In manch einer Familie kommt der Gedanke auf, dass es doch ganz schön wäre, Menschen anderer Nationalitäten näher kennenzulernen, und das nicht nur stunden- oder tageweise, sondern integriert in das alltägliche Familienleben. Gleichzeitig gibt es weltweit viele junge Leute, vor allem junge Frauen, die ebenfalls Interesse daran haben, in eine ihnen eher fremde Nationalität "hineinzuschnuppern" und ihre Sprach-
kenntnisse zu verbessern. So kommt es, dass es die sogenannten Au-pairs gibt. Der Begriff "au pair" kommt aus dem Französischen und bedeutet "auf Gegenseitigkeit". Dies sollten Familien, die sich überlegen, ein Au-pair bei sich aufzunehmen, immer bedenken: Ein Au-pair ist immer ein Familienmitglied auf Zeit und keine billige Hausangestellte!
So sollte es nicht sein
An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass für viele Frauen - heute insbesondere aus osteuropäischen Ländern - Au-Pair eine Tür in den Westen geworden ist, durch die sie von Agenturen hineinkanalisiert werden. Hier blüht wie im Falle der Heiratsmigration das kommerzielle Vermittlungsunwesen mit hohen Gewinnspannen und zum Teil sehr ausbeuterischen Praxen, die in die Nähe des Frauenhandels rücken.
kizz Info
Vorüberlegungen
Bevor sich eine Familie entscheidet, ein Au-pair aufzunehmen, sollten alle gemeinsam einige grundsätzliche Überlegungen anstellen:
- Wird die Idee, ein Au-pair aufzunehmen, von allen, vor allem von den Kindern, akzeptiert?
- Wollen und können alle ein Au-pair als "Familienmitglied auf Zeit" in die Familie integrieren?
- Steht dem Au-pair ein eigenes Zimmer zur Verfügung ?
- Kann die Familie die finanzielle Mehrbelastung tragen?
- Sind sich alle darüber im Klaren , dass ein Au-pair auf keinen Fall wie eine Angestellte behandelt werden darf?
- Kann die Familie im Notfall ihren Alltag auch ohne Au-pair bewältigen ? (z.B. bei Krankheit oder Urlaub des Au-pairs)
Und es ist eine Tatsache, dass viele Frauen, die als Au-pair in eine Familie kommen, keinesfalls als Familienmitglied auf Zeit angesehen werden. Oft sind Arbeitstage von früh bis spät abends keine Seltenheit. Dazu kommen noch Schikanen, wie das Verbot, mit der Familie zusammen zu essen oder die Waschmaschine mit zu gebrauchen. Auch sexuelle Belästigungen und Übergriffe gehören zum privaten Arbeitsplatz "Familie". (vgl. Sabine Hess: Au Pairs - die postmodernen Dienstmädchen, in: Diskus: home sweet home. 2/2000). Jede Familie, die eine junge Frau oder einen jungen Mann in ihre Familie aufnehmen will, sollte sich daher kritisch hinterfragen, aus welchen Gründen sie dies will, und sich auf jeden Fall eine seriöse Vermittlungsagentur suchen.
Was machen Au-pairs?
Ein Au-pair-Aufenthalt ist in erster Linie ein Sprach- und Kulturaufenthalt, dauert im Regelfall ein Jahr und ist kein Ferienjob oder eine Tätigkeit zum Geldverdienen im Ausland (nebenbei Geld zu verdienen ist Au-pairs nicht erlaubt). Die Frauen und Männer, die für ein Jahr als Au-pair in einer Familie leben, unterstützen diese bei leichten Hausarbeiten und vor allem bei der Kinderbetreuung. Die Arbeitszeit darf 30 Stunden pro Woche nicht überschreiten bei mindestens eineinhalb zusammenhängenden freien Tagen pro Woche. Das Au-pair bekommt dafür ein Taschengeld von derzeit 260 Euro. Innerhalb des einen Jahres hat ein Au-pair den Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub von 4 Wochen (bei kürzerer Tätigkeit 2 Werktage pro vollem Monat) und auf Versicherung durch die Gastfamilie für den Fall der Krankheit, Schwangerschaft und Geburt sowie eines Unfalls. (vgl. Verein für internationale Jugendarbeit)
Wie findet man die passende Au-pair-Agentur ?
Es gibt viele Agenturen, und die meisten sind mittlerweile auch im Internet vertreten. Manche, überwiegend regional arbeitende Vermittler, inserieren auch in örtlichen Tageszeitungen. Da Au-pair-Agenturen keine besondere Zulassung mehr besitzen müssen, ist nicht bei jeder Seriosität garantiert. Am besten verlässt man sich auf die Agenturen, die Mitglied im Bundesverband der Au-pair Agenturen, Gastfamilien und Au-pairs sind, da von diesem Qualitätsstandards verlangt und überprüft werden. Die vermittelnde Agentur muss dafür sorgen, eine Auswahl an BewerberInnen in ihrer Kartei zu haben. Sie sollte die Daten der BewerberInnen so sorgfältig wie möglich erheben. Sie berät die Interessenten im Vorfeld und bei der Auswahl eines Au-pairs. Die Agentur erstellt die erforderlichen Unterlagen, korrespondiert mit ausländischen Partneragenturen bzw. mit den Bewerbern und stellt den unmittelbaren Kontakt zwischen der Familie und dem zukünftigen Au-pair her. Sie kümmert sich um Probleme mit den Behörden, was derzeit fast die Hälfte der Arbeitszeit der Vermittler ausmacht. Die vermittelnde Agentur berät und betreut sowohl Familie als auch Au-pair nach dessen Ankunft 12 Monate lang und hilft, eventuell auftretende Probleme zu meistern. Daher ist das wichtigste Auswahlkriterium das absolute Vertrauen zur Agentur.
Für wen entscheidet sich die Familie ?
Da es nicht nur weibliche Au-pairs gibt, sondern sich in zunehmendem Maße auch junge Männer um Au-pair-Stellen bewerben, sollten vor allem Familien, in denen Jungen betreut werden, durchaus in Erwägung ziehen, auch einen jungen Mann einzuladen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Vorurteile im Bezug auf Hausarbeiten und Kinderbetreuung in den meisten Fällen unbegründet sind. Auf jeden Fall sollten ein oder zwei gemeinsame Hobbys vorhanden sein, da dies ganz wesentlich die Integration in die Familie erleichtert und ein erster "Draht" zu den Kindern sein kann. Das Au-pair sollte der Familie schon von den Unterlagen her sympathisch sein. Vor der endgültigen Entscheidung sollte auf jeden Fall noch ein ausführliches Telefonat mit dem zukünftigen Au-pair geführt werden, in dem geklärt werden kann, ob sich die gegenseitigen Erwartungen entsprechen, die Sprachkenntnisse genügen und sich der erste Eindruck im persönlichen Gespräch gegenseitig bestätigt. Sollten diese erfüllt sein, kann das zukünftige Au-pair eingeladen werden und die Agentur die erforderlichen Papiere erstellen.
Der Behördengang
Das Au-pair muss nun mit den Einladungspapieren bei der deutschen Vertretung in seinem Heimatland ein so genanntes Au-pair-Visum beantragen. Dieser Antrag geht zunächst zur Überprüfung an das Bundesverwaltungsamt in Köln. Von da aus wird er an die jeweils zuständige Ausländerbehörde weitergeleitet. Die Ausländerbehörde holt nun von dem Arbeitsamt, das für den Wohnort der Familie zuständig ist, eine vorläufige Zusage zur Arbeitserlaubnis ein. Die Familie muss bei der Ausländerbehörde mit verschiedenen Unterlagen vorsprechen. Haben Arbeitsamt und Ausländeramt dem Visumsantrag zugestimmt, geht diese Zustimmung zurück an die Botschaft und das Au-pair kann das Visum abholen und abreisen. Die Familien sollten auch hierbei bedenken, dass solch ein Vorgang bis zu drei Monaten dauern kann, in Ausnahmefällen sogar noch länger. Hier wird dann, wenn nötig, die Agentur aktiv.
Das Familienmitglied auf Zeit ist da
Das Au-pair sollte selbstverständlich am Flughafen, Bahnhof oder Bus abgeholt werden. Hierbei nimmt die Anwesenheit der Kinder oft die erste Scheu. Die junge Frau oder der junge Mann sollte auf jeden Fall merken, dass sie / er willkommen ist: Ein paar Blumen auf dem Zimmer, eine kleine Schale mit Süßigkeiten und ein von den Kindern gemaltes Willkommensbild wirken hier oft Wunder. Insgesamt ist es besonders am Anfang wichtig, dem neuen Familienmitglied zu zeigen, dass es Zeit zur Eingewöhnung hat, dass die Familie ihm Interesse entgegenbringt und dass es mit allen Fragen zu jedem Familienmitglied kommen kann.
Alle sollten offen über die gegenseitigen Vorstellungen und Erwartungen sprechen. Das Au-pair sollte ruhig und sorgfältig in den Haushalt und die Abläufe im Familienleben eingewiesen werden sowie Funktion und Bedienung der technischen Geräte erklärt bekommen.
Wenn alle Beteiligten berücksichtigen, dass "au pair" "auf Gegenseitigkeit" bedeutet, kann der Aufenthalt für das Au-pair und für die Familie zu einem tollen Jahr werden, in dem echte Zuneigung und Freundschaft entstehen kann und in dem man viel voneinander lernt."