Wie kam es dazu, dass Sie eine neue Kita mit aufbauen konnten?
Ich hatte schon viele Jahre eine städtische Einrichtung mit Kindergarten und Hortkindern geleitet, die dann in eine „Offene Ganztagsgrundschule“ umgewandelt wurde. Meine Vorgesetzten aus dem Rathaus fragten mich daraufhin, ob ich an der Leitung einer städtischen Krippe interessiert wäre. Geplant war ein kompletter Neubau, bei dem ich von Anfang an dabei sein könnte. Ich sagte sofort zu, knüpfte daran aber den Wunsch nach einer Zusatzqualifikation in Kleinstkindpädagogik. Bis dahin hatte ich immer nur mit Kindern über drei Jahren zu tun gehabt und spürte deshalb die Notwendigkeit, mich für die Arbeit mit Kindern unter drei Jahren fortzubilden. Meinem Wunsch wurde entsprochen und so konnte ich noch vor Eröffnung des Krippenhauses eine mehrmodulare Fortbildung absolvieren.
Wie ging es dann weiter?
Die Stadt Norderstedt beschäftigt eigens eine Architektin, die auch für die Baubetreuung zuständig ist. Sie legte uns sieben verschiedene Modellentwürfe vor, die ich dann mit meiner direkten Vorgesetzten sichten durfte. Letztlich entschieden wir uns für dasjenige Modell, das am besten zu einer Krippeneinrichtung passen würde: einen Bungalow mit Flachdach. Ein lang gezogener Flur sollte als Spielfläche und gleichzeitig als Rettungsweg dienen. Vom Flur zweigten die Gruppenräume ab, von denen immer zwei durch einen Wasch- und einen Schlafraum miteinander verbunden sein sollten. So könnten sich die Kolleg*innen gegenseitig aushelfen und gruppenübergreifend arbeiten. Nach dieser Entscheidung wurde es dann ernst und der Bau begann. Regelmäßig fuhr ich auf die Baustelle, um zu schauen, wie es vorangeht. Es war spannend, die Fortschritte mitzuverfolgen, denn es handelte sich um einen Fertigbau mit Bauteilen, in denen die Fenster beispielsweise schon angebracht waren. In jeder Bauphase machte ich auch Fotos, um den Entstehungsprozess zu dokumentieren und später anderen zeigen zu können.
Wie ist Ihr Träger vorgegangen und für welche Entscheidungen hat er Sie ins Boot geholt?
Bei der Planung des Gebäudes wurde ich befragt, was ich unter pädagogischen Aspekten gut und wichtig fände. Aber genauso wurde ich auch in die Materialauswahl einbezogen. Bei einem Treffen im Rathaus, an dem meine Vorgesetzte und ich teilnahmen, wurde das Farb- und Materialkonzept für den Bau präsentiert. Bei der Garderobe entschieden wir uns für vier verschiedenen Farben, die den vier Gruppen entsprechen sollten, damit sich die Kinder orientieren können. Die Farben waren in Pastelltönen gehalten, um nicht zu grell und unruhig zu wirken. Beim Material wurde viel Naturholz verarbeitet, was mir besonders gut gefiel. Die Decken der Gruppenräume bestehen aus Echtholz, damit sie optisch nicht so aufdringlich sind. Als Lärmschutzmaßnahme wählten wir einander gegenüberliegende Schallschutzplatten an den Wänden. Von den Fachleuten wurden wir hierbei wirklich gut beraten.
Was musste außerdem noch überlegt und entschieden werden?
Einen großen Part bildete das Außengelände, weshalb ich einige Telefonate mit einer Landschafts- und einer Gartenarchitektin führte. Beide favorisierten ein festes Motto und schlugen deshalb etwas mit Meer und Wasser vor. Ich gab jedoch zu bedenken, dass das nicht so ganz passt, weil das Meer ja ziemlich weit von uns entfernt ist. Unsere Kita liegt in einem Viertel, in dem alle Straßen Baumnamen tragen. Unsere Adresse ist der Buchenweg und in unserem Garten steht eine riesige Linde. Nach einigem Hin und Her konnten sich beide dann auf dieses Motto einlassen und so gestalteten sie das Außengelände mit einer Waldhütte, verschiedenen Schaukeln, einem Matschtisch sowie einem Kletterbogen. Baumstämme in der Sandkiste wurden zu Sitzmöglichkeiten. Als Name für das Krippenhaus fanden wir „Zauberwald“ sehr passend, was vom Rathaus so auch abgesegnet wurde.
Schwieriger gestaltete sich die Möblierung, zu der ich mir schon lange vorher Gedanken machte. Dabei kam mir zugute, dass ich während der Bauphase in einem anderen Krippenhaus der Stadt Norderstedt hospitieren durfte. Eifrig hatte ich mir dort alles notiert, was ich antraf: Vorhandenes, das sich bewährt hatte oder eher nicht so gut zum neuen Haus passte – angefangen von der Büroausstattung über die Zusammenstellung der Möbel bis hin zum Toiletteninventar. Auf diese Weise kamen unsere Bestelllisten zustande. Um eine Vorstellung von der Raumaufteilung zu bekommen, klebte ich Zeitungspapier in der Größe der bestellten Möbelstücke zusammen und legte es auf dem Boden aus.
Das formale Prozedere sieht vor, dass der Träger Angebote von drei verschiedenen Kita-Ausstattern einholen muss. Mir kam die Aufgabe zu, diese zu recherchieren, Angebote bei ihnen anzufordern und sie dann dem Träger vorzulegen. Regulär erfolgt danach die öffentliche Ausschreibung und das beste Angebot erhält den Zuschlag. Als die Entscheidung für einen Ausstatter feststand, kam dessen Vertreter zu mir ins Haus, der mich kompetent beriet und mir nützliche Empfehlungen geben konnte.
Auch mit der Sachbearbeiterin im Rathaus entwickelte sich eine richtig gute Zusammenarbeit, obwohl das Ganze für uns beide völliges Neuland war. Kleine Ausstattungsgegenstände für den täglichen Gebrauch konnte ich aber problemlos im Selbsteinkauf anschaffen.
Was waren die besonderen Stressmomente in dem Prozess?
Nachdem wir alle Bestellungen aufgegeben hatten, erhielt ich kontinuierlich Mitteilung vom Ausstatter, was voraussichtlich wann angeliefert würde. So stellte sich leider ziemlich schnell heraus, dass wir zeitlich zum Teil heftig in die Bredouille kommen würden. Die Abnahme des Hauses war auf Mitte Dezember 2020 terminiert, doch wichtige Utensilien wie Schlafmatten oder Auflagen für die Wickelkommoden konnten nicht bis dahin geliefert werden. Aber gerade die benötigten wir natürlich besonders dringend. Die Lieferung verzögerte sich immer mehr und letztlich bis in den April. Trotzdem begannen wir schon niedrigschwellig mit der Aufnahme von Kindern. Zum Glück konnte ich bei anderen Kitas Matten ausleihen und einige Mütter sponserten für die erste Zeit die Wickelauflagen.
Ein weiteres stressiges Erlebnis bescherten uns die bestellten Lätzchen, die im Katalog eigentlich gut ausgesehen hatten. Tatsächlich zeigte sich aber, dass sie zu klein waren und wegen ihrer Plastikbeschichtung auf der Rückseite nicht in den Trockner durften. Zwar musste ich bei allen Anschaffungen immer unser Budget im Hinterkopf behalten, das nicht unendlich war. Aber da Lätzchen zur Grundausstattung zählen, durfte ich neue bestellen. In solchen Momenten wurde mir bewusst, dass ich das alles zum ersten Mal machte und dass dazu dann wohl auch mal ein Fehlkauf gehört.
Intensive Gedanken musste ich mir darüber machen, wie viel wir wovon brauchen: wie viel Besteck und Geschirr – sowohl für Erwachsene als auch Kinder. Und dann passierte es, dass ich bei einem Anbieter zwar Besteck, aber kein Geschirr bestellen konnte. Also ging die Suche von vorn los – immer in der bangen Hoffnung, dass das Bestellte auch rechtzeitig ankommt.
Welche Aufgaben konnten Sie delegieren?
Da wir ja zu dem Zeitpunkt noch kein Team hatten, war es schwierig bis unmöglich, irgendetwas zu delegieren. Stattdessen stand ich in ständigem Kontakt mit der Sachbearbeiterin im Rathaus. Vieles überlegten und entschieden wir gemeinsam. Dass das Ganze aber so viel Arbeit machen würde, hätte ich nie gedacht. Andererseits fühlte ich mich wiederum auch geehrt, weil mir meine Vorgesetzten diese große Verantwortung zutrauten. Von meiner direkten Vorgesetzten bekam ich das Riesenkompliment, dass ich die Mammutaufgabe großartig bewältigt hätte. Ein positiver Nebeneffekt lag noch darin, dass ich im Rathaus eine Menge Menschen kennenlernen durfte, an die ich mich bei Problemen und Fragen zu den verschiedensten Sparten wenden kann – sei es Hausmeister, Technik, Reinigung oder Sonstiges.
Hat Ihnen die Zusatzqualifikation in Kleinstkindpädagogik geholfen, bei Ausstattung und Material fachlich fundierte Entscheidungen zu treffen?
Auf jeden Fall! Ich bin froh und dankbar, dass ich sie machen durfte, denn sie hilft mir jeden Tag. Sowohl der fachliche Input der Referentin als auch der Austausch mit anderen Teilnehmer*innen, die in Krippen arbeiten und von „Best Practice“ berichten konnten, waren eine Bereicherung. Beispielsweise wäre ich nie von selbst darauf gekommen, Porzellan- statt Plastikgeschirr zu bestellen. Viele Entscheidung hätte ich mit meinem Wissen über den Ü3-Bereich getroffen und nicht darüber nachgedacht, was speziell Kleinstkinder benötigen. Hilfreich war auch die Info, dass Kinder verschiedene Sitzmöglichkeiten brauchen. Deshalb gibt es bei uns jetzt kleine Holzhocker und kleine Stühle mit variablen Holzteilen, die sich davor schrauben lassen. Und wir haben Hocker, die sich als Sitzgelegenheit und Tisch eignen und rege genutzt werden. Überhaupt hat mir das Wissen um die individuellen Bedürfnisse von Kleinstkindern bei vielen Entscheidungen geholfen. Bei der Einrichtung und Gestaltung war mir noch wichtig, dass sich die Kinder viel bewegen können und viele Möglichkeiten haben, sich auszuprobieren.
Welche Kriterien haben Sie für die Anschaffung von Ausstattung und Materialien angesetzt?
Ich musste überlegen, was sich für Kleinstkinder eignet und ihren Entwicklungsbedürfnissen entspricht. Außerdem sollte das Material von guter Qualität sein, also echtes Holz statt Pressspan oder Plastik. Es sollte belastbar sein und nicht zu schnell verschleißen. Hierbei hat mich der Kita-Ausstatter fundiert beraten und mir geduldig sämtliche Fragen beantwortet. Dass die Farben nicht zu grell ausfallen, war mir wichtig, und gutes Spielmaterial wie etwa Tiere aus Holz, die realitätsgetreu gestaltet sind.
Wie klappte die Zusammenarbeit im neuen Team im Hinblick auf Räume und Material?
Wir waren im ständigen Austausch und immer wenn ich spürte, dass etwas nicht stimmig war, fragte ich nach. Nach einer Weile gaben mir die Mitarbeiter*innen auch eigeninitiativ Rückmeldung, etwa wegen der zu großen Erzieher*innentische, die wir dann kurzerhand wieder aus dem Raum entfernten. Wir mussten uns als Team komplett neu finden und dieser Prozess lief und läuft nebenher. Ich ermutige das Team immer, Missstände anzusprechen. Für konstruktive Kritik bin ich offen und nehme sie nicht persönlich. Vielmehr sehe ich sie vor dem Hintergrund, dass die Arbeit im pädagogischen Alltag praktikabel sein und sich bewähren muss.
Wo lagen für Sie die größten Herausforderungen in dem ganzen Prozess?
Bei der Bestellung von Büromaterial wusste ich nicht, was und wie viel ich wovon brauche. Ich fing quasi bei null an. Zu klären waren so banale Fragen wie: Mit wem muss ich mich wegen der Anschaffung eines Druckers absprechen? Und woher bekomme ich Druckerpapier? Tagelang habe ich Kataloge gewälzt und bin sämtliche Produkte durchgegangen unter dem Aspekt: Brauchen wir so was? Nach Eröffnung des Krippenhauses habe ich aber bei den Mitarbeiter*innen noch mal nachgehakt, ob etwas fehlt. Manches habe ich dann nachträglich im Möbelhaus gekauft.
Was empfehlen Sie Kolleg*innen in derselben Situation?
Besonders hilfreich fand ich es, auf Leute zugehen zu können, die schon über entsprechende Erfahrungen verfügen, und sie nach Tipps zu fragen: zum Beispiel andere Leitungen, aber auch Fachkräfte, die in der Praxis arbeiten. Es lohnt sich immer, sich die Zeit zu nehmen, andere Einrichtungen anzuschauen und dort nachzufragen, was gut klappt, was praktikabel ist und was auf keinen Fall zu empfehlen ist.