Mal eben zwei Kitas leitenAuch das noch!

Im Kita-Alltag kommt es immer wieder vor, dass die Leitung mit kleineren oder größeren Katastrophen zu kämpfen hat. Wie sie diese managen kann, zeigt unsere Reihe anhand von Beispielen.

Mal eben zwei Kitas leiten
© Nathalie Wiemer

Unsere Kita ist eine ganz besondere Einrichtung: Die insgesamt 124 Kinder – 100 davon Kindergartenkinder und 24 Krippenkinder – werden in zwei getrennten Häusern betreut. Organisatorisch und formal bilden diese beiden Häuser aber eine Einheit als sechsgruppige Einrichtung. Deshalb arbeiten meine Leitungskollegin aus dem anderen Haus und ich auch ganz eng zusammen. Mein Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Krippe, der meiner Kollegin auf der Kita. Viele Aufgaben, die täglich zu bewältigen sind, haben wir zweckmäßig untereinander aufgeteilt.

Eines Tages passierte, was zwangsläufig irgendwann passieren musste: Meine Leitungskollegin fiel krankheitsbedingt für längere Zeit aus. Sie hatte sich das Handgelenk gebrochen und von jetzt auf gleich musste ich beide Häuser allein leiten. Konkret hieß das für mich, über mehrere Wochen hinweg alles doppelt erledigen zu müssen.

In beiden Häusern beginnt der Tag natürlich immer mit dem Morgenkreis. Dort wird geschaut, wer anwesend ist, wer welchen Dienst übernimmt, welche Kollegin in welchen Raum geht usw. Auch die Dienstpläne beider Häuser müssen aufeinander abgestimmt werden, da sich die Fachkräfte gegenseitig vertreten. Um das für beide Teams gut hinzubekommen, musste ich ab sofort deutlich früher anwesend sein. Auch Dienstbesprechungen und Fortbildungen galt es, in beiden Häusern zu leiten.

Zuständigkeiten mal zwei

Da eine Krippe und ein Kindergarten natürlich jeweils ganz eigene Anforderungen stellen, waren auch die anstehenden pädagogischen Themen entsprechend unterschiedlich. Darauf musste ich nun jederzeit vorbereitet sein, was nicht gerade wenig Zeit in Anspruch nahm. Allerdings lag darin nicht unbedingt die größte Herausforderung.

Denn die meiste Anstrengung und Energie kosteten mich die zahlreichen Anfragen, die zu beantworten waren, die vielen Informationen, die im Hinterkopf zu behalten waren, und die vielen Wünsche, die erfüllt werden sollten. Eingehende Mails mussten auf zwei Computern beantwortet und Telefongespräche an zwei Apparaten geführt werden. Um die Arbeit in beiden Häusern einigermaßen zufriedenstellend bewältigen zu können, blieb mir nur das dauernde Pendeln zwischen Krippe und Kindergarten. In dieser Zeit wurde mir aber auch immer wieder bewusst, wie schön es ist, in einem Leitungsteam zu arbeiten und Aufgaben unter sich aufteilen zu können. An manchen Tagen bekam ich so viele Informationen, dass ich nach Feierabend am liebsten nichts mehr hören und auch nicht mehr sprechen wollte. So kräftezehrend war das Ganze. Zum Glück half mir nach so einem Tag oft der Gang ins Fitnessstudio, um dort so richtig ins Schwitzen und auf andere Gedanken zu kommen. So konnte ich meistens halbwegs genügend Kraft für den nächsten Tag sammeln.

Besonders schwierig wurde es, wenn zusätzlich noch krankheitsbedingt ein personeller Engpass bei den Fachkräften eintrat und ich im Gruppendienst einspringen musste. In solchen Situationen fühlte ich mich äußerst unwohl, weil ich natürlich genau wusste, wie viele dringende Leitungsaufgaben dafür liegen bleiben mussten. Und trotz des Gruppendienstes wurden selbstverständlich weder die Informationen, die mir als Leitung mitgeteilt wurden, noch die Anfragen, die an mich gestellt wurden, weniger. In solchen Situationen versuchte ich mich damit zu motivieren, dass sich die Welt auch weiterdreht, wenn ich nicht alles an diesem Tag schaffen würde. Denn natürlich hatten immer die Kinder den Vorrang.

Hilfsmittel und Selbstmanagement

Sobald der Gruppendienst dann wieder wegfiel und ich die beiden Häuser „nur“ leiten musste, wurde es auch wieder etwas einfacher. In dieser Zeit, in der ich allein und nicht im Leitungsteam gearbeitet habe, hat sich folgendes kleine Hilfsmittel gut bewährt: eine Checkliste zum Abhaken, welche Aufgaben absolute Priorität haben und welche momentan auch erst mal unerledigt bleiben können. Seitdem sind bei uns die Dienstpläne immer schon für einen größeren Zeitraum im Voraus geschrieben, damit ich das in einer solchen Notsituation nicht zusätzlich machen muss.

Freundlich, aber selbstbewusst auch mal „Nein“ zu sagen, wenn sich eine Anfrage gerade nicht beantworten lässt oder einem Wunsch in der jeweiligen Situation nicht nachgekommen werden kann, zählt für mich inzwischen zu den Kernkompetenzen von Leitung. Auch versuche ich, ruhig und gelassen zu bleiben, anstatt hektisch durch den Tag zu rennen. Meine Erfahrung: Sich positiv zu verstärken, dass die Notsituation zeitlich begrenzt ist und dass auch wieder entspanntere Zeiten kommen werden, hilft dabei, Durststrecken zu bestehen. Nach außen transparent zu sein und klare Ansagen zu machen, was in dieser Situation möglich ist und was nicht, kann ungemein entlasten. Auf diese Weise positiv zu bleiben ermöglicht es, die positive Energie auch an die Kolleg*innen weiterzugeben. Und dann kann ich am Ende des Tages auch mal stolz sein auf das, was ich heute so alles geschafft habe.

Nicht ohne das Team …

Was mir in der Ausnahmesituation mindestens ebenso geholfen hat, war die Bereitschaft meiner Kolleg*innen, mir auch Aufgaben abzunehmen, z. B. die Buchführung über die Zukaufstunden oder den Telefondienst. Das hat aber nur funktioniert, weil alle im Team ausgesprochen selbstständig arbeiten, jederzeit mitdenken, nützliche Ideen einbringen und sehr emphatisch sind. Und nicht zu vergessen ist die gute Laune, die wir uns trotz allem bewahrt haben. Wir lachen viel miteinander, was sozusagen als Ventil meinen Alltag oft sehr entlastet. Mögen die Zeiten aber auch noch so stressig sein, eins war und ist immer möglich, nämlich ein Kurzbesuch der Kinder bei mir im Leitungsbüro.  

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