Pssst. Ich muss euch was erzählen. Darf ich aber nicht, „aus datenschutzrechtlichen Gründen“. Na, auch genervt? Tür-und-Angel-Gespräche werden zum Tanz auf rohen Eiern. Ellas Mutter will doch einfach nur wissen, wer denn so in der Nähe wohnt, um Kontakte zu knüpfen. Fotos aus dem Kita-Alltag ins Portfolio zu bekommen, ist entweder nicht DSGVO-konform („Aber haben wir ja schon immer so gemacht“) oder es sprengt das Kita-Budget. Bei Veranstaltungen halten wir die Eltern immer wieder an, keine Fotos und Videos von ihren Kindern zu machen. Aus datenschutzrechtlichen Gründen. Es könnten ja auch andere Kinder mit im Bild sein. Worüber wir uns vor zehn Jahren noch kaum Gedanken machen mussten, füllt heute Vollzeitstellen bei den Trägern.
Also früher, ne, da hat man das ja noch nicht so eng gesehen. Da wurde ich bei der Ferienaktion auch einfach fotografiert und war in der Regionalzeitung auf der Titelseite. Mit meiner Bügelzahnspange und diesem potthässlichen Rüschenpullover. Da hat man mich auch nicht gefragt, ob ich das möchte. JA, SCHÖNEN DANK AUCH.
Datenschutz ist Kinderschutz, und der ist heute wichtiger denn je. Fotos landen im Netz. Menschen machen unschöne Dinge damit. Das Internet vergisst nicht und wir können heute nicht abschätzen, ob Can es in Ordnung findet, wenn man seine Tanzeinlage zum Katzentanzlied noch in 20 Jahren bei YouTube findet. Obwohl man doch nur die Adresse seiner Anwaltskanzlei googeln wollte. Ich für meinen Teil bin ganz froh, dass meine fotografierte Kindheit größtenteils in einem alten Koffer auf dem Dachboden schlummert. Inklusive Rüschenpulloverfoto. Der Datenschutz bringt Veränderungen mit sich, und die sind im Kita-Alltag oft nicht leicht umzusetzen, weil angepasste Strukturen an vielen Stellen noch fehlen. Eine jährliche Fortbildung braucht es eigentlich auch. Oder Zeit, sich einzulesen und auf dem aktuellen Stand zu halten.
Ihr kennt mich, ich träum schon wieder. Und immer wieder muss ich ein bisschen schmunzeln bei all den Regeln und Gesetzen, wenn ich Luisas Namen und Gesicht verpixele, aber bestens darüber Bescheid weiß, was die Lieblingssockenfarbe ihres Vaters ist und wie viele Punkte ihre Mutter in Flensburg hat.
Aber dafür haben wir ja auch immer noch die Schweigepflicht.