Kinder lernen überall, am liebsten im freien Spiel mit anderen. Unterstützend wirken hierbei Raumkonzepte, die nicht auf Anpassung zielen, sondern den Kindern in ihrem Forscher- und Entdeckungsdrang entgegenkommen. Ausgestattet mit frei interpretierbaren und mobilen Spielmaterialien, ermöglicht das Außengelände das erfahrungsbasierte Lernen. Zugleich wird eine Verbindung zwischen den Spielthemen im Hausinneren und jenen des Außenraumes geschaffen. Vieles von dem, was Kinder in den Innenräumen der Kita spielen und erleben, findet draußen seine Fortsetzung. So ist die Herausforderung beim Bauen und Konstruieren mit natürlichen Baumaterialien auf einem unebenen Boden eine andere als im Spiel mit genormten Konstruktionsmaterialien auf dem Bauteppich. Hier arbeiten die Kinder an anderen Fragestellungen und suchen nach Ausdrucksmöglichkeiten, die in der Enge der Innenräume oftmals an Grenzen stoßen.
Beim freien Experimentieren und Konstruieren mit alltäglichen Materialien wie Schläuchen, Röhren, Brettern oder Steinen bekunden Kinder ein regelrecht physikalisches Interesse. Was für Außenstehende zunächst als ungeordnetes Sammelsurium an ausrangierten Alltagsgegenständen und Sperrmüllfunden erscheint, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als ein Labor unter freiem Himmel, in dem erste elementare Kenntnisse über die Gesetze der Physik und Mechanik erworben werden. Aufsteigendes und fließendes Wasser kann in Rohrsysteme geleitet und die Kapillarwirkung von Flüssigkeiten beobachtet werden – handlungsbezogenes Sachwissen, das erst Jahre später im Physikunterricht fachlich benannt wird. Die spielerische Auseinandersetzung mit den Phänomenen und physikalischen Gesetzen repräsentiert den Willen und die Kraft der Kinder, alles über die Welt zu erfahren, in die sie hineinwachsen. Beim Spiel im Freien braucht es wenig Spielzeug, aber viel „Zeug zum Spielen“, um den Erfahrungshunger zu stillen.
Vom Geräteparcours zum sinnlichen Lernort
Solange das Außengelände lediglich als begrüntes Anhängsel der Innenräume betrachtet wird, haben wir Pädagog*innen wenig von den Entwicklungsbedürfnissen und dem eigenwilligen Lerngenie der Kinder begriffen. Es braucht weder perfekt auf- und ausgeräumte Außenspielflächen noch ausgefallene Spielgeräteparcours. Stattdessen sollten wir uns mit der Frage beschäftigen, wie Spielräume aussehen, die Kinder ernst nehmen, und ihnen ihre ureigene Lernkultur zugestehen. In den folgenden Ausgaben können Sie Gestaltungsideen aus der Kita-Praxis entdecken, die eindrucksvoll belegen, wie die Bildungsbereiche der Innenräume ihren Weg ins Außenspielgelände finden. Viele der Ideen konnte ich bei meinen Besuchen und Beratungen in den Kindergärten sammeln. Neben allen inspirierenden Anregungen braucht es aber auch die wertschätzende Begleitung durch pädagogische Fachkräfte. Diese haben sich als Team auf den Weg gemacht, das Außenspielgelände in einen sinnlichen Lernort zu verwandeln: einen ganzjährig zugänglichen Ort im Freien, an dem sich das wilde Denken der Kinder entfalten kann und selbstbestimmte Bildungsprozesse gelingen.