Regina Kebekus ist Diplom-Theologin, Mediatorin und Trainerin für Paarkommunikation. In der Diözese Freiburg arbeitet sie als Kursleiterin in einem Programm, das in der katholischen Kirche von fast allen Diözesanstellen für Familienseelsorge bundesweit angeboten wird.
EPL (Ein Partnerschaftliches Lernprogramm) ist ein Kurs für Paare mit kürzerer Beziehungsdauer und geht über ein Wochenende. KEK (Konstruktive Ehe und Kommunikation) richtet sich an Paare, die länger zusammen sind (ab ca. fünf Jahren) und geht über zwei Wochenenden. Das Programm stammt aus den USA und wurde für Deutschland am Institut für Forschung und Ausbildung in Kommunikationstherapie in München umgearbeitet. kizz sprach mit Regina Kebekus über ihre Arbeit als Trainerin.
Welche Paare können an einem solchen Training teilnehmen?
Alle Paare, die etwas für ihre Beziehung tun wollen, die wieder neu miteinander ins Gespräch kommen wollen und bereit sind, sich auf ein direktes Paargespräch mit dem anderen einzulassen.
Was für Paare kommen zu den Kursen? In welcher Situation befinden sie sich?
Das ist unterschiedlich. Wir haben Paare, die deutlich in einer Krise sind und auch sagen, dass es nicht gut läuft. Zunehmend kommen auch Paare aus den Beratungsstellen, denen die EheberaterIn zum Beispiel empfiehlt, ihre Gesprächsfähigkeit zu verbessern. Und dann haben wir auch Paare, die bewusst sagen, wir wollen etwas für unsere Beziehung tun und haben das Gefühl, wir könnten eine Unterstützung gebrauchen.
Was kostet so ein Training für die Paare?
Ein EPL-Kurs kostet im Moment € 92, Freitag Abend bis Sonntag, und ein KEK-Kurs kostet € 163, der geht dann über zwei Wochenenden, jeweils ohne Übernachtung. Wir können die Kurse nur zu diesem Preis anbieten, weil sie finanziell von Seiten der Diözesen unterstützt werden.
Haben Paare Hemmungen, das Angebot anzunehmen?
Das ist unterschiedlich, was Männer und Frauen angeht. Die Frauen sind in der Regel sehr viel bereiter, sich darauf einzulassen. Sie sind oft auch diejenigen, die zu den Informationsabenden kommen. Wir haben in den Kursen öfter Männer, die werden so mitgeschleift. Die sind eigentlich auch bereit, etwas in die Beziehung zu investieren, aber doch auch ein bisschen skeptisch und abgeneigt. Das löst sich aber meistens am ersten Abend bzw. im Gesamtverlauf des Kurses auf, wenn sie merken, wie hoch auch ihr Profit aus den Gesprächen ist.
Das Training basiert ja auf der Annahme, dass die Qualität einer Beziehung maßgeblich von der Kommunikation abhängt. Warum ist es so wichtig, wie Partner miteinander reden?
Kommunikation ist im Laufe der Jahre immer wichtiger geworden. Früher lebten Paare ganz anders, die waren zum Beispiel mehr eingebettet in Großfamilien und hatten viel mehr Kontakte. Ein Paar, das mit einer großen Verwandtschaft lebte, war nicht so sehr darauf angewiesen, alles mit dem Partner teilen zu können. Und je mehr sich das verändert hat, je mehr es zu einer Individualisierung von Beziehungen gekommen ist, desto mehr stiegen natürlich auch die Ansprüche an den Lebenspartner. Es wird immer wichtiger, Wünsche und Hoffnungen mit dem anderen teilen zu können. Und das geht in der Regel nur über Sprache.
Was sind sehr häufige Kommunikationsprobleme, die Paare haben?
Es ist oft ein Mann-Frau-Problem. Wir erleben ganz häufig das Muster, dass die Männer eher ruhiger und schweigsamer sind und viele Dinge mit sich selbst ausmachen. Frauen haben andere Bedürfnisse und reden anders. Frauen erzählen zum Beispiel viel, was ihnen passiert ist, wen sie getroffen haben, was sie gemacht haben. Männer sortieren schon im Vorfeld mehr aus, sind also schweigsamer. Zudem sind Männer es auch nicht so gewohnt, ihre Gefühle zu äußern. Wir Frauen haben das einfach mehr gelernt und sind da trainierter. Dann ergibt sich oft in Gesprächen die Situation, dass Frauen ganz viel reden und die Männer immer schweigsamer werden, dass also die Gesprächsanteile nicht mehr stimmen. Das führt zu einem "Teufelskreis": Je mehr der eine spricht, desto schweigsamer wird der andere.
Wie läuft so ein Training ab? Was lernen die Paare?
Am ersten Abend beginnen wir Trainer mit einem Rollenspiel. Wir zeigen den Teilnehmern eine Situation live aus dem Beziehungsalltag, in der Kommunikation ganz schief läuft. Anhand dieser Szene entwickeln wir gemeinsam die Gesprächsregeln. Dabei unterteilen wir Sprecher- und Zuhörerregeln, jeweils fünf. Dann fangen die Paare mit einem Rollenspiel an. Sie bekommen ein fremdes Thema, zum Beispiel "Was würde ich mit 10 000 Euro machen?", und sollen anhand der Regeln über das Thema sprechen. Der Sprecher hält sich nur an die Sprecherregeln, spricht von sich, muss möglichst konkret sein. Der Zuhörer sitzt da, hört wirklich nur zu und hält sich genau an seine Rolle. In den ersten zwei Sitzungen wird das trainiert, zum Abschluss dann schon an einem eigenen Thema. Da wird es meistens schwieriger, weil die Leute selber betroffen sind.
Die dritte Einheit heißt "Probleme lösen". Da bekommen die Paare ein Schema, anhand dessen sie gemeinsam Lösungsvorschläge zu einem Problem entwickeln. Und so geht das schrittweise weiter. Danach kommt das Thema "Erwartungen an die Ehe" oder "Erwartungen an die Beziehung" und dann, im EPL-Kurs, das Thema Sexualität. Das ist die Einheit, bei der die Paare die Möglichkeit haben, uns als Trainer draußen zu lassen. Sie bekommen eine rote Karte, die können sie uns zeigen und dann allein miteinander sprechen. Die letzte Einheit trägt die Überschrift "Was mir im Leben wichtig ist", meine Wertorientierungen und meine Quellen, aus denen ich lebe.
Fällt es manchen Paaren innerhalb des Kurses schwer, offen zu sein?
Die Paare bekommen jedes ein Zimmer für sich und müssen nur bereit sein, zum Gespräch einen Trainer oder eine Trainerin zuzulassen. Dadurch ist ihre Intimität gewahrt. Wir Trainer sitzen dabei und achten auf die Einhaltung der Kommunikationsregeln; wir geben Hilfestellungen, was die Form des Gesprächs betrifft. Wir mischen uns nicht inhaltlich ein, wir geben keine Ratschläge oder agieren in irgendeiner Form therapeutisch. In der großen Gruppe findet kein Austausch darüber statt, was die Paare miteinander besprochen haben, da geht es nur darum, wie sie mit den Gesprächsregeln zurechtgekommen sind.
Was entwickelt sich im Laufe von so einem Wochenende? Welche Erfahrungen machen die Paare?
Die Paare berichten oft, dass sie in den letzten Jahren nie mal so viel Zeit miteinander verbracht haben wie an dem Wochenende. Im Kurs machen sie die Erfahrung, sehr lange Zeit miteinander zu sprechen, zum Beispiel wirklich zwei Stunden über ein Thema, das haben sie ja im Alltag sonst nie.
Was sie berichten ist, dass es zum einen mühevoll ist. Eine Regel, die oft schwer fällt, ist das Zusammenfassen beim Zuhören. Das ist eine ganz wichtige Regel. Der Zuhörer muss dasitzen und aufmerksam zuhören, was der andere oder die andere sagt, und dann soll er das wiedergeben, was er verstanden hat. Viele machen die Erfahrung, dass sie oft nur die Hälfte mitkriegen, weil sie mit der anderen Gedankenhälfte schon bei ihrer eigenen Meinung sind. Dann haben sie aber irgendwann den Bogen raus, weil sie merken, es gibt eine Brücke zueinander. Es ist ein Wechselspiel und das führt in der Regel zu einer stärkeren Verbundenheit.
Was ist das Ziel dieser Trainings? Was sollen die Paare von dem Wochenende mitnehmen?
Die Paare sollen durch einen Kurs befähigt werden, ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen angemessen ausdrücken zu können und auf der anderen Seite angemessen zuhören zu können, was der andere ihnen mitteilt. Die Idee, die dahinter steckt, ist im Grunde, durch verbale Kommunikation im Kontakt miteinander zu bleiben und zu wissen, was dem anderen wichtig ist, was ihm weh tut, womit er sich gerade beschäftigt. Das ist beziehungsfördernd und es führt zu einer tieferen Verbundenheit und zu einer Stabilität der Beziehung, weil ich als Person mit meinen Wünschen und Hoffnungen vom Partner gehört und verstanden werde.
Was kennzeichnet Ihrer Meinung nach ein wirklich gute Paarkommunikation?
Das wichtige sind natürlich die Gesprächsregeln, wobei ich sagen muss, dass nicht jedes Gespräch nach solchen Regeln ablaufen kann. Wir verstehen die Regeln mehr als ein Handwerkszeug, das Paare anwenden, wenn es gerade kribbelig wird. Nicht jedes Gespräch kann so geführt werden, wie wir das im Kurs trainieren, das wäre auch unecht. Es ist auch wichtig, sich mal zu streiten und richtig zu fetzen. Aber Paare, die dieses Handwerkszeug gelernt haben, die schaffen eine Deeskalation nach einem Streit und finden einen Weg, wieder miteinander ins Gespräch zu kommen. Der Streit ist dann nicht das Ende, sondern der Anfang eines Gesprächs.
Die Fragen stellte Julia Ubbelohde.