Ich kauf, ich kauf, was, ist egal“, heißt es in einem Grönemeyer- Song von 1983, der mir im Gedächtnis geblieben ist. Wie hat sich das Kaufverhalten seitdem doch verändert. Die Krönung ist inzwischen das Internet: Man muss nicht einmal mehr aus dem Haus gehen, um einzukaufen. Nicht nur die neue Waschmaschine wird per Mausklick in den Warenkorb gelegt, man kann ihn auch mit den Zutaten für die Lasagne aus Bio-Gemüse befüllen und sie erntefrisch liefern lassen. Selbst Kindergeburtstage lassen sich bei Firmen buchen. Nichts muss man mehr selbst machen, nur noch das Portemonnaie zücken. Dann kommen Zauberer, Clowns, pfannkuchenbackende Feen oder das komplette Universum des neuen Star-Wars-Films zu einem nach Hause. Es gibt nichts, was es nicht gibt!
Entsprechend anspruchsvoll sind auch unsere Eltern geworden, was die Kita- Feste angeht. In einer Elternratssitzung wurden wir sanft belehrt, wie toll es doch wäre, einfach mal jemanden „einzukaufen“, der mit den Kindern „was Tolles“ einstudiert. Mein Team und ich waren nicht sonderlich angetan von dem Gedanken, einen Fremden herzubestellen, der mit den Kindern eine Show trainiert. Das entspricht nun wirklich nicht unserem pädagogischen Selbstverständnis. Aber die Eltern ließen nicht locker: Bald stehe doch das Kita-Jubiläum an und den Kindern und Eltern solle mal etwas Besonderes geboten werden. Schließlich habe auch die Schule beim letzten Fest ein Event „eingekauft“. Das sei fantastisch gewesen und die „Professionalität“ der Abschlussveranstaltung habe die Eltern schwer beeindruckt. Nun waren mein Team und ich doch etwas gekränkt. Daraufhin schoben die Eltern rasch das Argument nach, wie toll es bestimmt auch für uns wäre, nicht selbst ran zu müssen und einfach mal machen zu lassen. Die Kosten trage außerdem der Förderverein ...
Nun gut, es sollte ja eine einmalige Aktion bleiben. Nach einigem Zögern willigten wir also ein. Wir gingen im Internet auf die Suche und waren perplex, was auf diesem Sektor so alles geboten wird. Langsam kamen auch wir auf den Geschmack. In Gedanken sah ich mich schon von einer Liege im Garten aus genüsslich das Treiben beobachten. Angesichts der Masse an Angeboten fühlten wir uns jedoch bald erschlagen. Da gab es das Projekt „Trommeln mit Musikpädagogen“. Meine Kolleginnen fanden, nur Trommeln sei für das Fest zu langweilig. Theater kam auch nicht infrage, wir hatten schon letztes Mal ein Stück aufgeführt. Zaubern? Für so viele Kinder? Nach langer Diskussion entschieden wir uns für ein Zirkusprojekt. Die Vielfalt der Rollen wäre groß und damit die Wahrscheinlichkeit, dass alle mitmachen können: als Ticket-Verkäufer, Dompteur, Tier, Akrobat oder Clown. Auch der Elternrat war von der Idee angetan. Der Förderverein ließ sich nicht lumpen und buchte das volle Paket: 5 Tage Training mit Zirkuspädagogen plus Abschlussveranstaltung in einem echten Zirkuszelt.
Als es so weit war, kam alles ganz anders. Nicht ran müssen? Die Zirkuspädagogen machen lassen? Einfach mal ein Event konsumieren? PUSTEKUCHEN! Wir waren voll im Einsatz und das mehr als sonst. Die Kunststücke, die die Kinder am Vormittag mit den Zirkuspädagogen erarbeiteten, mussten wir nachmittags mit ihnen weiter üben, damit sie bei der Abschlussveranstaltung auch saßen. Mit den älteren Kindern arbeiteten wir an den Kulissen, dachten uns die einzelnen Programmpunkte aus, schrieben Texte und kümmerten uns um Kostüme, Schminke, Musik und, und, und. Nach drei Tagen sehnten wir das Ende herbei. Wir wussten jedoch: Die Erwartungen der Eltern waren hoch.
Das Zirkuszelt verhieß ein professionelles Programm. Wir gaben unser Bestes. Jana, unsere Zirkusdirektorin, machte ihre Sache wunderbar und hatte die Lacher auf ihrer Seite. Auch die Kunststücke klappten 1a. Am Ende waren wir stolz auf die Kinder und auf uns. Wir hatten etwas Tolles auf die Beine gestellt. Der Applaus wollte gar nicht mehr aufhören. Von den Eltern kam großes Lob. „Das war das beste Fest ever“, war sich auch der Elternrat einig. Wir fühlten uns richtig gut. Bis der entscheidende Satz der Vorsitzenden fiel: „Und nächstes Jahr buchen wir wieder was Schönes …“
Ihre
Petra Mönter