Weihnachten ist das Fest der Familie. Doch in vielen Familien ist das Beisammensein an den Feiertagen nicht frei von Stress: Getrennt lebende Paare fragen sich, ob sie noch zusammen feiern sollen - der Kinder wegen. Rund 1,5 Millionen Kinder leben nach Berechnungen des Deutschen Jugendinstituts in München inzwischen mit einem leiblichen Elternteil plus neuem Partner und unterschiedlich vielen "Stiefgeschwistern". Das bleibt nicht ohne Folgen für das Weihnachtsfest. Die Logistik stellt hohe Anforderungen an alle Beteiligten. Wer feiert mit wem und welchen Kindern in welchem Zuhause und mit welchen Großeltern?
Wann feiert wer bei wem?
Im Organisieren der Feiertage hat Sabine inzwischen Erfahrung. Aus erster Ehe hat sie drei Kinder: Max (10), Fritz (8) und Marie (6). Nach ihrer Scheidung vor vier Jahren ist sie mit dem Trio in das große Haus ihrer Tante gezogen. Ein Jahr später lernte Sabine Werner kennen und lieben. Bereits nach anderthalb Jahren zog er mit seinen Kindern Lennart (9) und Charlotte (13) ebenfalls in die Vorstadtvilla ein. Sohn und Tochter stammen aus Werners geschiedener Ehe mit Caro und waren genau wie die anderen Kids anfangs wenig begeistert von der Vorstellung, auf einen Schlag Teil einer Großfamilie zu sein. "Für unser erstes gemeinsames Weihnachtsfest hatten wir die tollsten Pläne", erinnert sich Sabine. Doch stattdessen gab es nur Streit und unzufriedene Kinder.
Alle unter einen Hut bringen
Daraus hat die siebenköpfige Patchwork-Familie gelernt und organisiert das Fest der Liebe seither sehr genau und gemeinsam mit allen Beteiligten: Heiligabend feiern Werner und Sabine mit den fünf Kindern zuhause. Am ersten Weihnachtstag holen Werners Ex-Frau Caro und ihr Freund die Kinder Lennart und Charlotte ab und fahren mit ihnen zu Caros Eltern. Sabines Kinder Max, Fritz und Marie werden von Sabines Eltern abgeholt. Bei den Großeltern treffen die Kinder auch ihren leiblichen Vater. Am zweiten Weihnachtstag darf die große Tochter Charlotte ihren 15-jährigen Freund besuchen, während ihr Vater etwas mit Sohn Lennart unternimmt. Sabine nutzt die Abwesenheit der anderen, um mit ihren Kindern einen Tag lang im Haus abzuhängen. "Alles ist erlaubt: laut Musik hören, Plätzchen futtern, stundenlang Herumtrödeln", freut sie sich.
Wie das Weihnachtsfest gelingen kann
Für Birgit Britz, Sozialarbeiterin sowie Ehe- und Familienberaterin in Köln, hat Patchwork-Familien schon oft dabei geholfen, Familienfeste entspannter anzugehen. "Es ist für die Elternteile eine schmerzliche Erfahrung, sich von den Weihnachtsfesten der Vergangenheit zu verabschieden. Das ist bittere Realität, birgt aber auch eine Chance", sagt Britz. Es hilft, sich bewusst zu machen, was sich durch die neue Familienkonstellation verändert hat, um darauf zu reagieren und sich zu fragen: Was kann bleiben und was brauchen wir neu und anders? In erster Linie gilt es, die Kinder mit der veränderten Situation vertraut zu machen und Gefühle von Trauer und Wut zuzulassen. Erst dann sollten Eltern gemeinsam mit den Kindern überlegen, was für sie wichtig ist. "Vor allem gleichaltrige Stiefgeschwister leben in Konkurrenz miteinander. Deshalb sollten sich die Elternteile Zeit nehmen, um mit den eigenen Kindern etwas zu unternehmen. Das kann ein Spaziergang sein oder ein Kinobesuch. Alles, was Spaß macht", schlägt die Sozialarbeiterin Birgit Britz vor.
Von langer Hand vorbereiten
Viele Paare haben gute Erfahrungen damit gemacht, mit den Vorüberlegungen schon im Sommer anzufangen und den getrennt lebenden oder geschiedenen Partner in die Planung der Festtage mit einzubeziehen. Hilfreich ist auch, sich vorzustellen, was im schlimmsten Fall passieren könnte und wie man dann reagieren würde. Auch wenn die Realität zeigt, dass dies so gut wie nie eintritt. Gibt es dennoch einmal Streit, ist es am besten, den Rückzug anzutreten. Vielleicht gibt es eine gute Freundin, die im Hintergrund als Zufluchtsort zur Verfügung steht? "Auch wenn Väter oder Mütter merken, dass Gefühle sie überwältigen und sie die Kontrolle verlieren, sollten sie sich eine Auszeit gönnen - eine Runde spazieren gehen oder kurz im Schlafzimmer verschnaufen. Das bringt Abstand", rät Birgit Britz.