Kita im WaldGeheime Gedanken einer Kitaleitung

Geheime Gedanken einer Kita-Leitung: Die Zaubertür
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Vor vielen Jahren begannen wir, die Waldtage einzuführen. Einmal in der Woche sollte der Kindergartenalltag im Wald stattfinden. Damals war das noch innovativ und außergewöhnlich. Die Reaktion der Eltern war dementsprechend. Entsetzen machte sich breit: in den Wald gehen?? Gefährlich!! Die armen Kinder! Was macht man denn da den ganzen Vormittag? Was, wenn es regnet? Was, wenn es kalt ist? Und wenn die Kinder Durst haben oder noch schlimmer: wenn sie mal auf Toilette gehen müssen? Einige Eltern trauten es ihren Kindern nicht zu, kleinere Strecken zu Fuß zu gehen. Viele Argumente wurden gesammelt, die gegen die Durchführung eines Waldtages sprachen.
Vor meinem geistigen Auge sah ich, wie die Eltern sich wohl den perfekten Waldtag vorstellen: an einem geeigneten Platz, nicht zu weit vom Parkplatz entfernt, damit die Kinder nicht so weit laufen müssen, asphaltierte Wege. Diverse Klohäuschen stehen um den Platz herum und vermitteln den Eindruck eines geschlossenen Raumes. Eine riesige Zeltplane über den Bäumen schützt die Kinder vor Wind und Wetter. Bei Kälte wird mit einer überdimensionierten Feuerschale Wärme erzeugt. Damit die Kinder sich nicht schmutzig machen, wird strikt darauf geachtet, dass sie nicht in die angrenzende Wildnis entfliehen können. Dazu sind Zäune in die Landschaft eingelassen, die dies verhindern sollen. Kleine Stühlchen lagern in einer angrenzenden Bauhütte, damit die Kinder nicht auf dem Boden sitzen müssen. Ich gebe zu, im ersten Augenblick war ich drauf und dran, unser Vorhaben abzusagen.
Zum Glück haben wir die Waldtage trotz aller Bedenken dann doch durchgeführt. Zu Anfang behielten viele besorgte Eltern ihre Kinder am Waldtag zwar lieber zu Hause. Aber die Kinder, die mitgekommen waren, berichteten so begeistert von ihren Abenteuern, dass von Woche zu Woche mehr Kinder teilnahmen. Die Eltern haben sich schnell daran gewöhnt, dass die Kinder nach dem Waldtag glücklich, aber eben auch ziemlich schmutzig zurückkommen. Von wegen: Die Kinder könnten keine weiten Strecken zurücklegen. Manchmal sind wir sogar sehr lange unterwegs, bis wir ein Plätzchen gefunden haben, an dem wir bleiben wollen. Wenn die Kinder mit dem Platz zufrieden sind, sammeln wir gemeinsam kleine Baumstämme, auf denen wir es uns dann bequem machen. Jeder Waldtag ist anders und immer passiert Abenteuerliches.
Ein Highlight, von dem in der Kita auch nach langer Zeit noch immer erzählt wird, war die Begegnung mit einem Fuchs, der plötzlich auf einer Anhöhe erschien und uns beobachtete. Die Kinder waren mucksmäuschenstill, obwohl sie total aufgeregt waren.  So leise bekommen wir sie in der Kita nur selten. Nach kurzer Zeit wurde es dem Fuchs wohl zu langweilig, er lief ins Gebüsch und war verschwunden. Diese eher unspektakuläre Begegnung ist inzwischen übrigens zu einem abenteuerlichen Tierkrimi mutiert. Vor allem die neuen Kinder beobachten die Umgebung genau, um ja kein Tier zu verpassen.
Obwohl die Kinder auch sehr laut sein können, trifft man tatsächlich viele Tiere im Wald. Leider manchmal auch solche, die aus meiner Sicht nicht unbedingt sein müssen. In einem Jahr hatten wir eine Raupenplage. Mich schaudert es jetzt noch, wenn ich daran denke. Als wir im Wald unterwegs waren, hingen – gefühlt – Millionen von Raupen an langen Fäden von den Bäumen herab. Diese Eichenprozessionsspinner sind gefährliche Schädlinge. Wenn man sie berührt, kann das Allergien auslösen. An jenem Tag kehrten wir zu spät zum Parkplatz zurück, weil wir im Zickzack den Weg entlanglaufen mussten, um den Raupen auszuweichen. Komisch, von diesem Erlebnis erzählt niemand mehr, obwohl es nun wirklich Gruselpotenzial hat. Aber man muss halt Prioritäten setzen ...

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