Zu den wichtigsten Zutaten für eine gelungene Radreise mit der ganzen Familie gehört eine flache Streckenführung. Ein kleiner Berg ab und zu mag eine willkommene sportliche Herausforderung sein, doch erfahrungsgemäß sinkt die Stimmung insbesondere bei den Kindern, wenn sie sich länger bergauf kämpfen müssen. Immer empfehlenswert ist daher einer der vielen
offiziellen Radwanderwege, die einen Fluss begleiten. Sie vermeiden nach Möglichkeit verkehrsreiche Straßen und sorgen für viele kleine Erlebnisse am Wegesrand.
Von der Quelle bis zur Mündung
Unsere Wahl fällt auf den Isarradweg, der zumindest im ersten Abschnitt recht anspruchsvoll ist. Doch wir, zwei Familien mit je einer Tochter, gehen es gemütlich an, und unsere Mädels sind schon zehn und elf Jahre alt. Auch wenn die 285 Kilometer von Erwachsenen in nur drei Tagen abzuradeln wären, wollen wir uns in den Pfingstferien zehn Tage Zeit nehmen, um die Strecke entlang der Isar zu erkunden – von ihrer Quelle im Tiroler Teil des Karwendelgebirges bis zur Mündung in die Donau bei Deggendorf. Knapp 50 Kilometer lang ist dabei unsere längste Etappe. Und das ist völlig ausreichend, denn wenn genug Zeit bleibt, um Insekten zu beobachten, auf Bäume zu klettern oder Steine im Fluss hüpfen zu lassen, wird der Weg zum Ziel. Und unterwegs gibt es so viel zu entdecken und zu bestaunen, nicht nur vom Sattel aus: Staumauern und schmale Stege, Wasserräder und Fischleitern, all die Lebewesen im und am Wasser und, nicht zu vergessen, die zahlreichen Bade- und Picknickstellen. Für zusätzliche Abwechslung sorgen Fluss und Landschaft, die sich im Laufe der Tour immer wieder verändern.
Etwas Übung erfordert das richtige Packen. Nach dem ersten Versuch, nur das Nötigste mitzunehmen, fangen wir gleich an, wieder einiges auszupacken, denn vor allem die Räder der Kinder dürfen nicht zu schwer beladen sein. Dass sich dieser Frühsommer sehr launisch gestaltet, erleichtert die Sache nicht gerade – wir brauchen ebenso Badesachen wie Handschuhe, Fleecepullover, Regenhosen und Anoraks. Die etwas sperrige Isomatte erweist sich im feuchten Gras als sinnvoller Luxus für
entspannende Pausen.
Zwischen Natur pur und großer Stadt
Ein erstes Highlight nach dem Start in Scharnitz ist das Aufspüren der Isarquelle. Die Kinder sind fasziniert, dass das Wasser einfach so aus dem Boden sprudelt, und können später kaum glauben, dass die inzwischen stattliche Isar so klein angefangen hat. Auf der Weiterfahrt gen Isarmünd begegnen uns landschaftliche Höhepunkte wie der Riedboden bei Mittenwald oder die Pupplinger Au und Kuriositäten wie die Steinpyramiden vor Bad Tölz oder der Wachsende Felsen bei Usterling. Am Weg liegen viele malerische Orte und Städte, die uns auch mit ihren Eisdielen locken. Dass wir uns einmal bereits mitten in München befinden, merken wir kaum, denn rundherum ist alles grün und die Geräuschkulisse bilden Wasserrauschen und Vogelgezwitscher. Zum Staunen laden dann auch noch die Surfer am Eisbach mit ihren Kunststücken ein. Gut, dass wir Zeit haben!
Die Stimmung: heiter bis wolkig
Richtig schön sind zwar auch die unbeschwerten sonnigen Tage, aber gerade an manche Erlebnisse, die unseren Vorstellungen zuerst nicht entsprachen, werden wir uns besonders gerne erinnern: ein endloser, kalter Regentag, der durch eine ausgiebige Einkehr in einer warmen Gaststätte bei Moosburg aufgehellt wird, in der wir all unsere vielen Sachen zum Trocknen ausbreiten
dürfen; unsere Ankunft im Landshuter Innenstadthotel Herzog Ludwig, wo man uns erlaubt, unsere schlammverkrusteten Räder durch den eleganten Empfangsbereich in einen sicheren Abstellraum zu schieben; ein steiler Abstecher zu einem Bauernhofcafé, in dem himmlischer Kuchen und überaus freundliche Gastgeber die triste Atmosphäre dort wettmachen.
Gegen Ende der Reise macht uns das zunehmende Hochwasser Probleme, da es ab und zu auch den Radweg überschwemmt. Einmal ist nicht erkennbar, ob eine Weiterfahrt möglich wäre, und wir schicken einen Späher barfuß durch den Regen um die nächste Kurve. Das ist der Tag, der auf der Heimreise im Zug von den Mädels zum schönsten der ganzen Tour erkoren wird.
kizz Reisetipps
- Neulinge im Radreisen testen in der Vorbereitungsphase am besten auf einzelnen Tagestouren, wie viele Kilometer ihre Kinder gut bewältigen können und wie sicher diese auf dem Rad unterwegs sind. Das liefert praktische Anhaltspunkte für die Etappenlängen und ist gleichzeitig ein gutes Training. Jüngeren Kindern kann mit einer Tandemkupplung am Elternrad die Tour erleichtert werden.
- Kinder müssen einen Helm tragen – Erwachsene ersparen sich das Quengeln, wenn sie mit gutem Beispiel vorangehen.
- Ein zweites oder mehrere Kinder, die sich gut verstehen, tragen ganz wesentlich zum Gelingen einer längeren Fahrradtour bei.
- Gerade in Ferienzeiten ist es ratsam, die Quartiere im Voraus zu buchen; das erspart abends, wenn die Kinder müde sind, eine unter Umständen längere Suche.
- Lohnend ist die Investition in gute, wasserfeste Packtaschen mit Schnellverschluss und pannensichere Reifen.
- Bei der Anreise mit dem Zug das Gepäck am Bahnsteig von den Rädern nehmen. So passen diese nebeneinander in die dafür vorgesehenen Ständer.
- Gute Infos für die Routenwahl beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (www.adfc.de) oder unter www.gpsies.com. Auch wenn GPS-Geräte sehr praktisch sind, sollte zur Sicherheit eine Radwanderkarte nicht fehlen.