Empfehlungen für die KitaBuchtipps für den September

Buchtipps September 2023

So was geht gar nicht

Erwachsene, die Kinder ungefragt knutschen und knuddeln – ob die das wollen oder nicht – gibt es immer noch. Zeit, sich zu wehren. Mir reichts! erzählt diese Geschichte. Eine Tante kneift einem Mädchen immer wieder in die Wange und kommentiert sein Aussehen: „Schaut euch diese dicken Bäckchen an!“ Wäre ein solches Verhalten okay, wenn so etwas einem Erwachsenen passieren würde? Das Mädchen ist verzweifelt und versucht – Doppelseite um Doppelseite – den unwillkommenen Liebesbeweisen mit Tricks zu entrinnen: Sie stellt sich schlafend, versteckt sich oder baut Hindernisse auf. Doch nichts funktioniert, irgendwann reicht es ihr! Ihr kommt eine rettende Idee: Sie dreht den Spieß einfach um. „Mir reichts“ ist ein Bilderbuch der preisgekrönten spanischen Illustratorin Raquel Bonita. Die großen Zeichnungen sind leuchtend bunt, etwas abstrakt und bebildern den Schrecken eines Kindes, das sich zunächst nicht zu helfen weiß. Dass Kinder das Recht haben, ihre Grenzen deutlich zu zeigen, wird ungewöhnlich in Szene gesetzt. Ein eindrückliches Buch über Grenzenwahren und den hilfreichen Perspektivenwechsel. Gegebenenfalls auch ein gutes Geschenk für aufdringliche Erwachsene. 

Bonita, R. (2023):
Mir reichts.
Heidelberg: Carl Auer Kids. € 19,95,
ISBN 978-3-96843-043-0, ab 3 Jahre

„Singen beruhigt die Nerven“

„Katze Kim“ heißt das Lied, das Kinder darin stärken will, in kritischen Situationen Nein zu sagen. Kristina Neureuther hat das Kinderlied unter ihrem Künstlernamen Neeki veröffentlicht.

Was ist das Besondere am Lied „Katze Kim“?
In meinem Lied habe ich Gewaltpräventionsprinzipien verankert. Dazu gehört beispielsweise „Ich darf über meinen Körper selbst bestimmen“ oder „Ich darf Nein sagen und habe keine Schuld, wenn mir etwas passiert“. Bei der Produktion habe ich darauf geachtet, das Nervensystem der Kinder anzusprechen. So aktiviert das Lied etwa das „Mut-Zentrum“ im Stammhirn. Es hat auf Kinder eine angstlösende und antidepressive Wirkung und trainiert die Selbstregulationsfähigkeit.

Wie können Lieder überhaupt stärkend wirken?
Lieder können positive Gefühle hervorrufen und helfen, dass die Botschaft – also hier: in unangenehmen Situationen Nein sagen zu dürfen – im emotionalen Langzeitgedächtnis bleibt. So können Kinder ein positives Selbstkonzept entwickeln. Dazu eignen sich stärkende Texte besonders gut, wenn sie zusätzlich von der passenden Musik unterstützt werden. Ich frage in meiner Arbeit immer wieder die Kinder: „Welches Lied hilft dir jetzt?“, und es ist interessant zu sehen, welche Lieder sie bei Angst, Wut, Trauer oder Unruhe als hilfreich empfinden.

Sie setzen auf die wohltuende Wirkung von Musik. Wie können Kitas dies nutzen?
Alle musikalischen Aktivitäten tun gut, insbesondere das Singen beruhigt die Nerven. Ganz beiläufig vermitteln Lieder Struktur und Sicherheit. Dadurch baut sich der Stresspegel ab und so sinkt die Gewaltbereitschaft. Je regelmäßiger Musik in der Kita eingesetzt wird, desto langfristiger wirkt sie. In Ruhezeiten empfehle ich sanfte Klaviermusik, sie eignet sich hervorragend zum Entspannen. Und wenn schwierige Aufgaben zu lösen sind, unterstützen Stücke von Vivaldi die Konzentrationsfähigkeit.

Katze Kim“ ist Bestandteil des Kita-Angebots 
„ECHTE SCHÄTZE – die Starke Sachen Kiste für Kinder“. Das Materialpaket unterstützt Fachkräfte in der Prävention von sexuellem Missbrauch.
Gratis Notendownload unter www. musikhilftdir.de/gratis

Gereimte Gemeinsamkeiten  

Zusammen! thematisiert Gegensätze und zeigt Gemeinsamkeiten auf. Die detailreichen Illustrationen werden dabei mit kurzen, prägnanten Reimen über- und untertitelt. Zwar sind die Menschen, die im Pappbilderbuch auftreten, ganz unterschiedlich, aber vieles verbindet sie. „Ob traurig oder froh, jeder muss aufs Klo“ – „ob Rock oder Hose, auf jeden Fall mit Soße“. Gerade die kurzen und witzigen Reime begeistern die Kinder – und das immer wieder. 

Kulot, D. (2016):
Zusammen!
Hildesheim: Gerstenberg.
€ 12,–,
ISBN 978-3-8369-5878-3,
ab 2 Jahre

Kindgerechte Kunstgeschichte 

Das große Wimmelbuch der Kunst führt anhand der Buchseiten durch verschiedene Epochen der Kunst und ihre Stile. Dafür braucht es kaum Text. So lernen Kinder niederschwellig unterschiedliche Kunststile kennen, seien es ägyptische Wandmalereien mit vielen wimmeligen Szenen, ein mittelalterliches Kloster mit Geschichten an der Decke oder die eckige Bauhauskunst. Auf den großformatigen Doppelseiten gibt es allerhand zu entdecken.

Rebscher, S. (2015):
Das große Wimmelbuch
der Kunst.

München: Prestel. € 19,99,
ISBN 978-3-7913-7204-4,
ab 4 Jahre

Neu erschienen: Sachbuch

Wege in eine bessere Kita-Zukunft

Die Rede vom Kita-Kollaps ist Realität. Davon ist die Bildungsexpertin Ilse Wehrmann überzeugt. In ihrem neuesten Buch beleuchtet sie aus verschiedenen Perspektiven die Dauerkrise des deutschen Kita-Systems, nennt Fakten und zeigt Wege in eine bessere Kita-Zukunft auf. Sie zitiert in ihrem Buch Fachleute, Kita-Beschäftigte, Eltern, Verbände, Gewerkschaften und politisch Verantwortliche. Die Autorin beschreibt eindrücklich, warum wir es bis heute in Deutschland nicht geschafft haben, ein bedarfs- und kindgerechtes Kita-System zu etablieren. Ihr Fazit ist eindeutig: Das Kita-System muss reformiert werden. Der von der Autorin aufgestellte „Zehn-Jahres-Masterplan“ am Ende des Buches enthält eine Sammlung von Lösungsvorschlägen aus Fachwelt und Fachpraxis. Eins zu eins umsetzbar wird er nicht sein, denn dafür sind die föderalen Strukturen der Kita-Politik zu komplex. Neben den seit Jahren erhobenen Forderungen nach kindgerechten Räumlichkeiten und Personalschlüsseln finden sich darin aber interessante Ideen wie die Einrichtung runder Tische unter Einbeziehung der Praxis oder die Etablierung von Kinderbeauftragten auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Auf dieses Buch hat die Kita-Welt gewartet! Wenn Sätze wie: „Kinder sind das Wichtigste für unsere Gesellschaft“ ernst gemeint sind, muss sich grundlegend und zügig etwas ändern. Wer sich für ein bedarfsgerechtes Platzangebot und eine kindgerechte Kita-Qualität engagiert, weiß nach der Lektüre, dass es nicht nur einzelne kritische Stimmen gibt, sondern viele verschiedene Kita-Akteur:innen sich Sorgen um die frühkindliche Bildung und eine kindgerechte Betreuung machen. Sie sind hoffentlich nicht mehr zu überhören. Claudia Theobald

Wehrmann, I. (2023):
Der Kita-Kollaps.
Warum Deutschland
endlich auf frühe
Bildung setzen muss!
Freiburg: Herder. € 22,–,
ISBN 978-3-451-60150-7

Kinder gut beim Aufwachsen begleiten 

Wenn Kinder ihre Grenzen austesten, kann das für Eltern herausfordernd sein. Wie viel Grenzen und Freiheit sind gut und in welchen Situationen sind Grenzen wichtig? Wann können Eltern locker und wann müssen sie konsequent bleiben? Erst kürzlich hat sich eine Kollegin dazu mit der Ausgabe „Freie Entfaltung?! Umgang mit Grenzen und Regeln“ der Abo-Zeitschrift Wenn Eltern Rat suchen auf ein anstehendes Elterngespräch vorbereitet. Für meine Kollegin war es besonders hilfreich, dass dort neben dem Fallbeispiel beschrieben wird, nach welcher inneren Überzeugung Eltern handeln. Dadurch ist es ihr gelungen, diese Perspektive zu berücksichtigen und Empathie für das Elternverhalten aufzubringen. Das machte ein Gespräch auf Augenhöhe möglich, aus dem alle neue Ideen mitnehmen konnten. Wir haben mehrere Ausgaben von „Wenn Eltern Rat suchen“ in unseren Kitas und im Familienzentrum ausprobiert und können diese unbedingt empfehlen. Hier wird Eltern mit wertschätzendem Blick begegnet und anerkannt, dass es oft mit Herausforderungen verbunden ist, die eigenen Kinder gut beim Aufwachsen zu begleiten. Das achtseitige Leporello nimmt sich mit einer durchgängigen Struktur der Themen an, die Eltern in der Erziehung beschäftigen und besonderes Feingefühl aufseiten der Fachkräfte erfordern. Im aktuellen vierten Jahrgang geht es um die Dauerbrenner Essen, Schlafen, Sauberkeitsentwicklung und Trennung. Jede Ausgabe enthält eine Analyse und fachliche Grundlagen, die Perspektiven Fachkraft, Eltern, Kind, Reflexionsfragen und Lösungsansätze. Besonders hat uns der klare, übersichtliche Aufbau gefallen und dass die Beispiele allesamt dem Erziehungsalltag entnommen sind. Die Literaturtipps können genutzt werden, um Eltern Bücher zum Weiterlesen zu empfehlen. Für Kolleg:innen, die sich schwertun, mit Eltern über Sorgen oder Konflikte mit deren Kindern zu sprechen, wäre ergänzend ein fiktives Elterngespräch als Abschluss des Fallbeispiels unterstützend. Für alle, die sich in die professionelle Elternberatung einlesen möchten, gibt es gratis einen Gesprächsleitfaden als Download-PDF.

Hohmann, K. (2022):
kindergarten heute –
Wenn Eltern Rat suchen
4/2022. Umgang mit
Regeln und Grenzen.

Freiburg: Herder. € 5,95,
ISSN 2698-8445
Fischer, S. (2023):
kindergarten heute –
Wenn Eltern Rat suchen
3/2023. Endlich ohne
Windel!?
Freiburg: Herder.
€ 6,95, ISSN 2698-8445

Für Kitas: Bilderbücher in mehreren Sprachen 

Rund ein Drittel aller Kinder in Deutschland wachsen mit einer anderen Familiensprache als Deutsch auf. Für die Sprach- und Leseförderung in Kitas ist dies zugleich Chance und Herausforderung. Hier setzt die Initiative „Vorlesen in allen Sprachen“ an. Das Ziel: Kitas, Bibliotheken und weiteren Einrichtungen zu ermöglichen, bekannte und gleichwertig ausgestattete Kinderbücher vollständig übersetzt in verschiedenen Familiensprachen anzubieten. Damit will man ein wertschätzendes Signal für das quersprachige Vorlesen geben. Als Sprachen ausgewählt wurden Arabisch, Farsi, Polnisch, Rumänisch, Russisch, Türkisch und – aus aktuellem Anlass – Ukrainisch. Es sind die häufigsten Familiensprachen in Mehrpersonenhaushalten mit minderjährigen Kindern, in denen Deutsch nicht die vorwiegende Sprache darstellt. Außerdem wurden bei der Sprachenauswahl die am häufigsten vertretenen Staatsangehörigkeiten von ausländischen Kindern zwischen 0 und 5 Jahren einbezogen. Folgende beliebte Vorlesebücher sind ab Oktober in diesen sieben Sprachen lieferbar: „Bettzeit ist’s“, „Hilf dem Löwen Zähne putzen!“, „Wieso? Weshalb? Warum? Mein Kindergarten“, „Das kleine WIR im Kindergarten“, „Ich bin jetzt … glücklich, wütend, stark“, „Wir zwei gehören zusammen“, „Ein Platz nur für Lieselotte“, „Wieso? Weshalb? Warum? Tiere und ihre Kinder“ und „Tafiti und Reise ans Ende der Welt“. „Vorlesen in allen Sprachen“ ist eine gemeinsame Initiative von FRÖBEL, Dussmann das KulturKaufhaus und der Stiftung Lesen. 

Weitere Infos unter www.vorleseninallensprachen.de 

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