Zum Ende des Kindergartenbesuchs steht noch mal eine spannende Zeit für die künftigen Schulkinder an. Bei uns heißen sie im letzten Jahr „Schlaue Füchse“ und wir unternehmen mit ihnen mehr oder weniger abwechslungsreiche Ausflüge. Jedenfalls kommt mir persönlich das Programm nach so vielen Jahren irgendwie immer ähnlicher vor. Da sich die spontanen Ideen der Kinder aber oft mit unseren eigenen decken, liegen wir wohl doch nicht so ganz falsch. Klassiker schlechthin ist der Besuch in der benachbarten Polizeiwache. Die Beamt*innen sind jedes Mal sehr nett. Die Kinder dürfen sich aufs Polizeimotorrad setzen oder die Sirene im Einsatzfahrzeug einschalten. An einen bestimmten Ausflug zur Polizei erinnere ich mich noch sehr intensiv: Schon Wochen vorher wurden Utensilien wie Kelle, Mütze oder Hemd ausprobiert, die uns die Wache geschenkt hatte. „Halt! Hier darf niemand durch“, schallte es durch unsere Kita. Roman hielt die Polizeikelle hoch und sperrte den Weg zum Keller. Da zu der Zeit tatsächlich niemand hinunter durfte, zeigte Roman größtes Engagement. Seine Eltern wunderten sich nicht im geringsten, als ich ihnen davon erzählte, wollte Roman doch Polizist werden. Und so konnte er den Besuch bei der Polizei auch kaum erwarten. Am Tag des Ausflugs herrschte schlechtes Wetter – das Probesitzen auf dem Polizeimotorrad würde sicher ausfallen. Die Kolleg*innen waren gespannt, was sich die Polizist*innen sonst noch ausgedacht hatten. Roman ließ es sich nicht nehmen, Polizeihemd und -mütze anzuziehen. Fröhlich zog die Gruppe in Regenmänteln und Gummistiefeln los und kam nach einer halben Stunde pünktlich zum vereinbarten Termin in der Polizeidienststelle an. Nach der Begrüßung mit Apfelsaft und Keksen konnten die Kinder Fragen stellen und sich sogar eine Dienstwaffe anschauen. Roman war ganz in seinem Element: „Wenn du einen Verbrecher schnappst, kriegt er dann Handschellen um?“ – „Und kommt jeder Verbrecher ins Gefängnis?“ Die Kinder hatten ganz eigene Vorstellungen davon, wie es auf einer Polizeistation zugeht. Wie schon befürchtet fiel das Probesitzen auf dem Motorrad wegen des anhaltenden Regens aus. Stattdessen überraschte ein Polizist die Kinder mit der Ankündigung: „Heute habe ich was Besonderes für euch.“ Romans Gesicht glühte vor Aufregung. „Da ihr euch ja so für Verbrecher interessiert, dürft ihr ausnahmsweise unsere Gefängniszelle besichtigen.“ Die Kinder jubelten und folgten dem Polizisten aufgeregt in den Keller. Er öffnete eine Tür, die tatsächlich vergittert war, zu einem kleinen fensterlosen Raum mit Pritsche. Roman schien etwas enttäuscht. „Ihr dürft alle mal rein“, sagte der Polizist. Das ließen sich die Kinder nicht zweimal sagen und schwupps saßen sie auf der Pritsche. Während sich der Polizist und meine Kolleg*innen vor der Zellentür noch angeregt unterhielten, fiel sie plötzlich ins Schloss. „Diebe muss man einsperren“, mit diesen Worten hatte Roman die Tür resolut zugeschlagen. Noch fanden die Kinder das lustig, die Kolleg*innen ebenfalls. Verunsichert wurden sie erst, als der Polizist sichtlich nervös beschwichtigte: „Äh, alles o.k., nur keine Panik! Das kriegen wir hin!“, und nach oben verschwand. „Jetzt wollen wir aber wieder raus“, murrten einige Kinder. In dem engen Raum wurde es ihnen inzwischen langweilig. Doch so ganz erfassten die Kolleg*innen noch nicht, was passierte und warum der Polizist plötzlich weggelaufen war. Nach schier endlosen Minuten des Wartens kam er zurück. Die Zelle war seit einer Ewigkeit nicht mehr in Benutzung gewesen und so hatte auch seit Urzeiten niemand mehr den Schlüssel gesichtet. Doch nach dem Anruf bei einem Kollegen konnte er schließlich gefunden werden und die Kinder erlebten sozusagen ihre eigene Haftentlassung. Dieses Ereignis beschäftigte sie intensiv und auch Roman schwärmte noch lange davon. Für mich war der kleine Zwischenfall mal eine willkommene Abwechslung.
Herzliche Grüße
Ihre
Petra Mönter