So schreiben Sie Beurteilungen & Zeugnisse rechtssicher

Aussagekräftig, fundiert, aber auch objektiv sollen Beurteilungen und Zeugnisse sein. Doch gibt es da nicht auch klare Vorgaben, wie Leitungskräfte sie verfassen müssen? Der Beitrag aus dem aktuellen Sonderheft benennt die wichtigsten.

So schreiben Sie Beurteilungen & Zeugnisse rechtssicher
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Zeugnisarten

Vorläufiges und endgültiges Zeugnis

Bei Zeugnissen wird – je nach Zeitpunkt der Ausstellung – zwischen dem Zwischenzeugnis und dem endgültigen Zeugnis unterschieden. Ein Zwischenzeugnis, das der Arbeitgeber unmittelbar nach einer Kündigung oder aber auf ausdrücklichen Wunsch der Mitarbeitenden ausstellt, wird auch als „vorläufiges Zeugnis“ bezeichnet. Form und Inhalt sind bei beiden Zeugnisarten identisch. Zwischenzeugnisse werden generell in der Gegenwartsform geschrieben, da die betreffende Person noch beim Arbeitgeber tätig ist. Bei zeitlicher Nähe zum Austritt kann das Zwischenzeugnis als endgültiges Zeugnis verwendet werden. Beurteilungsaussagen dürfen dann nicht ohne Grund erheblich abweichen. Ein Anspruch auf exakt die gleichen Formulierungen wie im Zwischenzeugnis besteht nicht. Im Gegensatz zum endgültigen Zeugnis bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht kein genereller Anspruch auf ein vorläufiges Zeugnis oder Zwischenzeugnis. Ohne Vorliegen einer Kündigung können Angestellte nur dann ein Zwischenzeugnis verlangen, wenn es einen triftigen Grund gibt. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) darf die Auslegung des Begriffes „triftiger Grund“ nicht kleinlich sein (Urteil vom 21.1.1993, Az.: 6 AZR 171/92).

Einfaches und qualifiziertes Zeugnis

Das einfache Zeugnis („Bescheinigung“) spielt kaum noch eine Rolle und beinhaltet lediglich die Art und Dauer der Tätigkeit. Die Aufgaben müssen so exakt, vollständig und wertfrei aufgelistet sein, dass anhand dieses Dokuments ein genaues Bild von der bisherigen Tätigkeit entsteht. In einem qualifizierten Zeugnis wird – über die Elemente des einfachen Zeugnisses hinaus – auch eine Beurteilung des Verhaltens und der Leistung vorgenommen. Grundsätzlich haben alle Arbeitnehmer:innen das Recht auf ein qualifiziertes Zeugnis, wenn sie es beantragen. Vorsicht ist dann angebracht, wenn jemand nur ein einfaches Zeugnis vorlegt, obwohl der Zeitraum der Beschäftigung eine Qualitätsaussage erlauben würde. Dann kann davon ausgegangen werden, dass die Leistungen in diesem Arbeitsverhältnis mangelhaft waren oder dass es Vorkommnisse gegeben hat, deren Erwähnung die Betreffenden vermeiden wollten. 

Rechtliche Fragen rund um das Zeugnis 

Besteht Anspruch auf ein Zeugnis?

Alle abhängig Beschäftigten haben bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Zeugniserteilung. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 109 Gewerbeordnung (GewO), der besagt:

  1. Arbeitnehmer:innen haben bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Arbeitnehmer:innen können verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.
  2. Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den/die Arbeitnehmer:in zu treffen.
  3. Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

Kann man das Zeugnis verweigern?

Ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitgebers besteht grundsätzlich nicht. Wegen Verletzung der Zeugnispflicht können Arbeitnehmer:innen Schadensersatzansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen (zum Beispiel bei erfolgloser Stellensuche wegen fehlenden Zeugnisses). Der Anspruch auf ein Zeugnis erlischt wie jeder andere schuldrechtliche Anspruch mit seiner ordnungsgemäßen Erfüllung (§ 362 I BGB).

Wann verjährt der Zeugnisanspruch?

Wie alle Ansprüche unterliegt auch der Zeugnisanspruch der Verjährung. Der Anspruch auf Ausstellung eines Arbeitszeugnisses (Zeugniserteilungsanspruch) oder auf Ergänzung beziehungsweise Berichtigung eines bereits ausgestellten Zeugnisses (Zeugnisberichtigungsanspruch) verjährt gemäß § 195 BGB nach drei Jahren. Ausnahmen bilden tarifvertragliche Ausschlussfristen, im öffentlichen Dienst zum Beispiel sechs Monate.

Wann müssen Sie das Zeugnis ausstellen?

Der Anspruch auf ein vorläufiges Zeugnis entsteht unmittelbar nach der Kündigung, egal von wem sie ausgesprochen wird. Das Zeugnis ist unverzüglich (in der Regel innerhalb von 14 Tagen) – also ohne schuldhaftes Verzögern – auszustellen. Das endgültige Zeugnis ist ebenfalls ohne schuldhaftes Verzögern auszustellen. Es kann von Arbeitnehmer:innen vom Zeitpunkt der Kündigung an verlangt und sollte zum Zeitpunkt des Austritts ausgehändigt werden.

Wer muss das Zeugnis ausstellen?

Grundsätzlich ist es Aufgabe des Arbeitgebers, ein Zeugnis auszustellen. Er kann dies jedoch, wenn er beispielsweise keinen Kontakt mit dem/der Arbeitnehmer:in oder keine fachspezifischen Kenntnisse hat, an andere delegieren. Es ist auch rechtlich einwandfrei, wenn Mitarbeiter:innen ihr Zeugnis selbst verfassen. Der Arbeitgeber macht das Zeugnis zu „seinem“, indem er es mit seiner Unterschrift versieht. Zeugnisse müssen aber nicht vom/von der Vorgesetzten persönlich unterzeichnet werden. Es genüge die Unterschrift einer den Arbeitgeber vertretenden Person, die dem Unternehmen angehört, urteilte das Bundesarbeitsgericht. Allerdings müsse im Zeugnis deutlich werden, dass diese vertretende Person dem/der Arbeitnehmer:in gegenüber weisungsbefugt war (Az.: 9 AZR 392/00).

Was darf nicht im Zeugnis stehen?

Aussagen über außerdienstliches Verhalten, Vorkommnisse aus dem Privatleben, Betriebsratstätigkeiten (Ausnahme: mehr als ein Jahr Freistellung), Schwangerschaft, Mutterschutz, Gewerkschaftszugehörigkeit, Parteimitgliedschaft, Nebentätigkeiten, Schwerbehindertenstatus, Gesundheitszustand, Straftaten (wenn sie nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen), Verdacht auf strafbare Handlungen, Teilnahme an Streikmaßnahmen/Aussperrung, Wettbewerbsverbote – all das darf keine Erwähnung finden. Außerdem darf ein Zeugnis keine doppelbödigen Formulierungen enthalten. Die Aussagen müssen eindeutig und verständlich formuliert sein. Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist es Arbeitgebern auch untersagt, die Zeugnisse mit Hervorhebungen wie Ausrufezeichen, Anführungszeichen oder Unterstreichungen zu versehen, die den Zweck haben, die betreffende Person in einer aus dem Wortlaut des Zeugnisses nicht ersichtlichen Weise zu charakterisieren.

Wann muss ein Zeugnis berichtigt werden?

Wenn Arbeitnehmer:innen sich im Zeugnis falsch oder nicht gerecht beurteilt fühlen, können sie vor Gericht auf Berichtigung des Zeugnisses klagen. Es war viele Jahre umstritten, ob sie in diesen Fällen darlegungs- und beweispflichtig sind, wenn sie in einem qualifizierten Arbeitszeugnis eine überdurchschnittliche Beurteilung anstreben. Entsteht ein Streit über die korrekte „Schlussnote“ und wird eine überdurchschnittliche Bewertung angestrebt, dann müssen Arbeitnehmer:innen Tatsachen darlegen und die bessere Leistung beweisen. Diese Rechtsprechung bestätigte das BAG in seiner Entscheidung vom 18.11.2014 (Az.: 9 AZR 584/13). Dem Arbeitgeber obliegt diese Darlegungs- und Beweislast erst, wenn er eine unterdurchschnittliche Beurteilung abgegeben hat. Als Durchschnitt kann im Allgemeinen eine Bewertung mit einem „befriedigend“ angesehen werden, sodass Kläger:innen den schwierigen Beweis erbringen müssten, besser gewesen zu sein und zum Beispiel die Bewertung „gut“ zu verdienen. Bei der Würdigung des Sachverhalts muss ein Arbeitsgericht darüber hinaus den Beurteilungsspielraum des Arbeitgebers berücksichtigen. Die Erfolgsaussichten der Klage hängen also immer davon ab, inwieweit die Parteien ihrer Darlegungs- und Beweislast genügen können: Arbeitgeber müssen belegen, dass die negative Beurteilung den Tatsachen entspricht. Umgekehrt müssen Arbeitnehmer:innen hingegen schlüssig darlegen, dass eine Verbesserung gerechtfertigt wäre. Sollte der Arbeitgeber diesem Anliegen nicht entsprechen wollen, muss er das durch eine Darlegung seiner Beweise begründen. Wie lange nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses Änderungen eingefordert werden können, ist nicht eindeutig geregelt. Das Bundesarbeitsgericht hat einen Anspruch auf Ergänzung und Berichtigung nach einem Zeitraum von zehn Monaten verneint, vor allem dann, wenn der Arbeitgeber beziehungsweise der/die Zeugnisaussteller:in währenddessen erreichbar war.

Es ist auch rechtlich einwandfrei, wenn Mitarbeiter:innen ihr Zeugnis selbst verfassen.

Berechtigte Gründe für ein Zwischenzeugnis

  • Eine wesentliche Änderung des Aufgabengebiets,
  • Versetzung und Beförderung,
  • Wechsel der Vorgesetzten,
  • Reorganisation der Einrichtung (insbesondere bei Führungskräften),
  • Nachweis für Fort- und Weiterbildung,
  • Elternzeit,
  • beabsichtigte Aufnahme eines zweiten Arbeitsverhältnisses (z. B. bei Teilzeitmitarbeiter:innen),
  • bevorstehendes Ausbildungsende,
  • Nachweis zur Vorlage bei Behörden und Gerichten,
  • Nachweis zur Stellung eines Kreditantrags (Bank).

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