Die Neueröffnung der „LamiKita“ in Rehau (Oberfranken) im September 2020 fiel mit der Corona-Pandemie in die Zeit größter Unsicherheit. Das Team und die Familien trafen motiviert aufeinander und wurden wenige Zeit später pandemiebedingt getrennt. Die Eingewöhnungen, die gerade abgeschlossen waren, waren zum Beispiel eine Woche später hinfällig.
Insbesondere für Familien war die Covid-19-Pandemie eine große Belastung und ist es teilweise noch heute. Die Regelungen zur Notbetreuung waren von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich und wandelten sich gefühlt alle zwei Wochen. Eltern, die in einem nicht systemrelevanten Beruf oder kritischen Infrastrukturbereich arbeiteten, hatten keinen Anspruch auf Betreuung und mussten diese unter Berücksichtigung der Kontaktbeschränkungen selbstständig organisieren.
In dieser turbulenten Zeit haben wir uns gemeinsam mit den Familien darin geübt, Chancen zu sehen und zu nutzen, anstatt uns von Hindernissen aufhalten zu lassen.
Von Beginn an hatten wir uns die Umsetzung eines ambitionierten pädagogischen Konzeptes vorgenommen. Die Familien der „LamiKita“ arbeiten zum Beispiel zwei Stunden pro Monat und pro Kind mit. Das Besondere ist, dass die Kinder das Wirken ihrer Eltern und Großeltern in der Gemeinschaft erfahren. Die Kinder packen tatkräftig mit an und sind stolz auf das gemeinsam Geleistete. Die Familien nehmen sich bewusst Zeit für die Projekte und ihre Kinder, erleben gleichzeitig, wie das Konzept gelebt wird. Gespräche und Diskussionen werden auf allen Seiten als bereichernd empfunden und ermöglichen eine tatsächliche Partnerschaft zwischen Team und Familien.
Technik als Ergänzung, nicht als Ersatz
Ein wichtiger Baustein unseres Konzepts ist die sinnvolle Einbindung digitaler Medien in unseren Alltag mit Kindern und Eltern. Wir verstehen unter der Digitalisierung unserer Gesellschaft, die schon lange kein neues Thema mehr in der Pädagogik sein sollte, einen Bildungsbaustein, den wir gezielt in den pädagogischen Alltag einbinden möchten – nicht die konsumierende Mediennutzung, sondern die kreative Nutzung neuer Möglichkeiten.
Analoge Formate werden nicht durch digitale ersetzt, sondern sinnvoll ergänzt. Dies benötigt eine sensible Auswahl der verwendeten Medien und eine Einbindung in vorhandene pädagogische Prozesse. Die Fachkräfte in den Kitas und die Familien sind starke Vorbilder bei dieser Einbindung. In der „LamiKita“ gilt für Eltern ein Handyverbot, damit sie beim Bringen und Holen dem Kind zugewandt sind.
Gleichzeitig verfügen die Gruppenleitungen über jeweils ein Handy und ein Tablet, die gleichberechtigt neben Stiften, Holzbausteinen und Lupen liegen. Wie die anderen Werkzeuge unserer pädagogischen Arbeit werden sie eingesetzt, wenn es zum Interesse und der Aktion des Kindes passt.
Digitale Beziehungsarbeit
Digitale Technik wurde für die Abläufe innerhalb der „LamiKita“ von Anfang an konsequent eingesetzt. Sie dient uns als Schnittstelle zwischen den Kindern, dem Team und den Familien.
Der digitale Ansatz kam uns in der Zeit der Schließungen und Notbetreuungen zugute. Unsere Kommunikation mit den Eltern findet zu einem großen Teil digital statt. Über eine App, die durchgehend alle Eltern nutzen, posten wir neue Informationen, positiv getestete Fälle und Gruppenschließungen – und das unabhängig davon, ob das Kind tagsüber die Kita besucht hat. Die Eltern haben die Möglichkeit, unsere Informationen auf der Pinnwand zu kommentieren und Verständnisfragen zu stellen. So konnten wir die Beziehungen zu den Familien und Kindern, die gerade erst entstanden waren, aufrechterhalten und sogar stärken. Während der Schließungen haben wir für die Kinder, die uns nicht besuchen konnten, ein digitales Programm entwickelt. Durch die Ausstattung der „LamiKita“ mit digitalen Endgeräten und großen Bildschirmen konnten wir gleich am ersten Tag starten. Montags und freitags Sport und Yoga, dienstags anlassbezogene Gesprächsrunden mit Kindern und Eltern, um Geburtstage zu feiern oder Unterstützung anzubieten, mittwochs digitales Kamishibai und donnerstags Experimente zum Mitmachen. Die Kinder erleben digitale Medien als Hilfsmittel mit pädagogischem Mehrwert. Die Eltern konnten weiterhin Kontakt zur „LamiKita“ halten, wurden mit ihren persönlichen Herausforderungen ernst genommen und erlebten sich als Gemeinschaft.
Der digitale Elternabend
Ein wichtiger Baustein war unser digitaler Elternabend, der – unter anderen Bedingungen – vermutlich auch in der „LamiKita“ in Präsenz durchgeführt worden wäre. Wir wollten nicht auf dieses wichtige Element der Kommunikation und Information verzichten und entdeckten die Vorteile: Beide Elternteile können teilnehmen, ohne sich um einen Babysitter zu kümmern. Sie können sogar „nebenbei“ Haushalt und Co. erledigen und bei den für sie wichtigen Themen eine Pause einlegen. Die Teilnehmer*innenquote unserer digitalen Elternabende liegt bei über 80 Prozent. Durch die Aufzeichnung des Elternabends können auch die Eltern alle Informationen erhalten, die in der Spätschicht oder im abendlichen Minijob arbeiten müssen. Folgende Dinge waren uns dabei wichtig:
- Sicherheit: zuverlässiger Zugang bei hohem Sicherheitsstandard
- Agenda: Ablauf im Vorfeld veröffentlichen
- visuelle Unterstützung: Synergie zwischen stabilem Audio, zuverlässiger Bildqualität und einer übersichtlichen Präsentation als Garant eines erfolgreichen Elternabends
- interaktive Elemente einplanen, wie zum Beispiel Umfragen und Wortrückmeldungen
- Regeln kommunizieren
- Aufgaben im Team verteilen: Moderation, inhaltliche Beiträge, technischer Support, Kontrolle des Chats
Insbesondere die Sicherheit und die Regeln waren nicht nur dem pädagogischen Team, sondern auch den Eltern wichtig. Bei einem Elternabend in Präsenz stellt es keine große Herausforderung dar, dass nur Personen anwesend sind, die mit den betreuten Kindern im Zusammenhang stehen. Bei digitalen Veranstaltungen gibt es immer das Risiko, dass Links und Anmeldedaten weitergegeben werden. Daher müssen sich alle Personen mit ihrem realen Namen anmelden und es muss einen Wartebereich geben, aus dem die Moderation die Personen in die Veranstaltung hineinlässt.
Die Kita-Leitung kann einen digitalen Elternabend nicht allein stemmen. Neben den Personen mit Wortbeiträgen wird jemand gebraucht, der den technischen Support für die Eltern und das Team leisten kann. Dass eine Person beide Aufgaben übernimmt und gleichzeitig Agenda und Zeitplan im Blick behält, ist nahezu unmöglich. Es wird immer Rückfragen von Familie geben, die keinen Ton haben oder sich zwischendurch neu anmelden und zugelassen werden müssen. Außerdem werden während der Veranstaltung Fragen in den Chat geschrieben, die gleich beantwortet oder später in größerer Runde diskutiert werden müssen.
Ebenso sind kleine Auflockerungsimpulse für einen gelingenden digitalen Elternabend wichtig. Viele der Familien waren durch ihre berufliche Tätigkeit an digitale Formate bereits gewöhnt. Dies hat zwar den Vorteil, dass sie technisch geübt sind. Es führt aber auch dazu, dass man sich an das Konsumieren gewöhnt, wo man vorher beteiligt wurde. Kleine Beteiligungs- und Auflockerungsimpulse bei einem digitalen Elternabend könnten sein:
- Zu Beginn und am Ende Kamerapflicht (wenn technisch möglich): Alle winken sich für einen Moment zu und sehen, wie und wo es sich die anderen Familien gemütlich gemacht haben.
- Emojis: Auf ein Signal hin posten die Familien ein Emoji in den Chat, welches ihre aktuelle Stimmung zeigt. Auch andere Fragen können mit Emojis beantwortet werden: Wohin geht es im nächsten Urlaub? Welches Getränk steht auf dem Tisch? Größter Weihnachtswunsch der Kinder?
- Umfragen: Viele digitale Plattformen bieten eine Umfragenfunktion an. Darüber lassen sich technische Fragen („Wie ist die Tonqualität?“), Stimmungsbilder („Mit welcher Stimmung seid ihr zum Elternabend gekommen?“) oder auch inhaltliche Partizipation („Soll das Sommerfest an einem Freitagnachmittag oder Samstag stattfinden?“) abbilden.
- Nach der offiziellen Veranstaltung zu kleinen Themenräumen einladen, in denen sich Eltern zu grob definierten Inhalten selbstständig austauschen können („Home-Office und Betreuung unter einen Hut bekommen“, „Pläne für das Sommerfest“).
Das Feedback der Familien zum digitalen Elternabend war durchweg positiv. Mittlerweile haben sich digitale Sitzungen des Elternbeirats mit Sprechstunde für die Familien, digitale Teamsitzungen und Leitungsrunden etabliert. Aktuell sind Zusammenkünfte in Präsenz wieder möglich, aber nicht alle möchten diesen engen Austausch schon leben. Daher werden wir auch zukünftig mindestens hybride Formate anbieten. Die Herausforderung wird hier sein, beide Gruppen (digital und Präsenz) miteinander in Kontakt zu bringen.
Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, den digitalen Teilnehmer*innen drei Perspektiven anzubieten: Moderation/Sprecher*in, Publikum und Präsentation. Sie können individuell entscheiden, welchen Fokus sie groß angezeigt haben möchten. Außerdem blickt die Moderation nicht nur regelmäßig in die Gesichter der anwesenden Familien, sondern auch in die Kamera. Die oben erwähnten Interaktionen können gleichermaßen angewendet und kombiniert werden.
Fazit
Das Denken in Lösungen und Chancen hat uns Möglichkeiten aufgezeigt, die gewohnten Pfade zu verlassen. Auf die digitalen Formate werden wir nicht mehr verzichten und bei jeder Veranstaltung weiter dazulernen.
Ausgezeichnet mit dem kindergarten-heute-Förderpreis
Träger: LamiKita gGmbH, Rehau
Name: „LamiKita“
Ort: Rehau (Bayern)
Gruppen: 74 Betreuungsplätze
Schwerpunkte: Achtsamkeit, Augenhöhe, Ernährung, Digitalisierung
Mitarbeiter*innen: aktuell 20
Öffnungszeiten: Mo–Do 6.30 bis17 Uhr, Fr 6.30 bis 15 Uhr
Kontakt: www.lamikita.de oder
www.facebook.com/lamikita.rehau