Endlich wieder Kind sein dürfen!Ein Positionspapier zur bedürfnisorientierten Flüchtlingsarbeit in Kitas

Anfang Oktober 2015 veröffentlichten die Liga der freien Wohlfahrtspflege (kurz: Liga) und der Dachverband der Kinder- und Schülerläden (DaKS) in Berlin ein Positionspapier, das mit seinen Forderungen der Lebenssituation geflüchteter Kinder unter 6 Jahren Rechnung tragen soll. Ziel ist es, deren Versorgungslage in jeglicher Hinsicht zu verbessern.

Auch wenn das vorliegende Positionspapier die aktuelle Situation geflüchteter Kinder in Berlin fokussiert, so kann ein Großteil seiner Forderungen dennoch bundesweite Geltung für sich beanspruchen. Klar ist, dass angesichts hoher Flüchtlingszahlen zunächst die zahlreichen Aufgaben zur Versorgung Betroffener zu bewältigen sind. Dennoch - oder vielleicht deshalb - gerät dabei fast immer die Schutzbedürftigkeit von Kindern unter 6 Jahren aus dem Blick. Das Positionspapier formuliert deshalb akut notwendige Maßnahmen, um diesen Kindern den Zugang zu Kitas zu erleichtern und dort die Fachkräfte zu unterstützen. Gerade junge Kinder bräuchten sichere und anregende Lernorte, die jedoch die Sammelunterkünfte in der Regel nicht bieten (könnten). Deshalb werden für Flüchtlingsfamilien mit Kindern stabile Wohnverhältnisse gefordert, d.h. eine bevorzugte Zuweisung in familiengerechte Unterkünfte - verknüpft mit einer verbindlichen Klärung ihrer mittelfristigen Unterbringung. So soll der mehrmalige Wechsel von Kita bzw. Schule vermieden werden. Als familiengerecht definiert das Papier eine Unterkunft mit großer Küche, einem Spielzimmer als geschütztem Bereich, entsprechenden Wohnräumen und einem Spielplatz im Außengelände. Eingefordert wird auch die Bereitstellung von genügend fachlich geschultem Personal bei den zuständigen Sozialdiensten sowie migrationssensible Begleitung und Beratung durch die Jugendämter. Dazu gehören auch verständliche Informationen über das hiesige System der Kindertagesbetreuung. Der Zugang zu Kitas in Verbindung mit sprachlicher Förderung wird für Kinder von 0 bis 6 Jahren als wichtiger Schritt zur Integration und somit als unbedingt zu ermöglichen angesehen. Bislang werde jedoch der Rechtsanspruch, den auch geflüchtete Kinder haben, nur von wenigen betroffenen Familien genutzt. Der Grund hierfür mag in fehlender Information, möglicherweise aber auch in einer anderen Prioritätensetzung durch die Flüchtlinge selbst liegen. Sowohl Verständigungsschwierigkeiten als auch wenig Erfahrung im Umgang mit Traumatisierung werden künftig noch bei vielen pädagogischen Fachkräften zu Verunsicherung führen. Hier bedürfe es spezifischer Weiterqualifizierungen. Wichtig ist auch der Hinweis auf eine längere Eingewöhnungsphase für geflüchtete Kinder. Interessant ist noch die detaillierte Aufzählung des Unterstützungsbedarfs von Kita-Mitarbeiter/innen, der sich an elf Fragen festmacht. Hier wird die Spannbreite der Themen aufgefächert, die sich in der Zusammenarbeit mit der Flüchtlingsthematik auftun. Im Großen und Ganzen geht es um Traumatisierung, interkulturelle Kommunikation, unterschiedliche Erziehungsvorstellungen, Sprachförderung und Abschiede, aber auch um den Umgang mit fremdenfeindlichen Äußerungen und Beschimpfungen. Um diesen Herausforderungen begegnen zu können, meldet das Papier die Notwendigkeit eines Fachberatungsnetzwerks an, das Kitas unkompliziert in Anspruch nehmen könnten. Damit verbunden werde es erhöhten Bedarf an Coaching, Konzeptberatung, Teamfortbildungen sowie fachlicher Informationen geben. Damit sich das Kita-Personal mit den Eltern geflüchteter Kinder verständigen kann, werden kostenlose Dolmetscherdienste gefordert, auf die Fachkräfte bedarfsgerecht und unbürokratisch zurückgreifen können. Zum Schluss zeigt das Papier noch einmal eindringlich den Zusammenhang zwischen guten Rahmenbedingungen und dringend erforderlicher „Normalität“ für betroffene Kinder im Lern- und Lebensort Kita auf. Informationen: www.paritaet-berlin.de („Engagement für Flüchtlinge“)

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