Kitas sind mit großen Herausforderungen konfrontiert. Trotz Personalmangels, Fluktuation, zu voller Gruppen und oft anspruchsvoller Eltern wird von ihnen ein professionelles Qualitätsmanagement verlangt. Solche Faktoren treiben das subjektive Stressempfinden der Fachkräfte in die Höhe, was sich auf die Motivation, den Krankenstand und damit auch auf die Qualität der pädagogischen Arbeit auswirkt.
Ausgangslage
Zusätzlich zur Feedback-Kultur, zu Mitarbeiter* innengesprächen und organisatorischen Veränderungen, die Sie als Leitung initiieren, können Sie mit einer kleinen Übung in der Natur auch eine Art „Auszeit“ vom stressigen Alltag ermöglichen. Es geht dabei um ein Innehalten und „Auftanken“, indem die Beteiligten ein Gefühl von Gegenwartsbewusstsein erlangen. Die Natur bietet einen zweckfreien Raum für besondere Erfahrungen, die durch sich selbst wirken.
Anleitung
Gehmeditation oder Achtsamkeitsspaziergang Material: Jede*r Teilnehmer*in braucht eine Uhr (nicht die auf dem Handy), Schreibmaterial, evtl. Moderationskärtchen und Stifte für die gemeinsame Reflexion Gelände: Ein nahegelegenes Waldstück oder ein ruhiger Park mit wenig Publikumsverkehr Gruppe: Die Übung kann schon mit 2 Teilnehmer* innen durchgeführt werden Zeit: ca. 15 Minuten für die Gehmeditation und ca. 15 Minuten für die Einzelauswertung sowie ggf. zusätzliche Zeit für gemeinsame Auswertung. (Diese kann u. U. über eine Stunde dauern – je nachdem, wie intensiv sie ausfällt.)
Verlauf der Übung
Laden Sie Ihre Mitarbeiter*innen ein, sich für 15 Minuten einen Ort zu suchen, an dem sie allein, ungestört und vor allem ganz langsam durch die Natur gehen. Möglich und erwünscht ist dabei, auch immer wieder stehen zu bleiben, alles um sich herum wirken zu lassen, etwas, was ins Auge sticht, näher zu betrachten, es zu berühren oder daran zu riechen. Stellen Sie deutlich heraus, dass es bei der Gehmeditation darum geht, zu verlangsamen, aus dem Gedankenkarussell und Alltagsstress herauszukommen und die Natur mit allen Sinnen wahrzunehmen. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter*innen selbst auf die Zeit achten und bitten Sie sie, nach 15 Minuten an den vereinbarten Ort zurückzukommen. Dann gibt es weitere 15 Minuten Zeit, um sich (freiwillig) Notizen zu machen und Erlebtes nachwirken zu lassen. Für jede*n Teilnehmer*in ist es während der Gehmeditation wichtig, Kolleg*innen, die man evtl. unterwegs sieht, freundlich zu ignorieren, keinen Kontakt aufzunehmen, sondern bei sich zu bleiben und weiterzugehen.
Reflexion
Die anschließende Reflexion lässt sich in zwei Schritten gestalten, wobei Sie – ggf. in der jeweiligen Situation – entscheiden, ob der zweite Schritt erforderlich ist. Als erstes können die Teilnehmer*innen schriftlich für sich festhalten, was sie gerade erlebt haben. Dies muss nicht kommuniziert werden und kann als Selbsterfahrungserlebnis so stehen bleiben: ein Auftanken im JETZT in der Natur.
Falls Sie auch gemeinsam im Team reflektieren möchten, gehen Sie am besten auf die Meta- Ebene. Fragen Sie zunächst nach, wer die eigenen Gefühle und Gedanken bei der gerade gemachten Erfahrung mit den Kolleg*innen teilen möchte.
Als nächstes lassen Sie die Teilnehmer*innen auf einer Skala darstellen, wie „gestresst“ sie zurzeit im Alltag sind. Definieren Sie die Skala auf der einen Seite mit der Aussage „Stresst mich total“, in der Mitte mit „Mal so mal so“ und am anderen Ende mit der Feststellung „Ich bin eigentlich recht entspannt“. Die Einschätzungen machen sichtbar, dass sich meistens nicht alle an derselben Stelle auf der Skala verorten, sondern dass im Team ein unterschiedliches Level an Stress bzw. ein vielfältiges Stressempfinden zu verzeichnen ist. Sammeln und favorisieren Sie danach gemeinsam die drei stressigsten Situationen und schreiben Sie sie auf Moderationskärtchen. Lassen Sie die Kolleg*innen für jede Situation wieder auf der Skala einschätzen, wie sie den Stress jeweils subjektiv empfinden. Sie können nun kurze Interviews mit Ihren Mitarbeiter*innen führen und sie begründen lassen, warum sie wo auf der Skala stehen. Anschließend überlegen Sie, mit welchen kleinen Interventionen sich Anspannung und Hektik aus der betreffenden Situation herausnehmen lassen. Folgende Fragen können dabei hilfreich sein:
- Wie könnte es gelingen, etwas von den Eindrücken und Gefühlen, die Ihr vorhin bei der Gehmeditation hattet, in den Alltag und in solche Situationen mitzunehmen?
- Was könnte Euch entlasten, was nicht mit Rahmenbedingungen zu tun hat, sondern in Eurem Handlungsspielraum liegt?
- Was hilft Euch sonst im Alltag, weniger gestresst zu sein? Habt Ihr eigene Bewältigungsstrategien gefunden, z. B. im privaten Bereich?
- Gibt es eine Botschaft, die Euch die Natur vorhin mitgegeben hat, an die Ihr Euch in stressigen Situationen erinnern könntet?
Varianten
- Geben Sie den Mitarbeiter*innen den Impuls, sich bei der Gehmediation nacheinander auf die Sinne Hören, Sehen und Riechen zu konzentrieren. Also z. B. in einem ersten Schritt mit geschlossenen Augen alle Geräusche zu erfassen, als nächstes mit geöffneten Augen intensiv die Umgebung zu betrachten und zuletzt mit der Nase bewusst die Gerüche der Natur wahrzunehmen.
- Bieten Sie den Teilnehmer*innen die Möglichkeit, aus der Gehmediation einen Gegenstand mitzubringen, der in den 15 Minuten eine Bedeutung für sie gewonnen hat. Ein Naturgegenstand, der symbolisch für Entspannung, Ruhe und Verlangsamung stehen könnte. Ein solcher Gegenstand eignet sich dann im Alltag optimal als Erinnerungshilfe der Mitarbeiter*innen.