Zwei Kinder geraten in Streit: „Du hast mein Bauwerk kaputt gemacht!“ – „Aber du hast gesagt, ich darf nicht mitspielen.“ – „Du hast mich gezwickt!“ – „Weil du mein Bauwerk zerstört hast.“ Mit ihrem Ärger kommen die Kinder zu mir, damit ich ihren Konflikt kläre. Eines Tages reagiere ich anders: Ich setze mich mit den Kindern zusammen und lasse jedes aus seiner Sicht erzählen, was passiert ist.
Damit sie lernen, ihre Streitigkeiten möglichst selbst zu lösen, führen wir ein Ritual für ihr Gespräch ein: Immer dann, wenn es wegen eines Streits Klärung braucht, holen sich die Kinder einen kleinen Tisch mit zwei Stühlen und zünden die eigens dafür gestaltete Friedenskerze an. Das Kerzenlicht wirkt beruhigend und hilft ihnen, sich auf das Gespräch einzulassen. Ich setze mich dazu oder in unmittelbare Nähe. Manchmal, wenn die Kinder im Gespräch nicht weiterkommen, helfe ich mit Rückfragen weiter oder rege sie an, nachzuvollziehen, wie es der/dem anderen geht. Meist endet der Austausch so, dass sich die Kinder beieinander entschuldigen und eine Wiedergutmachung vereinbaren. Sie versprechen zum Beispiel, wieder friedlich miteinander zu spielen. Zum Abschluss pusten sie besonders gern die Kerze aus – gemeinsam natürlich.
Maria Sieberer-Semo ist Elementarpädagogin, Montessoripädagogin und Spielpädagogin. Sie hat viele Jahre in einem Kindergarten in Wien gearbeitet.