ErzieherInnenNicht nur die Basteltante

Hohe Anforderungen, niedriges Gehalt: Die Arbeitsbedingungen für ErzieherInnen sind hierzulande schlecht. Die akademische Ausbildung soll für einen besseren Ruf und höhere Bezahlung sorgen

Nicht nur die Basteltante
Anforderungen von allen Seiten - als ErziehrIn sind viele Kompetenzen gefragt © Daniela Kohl

Er hallt noch immer nach in der Branche, der Ruf Ursula von der Leyens nach den Schlecker- Frauen. 2012 war die Drogerie-Kette nach Insolvenz geschlossen worden, tausende Angestellte verloren ihren Job. Gleichzeitig zeichnete sich schon damals ab, dass für den bundesweiten Kita-Ausbau noch jede Menge BetreuerInnen gebraucht würden. Also schlug die damalige Bundesarbeitsministerin von der Leyen vor, die Drogerie-Verkäuferinnen zu Erzieherinnen umschulen zu lassen. Kita- Betreuung kann doch jede, das schwang in dieser Idee mit.

Auch Susanne Viernickel kennt die Geringschätzung, die dem Beruf teilweise noch entgegengebracht wird. „Manche sehen in Erzieherinnen immer noch die Spieltante oder rücken allein den Betreuungsaspekt in den Vordergrund“, sagt die Professorin für Frühpädagogik an der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin, ergänzt aber: „In den vergangenen Jahren hat sich schon einiges geändert.“

Die Erwartungen der Eltern etwa sind heute ganz andere als noch vor 15 oder 20 Jahren. Renate Stechowski wird damit in der Berliner Kita „Schneewittchen“ täglich konfrontiert. „Jeden Nachmittag beim Abholen gibt es viele Fragen, welche Bildungsangebote wir den Kindern gemacht haben“, sagt die 52-jährige Erzieherin. „Wir müssen die Eltern oft bremsen und ihnen klarmachen, dass für ihren Nachwuchs auch das freie Spiel wichtig ist.“

Ausbildung im Wandel

Regelmäßige Fort- und Weiterbildungen sind bei vielen Kita-Trägern Standard, damit die Angestellten fachlich auf dem neuesten Stand sind. Darüber hinaus wandelt sich die Ausbildung zur Erzieherin oder zum Erzieher. Vor zehn Jahren führte die Berliner Alice-Salomon-Hochschule die ersten Studiengänge mit Bachelor-Abschluss ein, andere Hochschulen zogen nach. Mittlerweile schließen jedes Jahr bundesweit zwischen 1.000 und 1.500 junge Menschen das Studium ab. „Deren Aussichten auf dem Arbeitsmarkt sind sehr gut“, sagt Professorin Viernickel, „sie können sich eine Stelle aussuchen und oft auch Bedingungen stellen.“ Die Akademisierung des Berufs soll zum einen die Qualität der Kita-Betreuung erhöhen. „Es gibt inzwischen ein allgemeines Verständnis dafür, dass die ersten Lebensjahre wichtige Lernabschnitte für die Kinder sind – und die Erzieher das entsprechende Know-how brauchen“, sagt Viernickel. Andererseits hoffen die Kita-Fachkräfte auch darauf, dass das Ansehen ihres Berufes steigt, und damit die bisher schlechte Bezahlung.

Noch lohnt sich ein Studium finanziell kaum. Bei der Entlohnung gibt es keine Unterschiede zwischen Hochschulabsolventen und den herkömmlich ausgebildeten ErzieherInnen. Alle Berufsanfänger steigen nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bei monatlich 2.200 Euro Bruttogehalt für eine Vollzeitstelle ein. Die höchste Stufe erreichen sie nach 15 Jahren mit 3.500 Euro. Nur einige Großstädte bieten derzeit die Einstufung in die nächsthöhere Lohngruppe an. Tatsächlich aber haben mehr als zwei Drittel der deutschlandweit 576.000 Betreuungskräfte niedrigere Einkommen, weil sie Teilzeit arbeiten.

Attraktivität des Berufs steigern

„2015 stehen Tarifverhandlungen an, dann wird es auch um eine Neubewertung des Erzieher-Berufes gehen“, kündigt Bernhard Eibeck an. Der Referent für Jugendhilfe und Sozialarbeit beim GEW-Bundesvorstand will ebenso wie die Verfechter der Erzieher-Studiengänge erreichen, dass studierte Kita-Fachleute den Grundschullehrern gleichgestellt werden. Möglicherweise begeistern sich dann auch mehr Männer für den Beruf. Derzeit stellen sie an der Alice-Salomon- Hochschule nur zehn Prozent der Studenten, im Berufsalltag liegt der Anteil noch darunter. Männer ließen sich nicht nur von der schlechten Bezahlung abschrecken, sondern auch von fehlenden Aufstiegschancen, sagt Susanne Viernickel. Gewerkschafter Eibeck verweist zudem darauf, dass in Norddeutschland drei Mal mehr Männer in Kitas arbeiten als im Bundesdurchschnitt. Grund: Hamburg bezahlt über Durchschnitt. „Und in Schleswig- Holstein strahlt die Situation aus Skandinavien ab“, sagt der GEW-Mann. „Dort sind Männer in der Kita eine anerkannte Normalität.“

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