Die harmonische Erziehungspartnerschaft mit den über 100 Familien wird in unserer Kita groß geschrieben. Aber es gibt Situationen, da gerät diese Harmonie auch schon mal ins Wanken. Und das nicht nur, wenn ich in den Tür- und Angelgesprächen mit der Analyse von Stuhlgangproblemen oder Zahnwechsel der Kinder konfrontiert bin.
Die Harmonie beginnt schon morgens um kurz nach sieben: Vor der Kita herrscht wieder Verkehrschaos. Da viele Kinder offenbar nicht mehr imstande sind zu laufen, müssen ihre Eltern sie per SUV bis vor die Tür chauffieren. Parken in der Feuerwehrzufahrt? Sind doch nur fünf Minuten! Gern schreien sich Eltern auch mal an, wenn zwei Stadtgeländewagen überraschend nicht aneinander vorbei passen. Hupt es dann noch, weil der Müllwagen wegen der Elterntaxis nicht durchkommt, bin ich vollends begeistert.
Sind alle Kinder eingetroffen, geht‘s munter weiter. Eine Mutter beschwert sich über den Abfall auf dem Weg zur Kita. Ob ich als Leitung den nicht mal einsammeln könnte – oder wenigstens der Stadt Bescheid geben? Und sie möchte auch wissen, was ich gegen den Hundekot auf den Wegen unternehmen werde. Dass diese gar nicht auf unserem Gelände liegen, ist ihr wohl gerade nicht präsent. Aber sie hat schon Recht. Und für die Erziehungspartnerschaft ist es natürlich gut, dass sie mich informiert.
Nachmittags kommt ein Vater mit einem „kurzen Anliegen“ auf mich zu. Er habe gehört, dass einige Kinder zum Reiten fahren, aber seine Tochter Samira nicht dabei sei. Das finde er unerhört. Seitdem würde sie nur noch weinen. Meint er die Samira, die gerade fröhlich kreischend an uns vorbeirennt? Freundlich erkläre ich ihm, dass der Bauernhof nur zwei Ponys besitzt, deren Rücken keinen Platz für 120 Kinder gleichzeitig bieten. Natürlich käme seine Tochter auch bald dran, versichere ich ihm. Das beruhigt den Vater spürbar und schließlich bedankt er sich für die großartige Erziehungspartnerschaft. Was hatte ich gesagt? Die pflegen wir hier gut.
So gut, dass nachmittags eine verzweifelte Mutter bei mir im Büro steht, ob ich mal fünf Minuten hätte. Ihr Kind verspüre nie Lust zu laufen. Dabei würde sie so gern etwas mit ihm unternehmen. Aber gegen jeden Vorschlag, zum Beispiel auf den Spielplatz zu gehen, würde ihr Kind protestieren. Komisch, denke ich: An Kita-Ausflügen nimmt es doch klaglos teil. Nach bestem Wissen gebe ich ihr Tipps, doch nur wenige Minuten später beobachte ich durch das Fenster, wie sie ihr Kind zum silbernen SUV trägt, der in der Feuerwehrzufahrt parkt.
Bevor ich den Arbeitstag beende, ruft noch ein Mitarbeiter vom Tiefbauamt an. So gehe es mit der Verkehrssituation vor der Kita nicht weiter, eröffnet er mir. Gemeinsam überlegen wir, was wir ändern könnten. Übrigens, sagt er, hätten sich Kita-Eltern bei ihm gemeldet, die dazu einen Arbeitskreis mit uns gründen möchten. Na, da sage ich doch glatt mal zu. Auf weiterhin gute Erziehungspartnerschaft!