Praxisanleitung muss extra vergütet werden!Ein Plädoyer von Christoph Kiefer

Es wird Zeit, dass Mentoring sich qualitativ etabliert und für die Beteiligten – im wahrsten Sinne des Wortes – auszahlt.

Praxisanleitung muss extra vergütet werden!
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Ausbildung am Lernort Praxis ist in weiten Teilen eine unentgeltliche Zusatzaufgabe, für die Anleiter*innen und Mentor*innen weder mehr Anrechnungsstunden noch Verfügungszeiten erhalten. Die zentrale Frage lautet also: Was kostet und bringt es, Auszubildende in der Kita aufzunehmen? Leider wird diese Frage fast nie gestellt, denn Praxisanleitung gilt als Aufgabe „on top“, ohne extra Vergütung. Aus personalwirtschaftlicher Perspektive lässt sich jedoch eindeutig sagen, dass die Ausbildung am Lernort Praxis mit qualifizierter Praxisanleitung einen messbaren Gewinn für Träger und Einrichtung bringt. Vorausgesetzt, sie ist gut organisiert und mit kleineren Investitionen ausgestattet.

Viele Betriebe klagen, dass die Ausbildung von Fachkräften zu viel Zeit und Ressourcen koste und unrentabel sei. Nicht berücksichtigt wird aber, dass schon Auszubildende eine Arbeitsleistung erbringen: im Durchschnitt und je nach Gegebenheiten 40 % der Arbeitsleistung einer ausgebildeten Fachkraft (vgl. Groß/Hüppe 2010, S. 10 ff.). Auf das Arbeitsfeld Kita übertragen veranschaulicht dieser Wert, dass ein Ausbildungsplatz mehr nutzt als kostet. Konkret ausgedrückt: Bei einer theoretischen Leistung von 40 % in Relation zur ausgebildeten Fachkraft erarbeitet ein*e Praktikant*in während eines 6-wöchigen Praktikums knapp 1.000 Euro für die Einrichtung. Da der Ausbildung zum/zur staatlich anerkannten Erzieher*in i.d.R. ein einjähriges Vorpraktikum vorgeschaltet ist, darf ein theoretischer Wert von deutlich mehr als 40 % angenommen werden, was den Nutzen für Einrichtung und Träger noch steigert. Weitere Vorteile der Ausbildung am Lernort Praxis sind für Kitas:

a) Während der Ausbildung:

  • Neue Ideen/Impulse,
  • mehr Perspektiven auf die pädagogische Arbeit,
  • aktueller Input aus der Lehre, dadurch:
  • Wissens-„Update“ bei Anleiter*innen/Mentor* innen,
  • Entlastung bei Projekten und Aufgaben,
  • kurzfristige Überbrückung personaler Engpässe.

b) Nach der Ausbildung:

  • Unmittelbar einsetzbare, qualifizierte Mitarbeiter* innen mit Betriebskenntnis,
  • keine Einarbeitungskosten,
  • geringeres Risiko falscher Personalauswahl,
  • „Bestenauslese“ durch frühe Bindung guter Praktikant*innen an die Einrichtung,
  • langfristige Sicherung des Fachkräftebedarfs.

Mithilfe dieser Berechnung lässt sich die Forderung nach Vergütung bzw. zusätzlichen Zeitressourcen für Praxisanleiter*innen/Mentor*innen argumentativ untermauern. Beispiel: Eine „Anleitungsstunde“ kostet den Stundenlohn der pädagogischen Fachkraft, sagen wir 16 €. Selbst wenn man der zuständigen Fachkraft 3 Stunden wöchentlich zur Verfügung stellte, beliefe sich die Summe nur auf 48 €. Legt man die theoretische Arbeitsleistung von 40 % eines/einer gut angeleiteten Praktikant*in zugrunde, bleibt ein deutlicher Gewinn für Träger bzw. Kita. Daraus lässt sich die zentrale Forderung ableiten, Praxisanleitung gesondert zu vergüten, um eine hochwertige Ausbildung am Lernort Praxis zu gewährleisten.

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