Der etwas andere GottesdienstGeheime Gedanken einer Kitaleitung

Geheime Gedanken einer Kita-Leitung: Die Zaubertür
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Wir sind eine evangelische Kita. Kurz vor Weihnachten hatten wir uns für die Eltern etwas Besonderes ausgedacht: Wir wollten gemeinsam mit dem Pfarrer einen Gottesdienst für die Familien unserer Kinder gestalten – eine kleine besinnliche Feier in der Adventszeit. Der Pfarrer war begeistert und so erarbeiteten wir in den folgenden Dienstbesprechungen den Ablauf des Gottesdienstes. Er sollte nicht zu lang dauern, weil die Familien ja die Kleinsten mitbringen würden. Schnell waren Lieder und Texte gefunden, die wir mit den Kindern in den kommenden Wochen einübten. Die Generalprobe im Gotteshaus verlief wunderbar. Wir hatten mit den Kindern Tannenzweige ausgelegt als Symbol für den Weg, den Maria und Josef gegangen waren, um einen Platz zum Übernachten zu finden. Jedes Kind sollte an den Zweigen entlanggehen und an einem bestimmten Punkt seine Kerze im Einmachglas abstellen. Die Kinder konnten ihre Texte, niemand verpasste den Einsatz. Doch jeder, der sich auskennt, weiß, dass uns das eigentlich hätte zu denken geben müssen. Fragen Sie mal Theaterleute: Die Generalprobe muss schieflaufen, sonst wird die Aufführung ein Desaster. Wir waren so blauäugig. Der große Tag war da: Die Kinder waren aufgeregt, freuten sich auf ihre Familien und den großen Auftritt, auf den wir so lange hingearbeitet hatten. Pünktlich um zehn Uhr gingen wir geordnet in die Kirche nebenan. Die Gläser mit Kerzen standen bereit, die Kinder waren mit Tannenzweigen ausgerüstet, der Pfarrer ordnete seine Texte vor dem Mikrofon. Nach und nach füllte sich die Kirche mit Eltern und Geschwistern. Viele der Mütter hatten einen Kinderwagen dabei und stellten ihn in die Seitengänge. Wie von uns geplant, setzten sich alle nicht auf die Bänke, sondern auf Matten, die wir hingelegt hatten, damit die Eltern es sich mit ihren Kindern gemütlich machen konnten. Es wurde eng und dauerte, bis sich alle geordnet hatten. Mit leichter Verspätung begrüßte der Pfarrer die Anwesenden. Da fing Lea an zu schreien. Die Stimme durch das Mikrofon machte ihr offensichtlich Angst. Schnell flüchtete sie sich auf den Schoß ihrer Mutter. Irritiert schaltete der Pfarrer das Mikrofon aus und versuchte es ohne, was aber schwierig wurde. Denn inzwischen war es einigen jüngeren Kindern langweilig geworden. Und so jammerten die einen, andere fingen an, in der Kirche umherzuwandern – verfolgt von ihren Müttern, die sie wieder einzufangen versuchten. Eine Mutter kramte im Kinderwagen und brachte außer ihren wieder eingefangenen Kindern eine Box Salzstangen in den Kreis mit. Verzückt knabberten ihre Kinder daran und blieben fortan ruhig und gesittet auf den Matten. Jetzt wurden die anderen Kinder unruhig und wollten unbedingt auch sofort etwas zu essen haben. Peinlich berührt standen die Mütter nach und nach auf und erfüllten ihren Kindern den Wunsch. In kürzester Zeit entstand eine Art Picknick- Area. Die Kinder mümmelten ihre Äpfel und Salzstangen oder löffelten ihren Joghurt. Der Pfarrer kam völlig aus dem Konzept. Verzweifelt versuchten wir, die Situation zu retten, und übersprangen den Programmpunkt „Tannenzweige legen“. Würden die Kinder vielleicht ruhiger, wenn wir den Diavortrag mit der Geschichte von Maria und Josef vorzögen? Tatsächlich starrten die Kinder gebannt auf den Projektor. Erleichtert setzte ich mich auf die Matte, um mich auf die Bilder zu konzentrieren. Doch ich sah keine Bilder. Schatten winkten mir entgegen. Die Kinder hatten entdeckt, dass man wundervolle Figuren auf die Leinwand ‚malen‘ konnte. Sie waren davon so fasziniert, dass meine Kolleginnen und ich das vorgezogene Abschlusslied allein singen mussten: „Tragt in die Welt nun ein Licht“ – und das taten die Familien dann auch. Mit Marmeladengläsern ausgestattet verließen sie die Kirche und waren begeistert von der familiären Atmosphäre des Gottesdienstes. Ich weiß aber nicht, ob der Pfarrer das auch so gesehen hat.

Ihre
Petra Mönter

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