Leitung zwischen Kindern, Team und AktenordnernDie Studie „Bürokratie- und Verwaltungsaufwand in Kitas in Rheinland-Pfalz"

Gerade der gestiegene Bürokratie- und Verwaltungsaufwand macht deutlich, wie mangelhaft die Ausstattung und die Unterstützung von Kitas im Vergleich zu Schulen in diesem Bereich sind. Eine Studie, die hierzu von den Bistümern Limburg, Mainz, Speyer und Trier in Auftrag gegeben wurde, zeigt exemplarisch Entwicklungen auf, die sich auch auf andere Bundesländer übertragen lassen.

Während für Schulen Verwaltungsfachkräfte tätig sind und es zahlreiche Unterstützungseinrichtungen gibt, sind solche Support-Einrichtungen für Kitas längst nicht in dieser Fülle vorhanden. Der Einsatz von Fachberatung, die Regelungen zu Fort- und Weiterbildung und zur Qualität fallen sehr individuell und regional bzw. von Träger zu Träger unterschiedlich aus.

Gefühlten Mehraufwand mit Daten belegen

Mit den zahlreichen Neuerungen der letzten Jahre ging fast immer auch ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand für Kitas einher. Beispiel hierfür ist etwa der Nachweis der Impfberatung, der den Einrichtungen durch das Infektionsschutzgesetz aufgebürdet wurde. Weitere Bereiche sind Datenschutz, Dokumentation, Sicherheits- und Hygienevorschriften, Statistiken usw. In den Bistümern Limburg, Mainz, Speyer und Trier wollte man dies genauer wissen und beauftragte das Institut für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit – Rheinland-Pfalz (IBEB) mit einer Studie zum Bürokratie- und Verwaltungsaufwand aus Sicht der Leitungskräfte. Gezielt wurden deshalb in einer qualitativen Vorstudie (13 Telefoninterviews) und einer Online-Befragung von 123 Personen Leitungen kontaktiert. Diese sollten zum einen über mindestens zehn Jahre Erfahrung in ihrem Aufgabenbereich verfügen, um die Entwicklungen beurteilen zu können, und zum anderen in einer statistisch gesehen durchschnittlichen Kita arbeiten.

Um eine für ganz Rheinland-Pfalz verlässliche Aussage treffen zu können, wurden je Jugendamtsbezirk drei Leitungskräfte befragt. Der Rücklauf von 68 % zeigt das große Interesse am Gegenstand der Studie. Zwar waren durch dieses Vorgehen die mittleren Kitas (45 –75 Kinder) und die großen Kitas (> 76 Kinder) im Vergleich zum Landes- und Bundesdurchschnitt überrepräsentiert, doch lassen sich die Ergebnisse über Rheinland-Pfalz hinaus zumindest in den Tendenzen verallgemeinern.

Der Verwaltungsaufwand steigt

Zwar stimmten 62,1 % der Aussage zu, sie hätten keine Probleme mit Verwaltungsaufgaben und Bürokratie. Dass jedoch gleichzeitig 57,1 % bejahten, die Verwaltungstätigkeiten nicht innerhalb ihrer Arbeitszeit erledigen zu können, ist bedenklich. Denn in der Konsequenz kann dies nichts anderes bedeuten, als dass die Verwaltungsarbeit entweder auf Kosten der pädagogischen (Leitungs-)Arbeit geht oder in der eigenen Freizeit stattfindet und so der körperlichen Regeneration schadet.

Am deutlichsten haben nach Angaben der Leitungen in den letzten zehn Jahren Koordination und Umsetzung der Sicherheitsmaßnahmen, weitere Dokumentationsbereiche (nicht bezogen auf die Kinder) und der Aufwand für die Anmeldung der Kinder zugenommen. Insgesamt haben sich bei mindestens 65 % der Befragten die Aufgaben in allen Bereichen erhöht. Dabei wurde deutlich, dass dieser Zuwachs an Aufgaben auch als Belastung erlebt wird: Die Befragten konnten sich zwischen „belastend“ und „sehr belastend“ entscheiden; von einem Drittel wurde „sehr belastend“ angegeben.

Wer erledigt die Verwaltungsarbeit und wer sollte dies tun?

Zu den beiden Tätigkeitsbereichen Personalverwaltung/ Information/Zusammenarbeit und allgemeine Verwaltung wurde jeweils in einzelnen Aufgaben gefragt, wer diese Arbeit aktuell ausführt (IST) und wer diese nach Einschätzung der Leitung ausführen sollte (SOLL). Im ersten Tätigkeitsbereich werden die Aufgaben von mindestens 84 % der befragten Leitungskräfte selbst ausgeführt, punktuell gibt es geringfügige Unterstützung durch die Verwaltung beim Träger (IST). Im Bereich Meldungen und Informationen beispielsweise sehen die Leitungen zu einem guten Viertel jedoch die Verwaltung beim Träger in der Verantwortung (SOLL).

Noch deutlicher fallen die Unterschiede im Feld der allgemeinen Verwaltung aus. Bis auf den Bereich Dokumentation/Qualitätsmanagement liegt hier der IST-Anteil zu jeweils über 85 % bei den Leitungen. Hier verorten über 40 % der Befragten die Aufgaben z. B. in den Feldern administrative Verwaltung, erforderliche Meldungen oder Dokumentation aufgrund gesetzlicher Bestimmungen in der Verantwortung von Verwaltungskräften in der Kita.

Belastungen und notwendige Entlastungen

Neben den oben erwähnten Faktoren wurde nach weiteren Belastungen und notwendigen Entlastungen gefragt. Zu den wichtigsten Belastungen aus Sicht der Leitungen zählen:

  • Personalmangel und -ausfall, personelle Situation insgesamt (40 Nennungen); Beispiele: Fachkräftemangel, häufiger lang- und kurzfristiger Ausfall von Kolleg*innen, hohe Arbeitsbelastung für das Team.
  • Verwaltungsaufwand, der von außen an die Kita herangetragen wird (26 Nennungen); Beispiele: bürokratischer Aufwand, Verwaltung des Mangels im Hinblick auf personelle, räumliche und bauliche Aspekte.
  • Eltern und Familien: Ansprüche und Aufwand (19 Nennungen); Beispiel: in der Erziehung ihrer Kinder überforderte Eltern und daraus resultierend zahlreiche Gesprächstermine.

Aber auch die für die Leitung entlastenden Faktoren zeigen Notwendigkeiten auf:

  • Kompetenz und Unterstützung durch das Team (50 Nennungen); Beispiele: mitdenkende Mitarbeiter*innen, Zusammenhalt im Team.
  • Wertschätzende Unterstützung durch den Träger (43 Nennungen); Beispiele: Anerkennung durch Träger bzw. Gemeinde, Loyalität und „Rückendeckung“.
  • Ausstattung des Arbeitsplatzes, Ressourcen, Technik, Software (15 Nennungen).

Was ist zu tun?

Die beiden wichtigsten Befunde der Studie lauten: Die tatsächliche Leitungstätigkeit ist erheblich komplexer geworden und entspricht in den allermeisten Fällen bei Weitem nicht (mehr) den ursprünglichen vertraglichen Vereinbarungen zur Leitungsarbeitszeit. Die Befragung ergab eine deutliche Differenz von 72 % zwischen Vertrag und Leitungspraxis. Hier liegt die Lösung auf der Hand: eine Erhöhung des Leitungsdeputats. Der Blick auf die Personalnot darf jedoch nicht dazu führen, dass ein Mehr an Leitungsarbeitszeit zu Lasten des übrigen pädagogischen Personals geht. Grundlage der Bemessung sollte die tatsächliche Arbeitszeit „am Kind“ sein.

Der zweite wichtige Befund liegt in der hohen Belastung durch Verwaltungstätigkeiten. Beim Thema Verwaltungsaufwand geht es darum, kluge und zielführende Lösungen zu finden, wie die Unterstützung der Leitungskräfte ortsnah und effizient erfolgen kann. Insgesamt sollten Verwaltungstätigkeiten verschlankt bzw. auf das Notwendigste beschränkt und mithilfe einheitlicher Standards und Softwareprogramme erledigt werden. Und dies sollte dann professionelles Personal übernehmen.

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