Oh je! Zum fünften Mal hintereinander hat die vierjährige Kathrin beim Abholen vom Kindergarten eine nasse Hose. Sauberkeit war doch eigentlich längst kein Thema mehr - und jetzt das. Gab es nicht schon genug Arbeit und Aufregung wegen des bevorstehenden Umzugs? Besorgt und eine Spur ungeduldig fragt Andrea ihre Tochter, was denn eigentlich los sei. Statt wie sonst stumm den Kopf zu schütteln, schluchzt Kathrin diesmal: "Mama, ich habe solche Angst, dass ich in der neuen Stadt keine Freunde finde! Und wann kann ich Carlotta wiedersehen?"
Einschnitt in den Kinderalltag
Umzüge in eine andere Stadt, in eine andere Gegend sind angesichts der aktuellen Arbeitsmarktlage keine Seltenheit. Auch aus anderen Gründen zeigen sich Familien heute mobil und flexibel. Doch für Kinder bringt ein Ortswechsel eine große und einschneidende Veränderung ihres Alltags mit sich. Ihr sicherer Rahmen und ihre für das Wohlbefinden wichtigen Routinen werden zeitweise außer Kraft gesetzt. Kinder müssen Abschied von Freunden und vertrauter Umgebung nehmen und ängstigen sich oft vor dem Neuen. Dabei können sie ihren Gefühlen noch nicht adäquat Ausdruck verleihen. Kein Wunder, dass sie ganz unterschiedlich auf diesen Ausnahmezustand reagieren: Daumenlutschen, Einnässen, Aggressivität, Apathie, Schlaflosigkeit sind einige für Eltern beunruhigende Beispiele.
Um die Verlustängste möglichst gering zu halten, ist es umso wichtiger, Kinder frühzeitig mit den Umzugsplänen vertraut zu machen. An erster Stelle steht da die altersgemäße Erklärung, warum der Wohnortwechsel notwendig wird und was die Familie dabei gewinnen kann: etwa eine größere Wohnung, die Nähe zu den Großeltern, oder ein kürzerer Kindergarten- oder Schulweg. Und es kommt darauf an, einfühlsam mit den kindlichen Reaktionen umzugehen und verständnisvoll auf Fragen zu antworten. Die Kinder sollten verstehen, was um sie herum passiert und sich aktiv beteiligen können.
Da werden wir wohnen
Der Mietvertrag ist unterschrieben und Sie müssen jetzt in der neuen Wohnung die Zimmer ausmessen? Dann nehmen Sie Sohn und Tochter mit, damit sie sich frühzeitig ein Bild vom baldigen Heim machen können. Vielleicht haben die Kleinen gute Ideen für die Farbgestaltung oder die Einrichtung des Kinderzimmers? Je mehr Ihr Kind fühlt, dass es bei den Umzugvorbereitungen gebraucht wird, desto eher ist es bereit, diese Veränderung mit zu seiner Sache zu machen.
Bald heißt es Kisten packen. Auch hier können Kinder sich beteiligen und ihr Spielzeug selbst verstauen. Dann wissen sie, dass die Kuscheltiere nicht für immer verschwinden, sondern in neuer Umgebung wieder auftauchen werden. Rückt der Tag des Umzugs näher, ist es Zeit für eine Abschiedsparty - die Gelegenheit, noch einmal Freunde und Bekannte der Familie zu treffen, die neue Adresse zu verteilen und erste Besuchstermine für die Kinder zu vereinbaren.
Der Umzugswagen rollt an
Umzugstage sind in der Regel Chaostage. Die Eltern müssen sich um tausenderlei Dinge kümmern und es herrscht hektisches Hin und Her. Um sich nicht im Weg zu fühlen, sind gerade kleinere Kinder am Tag X besser bei den Großeltern oder anderen vertrauten Menschen aufgehoben.
Gestalten Sie Ihre Umzugsorganisation so, dass das Kinderzimmer als Erstes wieder hergerichtet wird. Damit das Ausmaß der Veränderungen im Rahmen bleibt, verzichten Sie für diesen Bereich auf neue Einrichtungsgegenstände. Das vertraute Mobiliar und die lieb gewonnenen Dinge tragen dazu bei, dass Ihre Kleinen sich möglichst bald geborgen fühlen und sich gut in die neue Umgebung eingewöhnen.
Die erste Zeit im neuen Zuhause
Jetzt geht es ans Einleben. Gönnen Sie sich und Ihren Kindern einen langsamen Einstieg - wenn möglich, mit einem verlängerten Umzugsurlaub. Dann können alle etwas zur Ruhe kommen, vielleicht schon die ersten Erkundungen in der unbekannten Umgebung unternehmen.
Nun ist auch wieder Zeit genug, sich bei den alten Freunden zu melden. Ihr Kind wird mit Freude merken, dass die lieb gewonnenen Spielkameraden nicht aus der Welt sind, dass man sich sehen, schreiben oder miteinander telefonieren kann. So wird der direkte Verlust erträglicher. Wenn dennoch bestimmte Verhaltensauffälligkeiten länger anhalten, sollten Sie nicht zögern, sich vorübergehend professionelle Hilfe zu holen. Doch im Normalfall werden sich nun nach und nach neue Kinderfreundschaften entwickeln - im Kindergarten, im Sportverein oder in der Musikschule. Wenn Sie dies unterstützen und beispielsweise die neuen Freunde Ihrer Kinder nach Hause einladen, tragen Sie dazu bei, dass sich die Welt der Kleinen schnell wieder stabilisiert und sie fröhlich im Hier und Jetzt ankommen können.
Infos im Internet unter: www.umzugsratgeber.net