Alltagsintegrierte Sprachbildung – eine EinführungSo wächst Sprache

Kinder können in ihrer sprachlichen Entwicklung unterstützt werden – durch die Nähe ihrer Bezugspersonen und mithilfe kleiner, praktischer Anregungen im Alltag.

So wächst Sprache: Alltagsintegrierte Sprachbildung – eine Einführung
© Harald Neumann, Freiburg

Der Wunsch nach Kommunikation begleitet Kinder von Geburt an. Ebenfalls von Geburt an verwenden sie die unterschiedlichsten Kommunikationsformen, um sich und ihre Bedürfnisse mitzuteilen. Dazu zählen nonverbale Signale wie Mimik, Gestik und Körpersprache genauso wie das Schreien oder Weinen und irgendwann die ersten gesprochenen Wörter.
Alle Kinder benötigen Bezugspersonen, die ihre kommunikativen Signale verstehen, aufgreifen und weiterführen. Sprache überträgt sich am besten durch Bindung von Mensch zu Mensch – dies ist sicherlich die wichtigste Erkenntnis, wenn man Kinder auf ihrem Weg zur (gesprochenen) Sprache unterstützen möchte.
Gerade im Elementarbereich, in dem Kinder noch in einer besonders sensiblen Phase des Spracherwerbs sind, gibt es zahlreiche Ansätze, wie die Entwicklung der sprachlichen Fähigkeiten gestärkt werden kann. Spezielle Sprachförderprogramme und -materialien sowie Sprachförderkräfte, die für spezielle Angebote in die Einrichtungen kommen – an Ideen und Konzepten mangelt es nicht. Und doch sind es oft die vermeintlich einfachen Alltagsmaterialien und -situationen in Kombination mit der sprachlichen Anregung einer Bezugsperson, auf die es eigentlich ankommt. Solche Anregungen für die Praxis werden in den kommenden Ausgaben vorgestellt. Sie sollen sowohl die Ebene der alltagsintegrierten Sprachbildung als auch die der gezielten Sprachförderung berücksichtigen.

Sprachlich bilden und fördern

Obwohl die Begriffe Sprachbildung und Sprachförderung oft synonym verwendet werden, bezeichnen sie nicht exakt das Gleiche. Sprachliche Bildung benötigen alle Kinder, und zwar von Geburt an und auch weit über das Kita- und Grundschulalter hinaus. Denn die Sprachentwicklung ist – gerade was den Wortschatz betrifft – nie abgeschlossen. Sprachförderung hingegen setzt einen zusätzlichen Bedarf voraus und eine gezielte Beobachtung durch die Fachkräfte, auf deren Erkenntnisse die Fördermaßnahmen abgestimmt werden sollten.
Wichtig ist, eine Abgrenzung zwischen Sprachförderung und Sprachtherapie vorzunehmen. Nicht alle sprachlichen Auffälligkeiten lassen sich durch pädagogische Maßnahmen verbessern oder gar beheben. Lispeln, Stottern oder die fehlerhafte Artikulation verschiedener Laute gehören beispielsweise immer in den Fachbereich von Logopäd*innen oder ähnlich spezialisierten Fachkräften. Aus diesem Grund bietet diese Reihe keine Anregungen zu Sprachauffälligkeiten, die einen Therapiebedarf nach sich ziehen.

Die Eltern miteinbeziehen

Die sprachliche Entwicklung aller Kinder zu unterstützen, ist ein großer und sehr wichtiger Aufgabenbereich jeder pädagogischen Einrichtung. Den größten Einfluss auf die sprachliche Entwicklung haben aber die Eltern bzw. die familiären Bezugspersonen des Kindes. Aus diesem Grund werden die Beiträge auch Anregungen enthalten, wie die Eltern in die sprachliche Bildung und Förderung einbezogen werden können. Der Austausch über sprachliche Anregungen sollte immer Teil der Bildungspartnerschaft zwischen pädagogischen Fachkräften und Eltern sein.

Alltägliche Materialien nutzen

Ein Schwerpunkt der Reihe liegt dabei auf Materialien, die in den meisten Einrichtungen ohnehin vorhanden sind und die vor ihrem Einsatz keinerlei Vorbereitungszeit benötigen. Das beste Beispiel dafür sind Denk- und Merkspiele nach dem Paare- Prinzip. Ein Gedächtnisspiel mit Karten kann so vielfältig eingesetzt werden, dass es den Erwerb der Artikel unterstützt, die Erzählkompetenz anregt oder zur Förderung der Lautbewusstheit dient.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt darauf, einzelne sprachliche Bereiche gezielt zu unterstützen und damit zum Beispiel den Wortschatz zu erweitern oder die Verwendung von Präpositionen zu fördern. Auch hier werden Methoden vorgestellt, die einfach in den Alltag einfließen können.
So hilft schon das Spielen mit Bauklötzen beim Verstehen von Präpositionen (auf, unter, neben).

Sicherheit geben und bestärken

Das Ziel der Reihe ist vor allem, Sie als Fachkräfte beim Umgang mit Kindern in Ihrem sprachlichen Verhalten und den sprachbildenden Vorgehensweisen zu stärken und sicherer zu machen.
Meiner Erfahrung nach entsteht bei vielen pädagogischen Fachkräften das Gefühl, die einfachen und altbewährten Methoden wie Bilderbuchbetrachtungen, Finger- und Bewegungsspiele oder Spiele-Klassiker mit Bildpaaren seien nicht ausreichend: Es müsse ein Programm oder Expert* innen geben, die die Sprachentwicklung der Kinder noch besser fördern könnten. Doch Sprache entsteht und wächst durch Bindung, Nähe, Dialog und wohlwollende Zuwendung. Kein Buch, kein Spiel und kein wissenschaftliches Programm hat von sich aus eine sprachförderliche Wirkung. Diese entsteht nur durch Sie und Ihren sprachlichen Input.  

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