Das Fachmagazin im Abo

  • 10 Ausgaben pro Jahr
  • Beispielhafte und inspirierende Praxisbeiträge aus dem Kita-Alltag
  • Fachliche Orientierung, Standpunkte und Meinungen zu Themen der Frühpädagogik
  • Sicherung und Weiterentwicklung der pädagogischen Qualität in Ihrer Einrichtung
Jetzt testen