H.B.: Wie viele Fachzeitschriften haben Sie in Ihrer Einrichtung abonniert und nach welchen Kriterien haben Sie sie ausgewählt?
B.J.: Wir haben seit einigen Jahren vier Fachzeitschriften abonniert. Es waren zwar auch schon mehr, aber das machte rückblickend unseres Erachtens wenig Sinn. Wichtig ist für uns, dass die Fachzeitschriften in etwa folgendermaßen aufgebaut sind: aktuell und informativ in ansprechender Aufmachung, dabei kritisch und nicht zu ausschweifend. Und sie sollten Ideen und Anregungen haben, die im beruflichen Alltag bestenfalls „zügig" umgesetzt werden können.
H.B.: Welche Menge an Fachliteratur lässt sich zeitlich überhaupt bewältigen? Wie sind hier Ihre Erfahrungen?
B.J.: Das ist zunächst natürlich von jedem Einzelnen abhängig. Abgesehen davon zeigt es sich aber besonders in Phasen des Umbruchs, z.B. bei der Entwicklung neuer Konzepte, dass fundierte Informationen durch Fachliteratur und Fachbücher äußerst nützlich sind. Für einen selbst noch offene Fragen können so öfters recht schnell durch Erfahrungen anderer beantwortet werden. Bei der teaminternen Auseinandersetzung mit bestimmten Themen ist es mir wichtig, dass alle Teammitglieder in etwa den gleichen Wissensstand aufweisen. Hier kann von allen gelesene und verstandene Fachliteratur einen wichtigen Beitrag leisten. In vernünftigem Maß eingesetzte, konsumierte Fachliteratur bzw. Fachbücher führen meines Erachtens schlussendlich zu einer Zeitersparnis. Denn die fundierte Information vorab erweitert den Radius, schärft den eigenen Blick und fördert die eigene Meinung und Reflexionsfähigkeit.
H.B.: Gibt es eine Regelung mit dem Träger, in welchem Umfang die Lektüre von Fachliteratur erwartet wird? Wird das als Arbeit in der Dienstplangestaltung berücksichtigt und zeitlich anerkannt?
B.J.: Das Lesen von Fachliteratur erfordert meiner Meinung nach eine bestimmte Grundhaltung in Bezug auf das eigene Berufsverständnis. Die Mitarbeiterinnen sollten sich mit aktuellen Entwicklungen (politisch, fachlich und gesellschaftlich) auseinandersetzen. Das verstehe ich unter persönlicher Weiterbildung/ Fortbildung. Beiträge aus Fachzeitschriften, die ich für wichtig erachte oder die mir für unseren internen Prozess sinnvoll erscheinen, gebe ich an die Mitarbeiterinnen mit dem Auftrag weiter, dass alle sie bis zu einem bestimmten Datum gelesen und ggf. bearbeitet haben sollten. Damit ist klar, dass dies innerhalb der Verfügungszeit passieren kann. Diese Regelung wird vom Träger unterstützt und gewünscht. Starre Vorgaben vonseiten des Trägers sind nur wenig nützlich und sinnvoll. Eine ehrliche und vernünftige Einstellung des Teams diesbezüglich ist hier weitaus wichtiger und der Sache dienlicher.
H.B.: Wie sichern Sie darüber hinaus die Wahrnehmung der Fachliteratur? Und kommen die Erkenntnisse aus der Fachliteratur auch tatsächlich in der täglichen pädagogischen Arbeit an?
B.J.: Wir regeln das so wie viele: Die einzelnen Fachzeitschriften werden von einer pädagogischen Fachkraft vorgestellt, zusammengefasst und wichtige Beiträge auch für alle kopiert. Merkzettel auf dem Deckblatt helfen allen Mitarbeiterinnen, schneller bestimmte Texte zu finden. In einer Art Archiv sind alle Ausgaben der Fachzeitschriften bzw. der Fachliteratur für alle Mitarbeiterinnen in der hauseigenen Bibliothek übersichtlich geordnet und jederzeit zugänglich. Alle Mitarbeiterinnen haben auch Mitspracherecht bei der Anschaffung von Fachliteratur im Rahmen unseres jährlichen Budgets. Es herrscht die Überzeugung: Der Austausch mit Literatur „bringt uns weiter" und macht uns fit für unsere berufliche und persönliche Weiterentwicklung.
H.B.: Wie motivieren Sie Ihr Team, Fachliteratur zu lesen? Wie begegnen Sie Mitarbeiterinnen, die sich nicht so gern in Themen einlesen?
B.J.: Es ist eine Frage der „Kultur" und des Qualitätsanspruchs. Diesen vertrete ich offen insofern, als ich geeignete und kompetente Fachliteratur unabdingbar für meine berufliche Weiterqualifizierung, die persönliche Vor- und Nachbereitung und die Bewältigung der Anforderungen des Alltags halte. Fachliteratur kann mich beispielsweise in der Argumentation gegenüber dem Träger oder Eltern unterstützen. Ganz abgesehen davon, dass es mich in meinem beruflichen Selbstverständnis stärkt. Da ich selbst eine begeisterte Leserin bin, hoffe ich, damit meine Mitarbeiterinnen anzustecken. Bei wenig bzw. fehlender Motivation von Mitarbeiterinnen sind echte Eingriffs- und Lenkungsmöglichkeiten vonseiten der Leitung wohl eher begrenzt.