Knarren, Pistolen, Flinten, Gewehre, MGs, Revolver, Colts, Schießeisen. Dolche, Schwerter, Säbel, Äxte, Lanzen. Hiebwaffen, Stichwaffen, Feuerwaffen. Wer kleine Söhne hat, weiß wovon ich rede. Wir Eltern können gegendertes Spielzeug noch so sehr verbannen, wir können den kleinen Kerlchen in ihren ersten Lebensjahren nur Federn, Kastanien
und angemalte Steine zum Spielen geben. Und trotzdem kommt der Tag, an dem sich der Geburtstagswunschzettel so liest wie die Einkaufsliste eines blutrünstigen Despoten.
Und ja, ich habe ein Problem damit. Neulich saßen der Mann, die Kinder und ich in Brandenburg bei Kaffee und Kuchen in einem Landgasthof. Am Nebentisch ein kleiner Junge mit riesiger, sehr realistisch anmutender Schusswaffe. Er langweilte sich genauso wie unser Jüngster. Aber wie sollten wir die beiden nun verkuppeln? „Geh doch mal zu dem Kind rüber und frag, ob es dich erschießen will.“ Der Satz fiel aus.
Jetzt muss ich dazusagen, dass wir zu den Eltern gehören, die eine ausgeprägte Aversion gegen alle Arten von Waffen haben, auch wenn sie aus Plastik sind. Vielleicht weil wir noch ziemlich konkrete Erinnerungen an den Kalten Krieg
haben? An die Friedensmärsche und Demonstrationen der 1980er und 1990er? Als Teenager haben wir unsere Jacken und Schultaschen mit Peace-Zeichen dekoriert. Später waren alle meine Freunde Kriegsdienstverweigerer. Der Pazifismus ist
tief in meiner Identität verwurzelt. Daran haben sicher auch die Großeltern, die schon lange nicht mehr leben, ihren
Anteil. Sie haben meine Kindheit noch mit schlimmen Weltkriegsgeschichten garniert.
Bei uns zu Hause kann daher bis heute quengeln, wer will – Waffen gibt’s aus Prinzip nicht. Wobei, das stimmt
natürlich nur so halb. Denn immerhin haben wir das biegsame Gummischwert, das letztes Jahr unterm Tannenbaum lag, klaglos akzeptiert. Man kann damit herrlich wichtigtuerisch herumfuchteln. Der Sohn war selig.
Und ebenso großzügig sehen wir über Schwerter und Kanonen von Playmobil hinweg, über Morgenstern und Hellebarde im Miniaturformat, winzige Armbruste und Pfeile. All das fliegt bei uns im Kinderzimmer zuhauf herum. Ganz zu schweigen von diesen futuristischen Lego-Kampfmaschinen. Natürlich wirft das einige selbstkritische Fragen auf: Sind wir inkonsequent? Oder müssen Waffen erst eine bestimmte Größe haben, bevor sie uns übel aufstoßen? Möglicherweise liegt es an der Attraktivität des Spielzeugs: Während bewaffnete Playmobil-Männchen sich sowieso nie richtig auf den Beinen halten können und das Star Wars-Lego-Gedöns nur genau einmal zusammengebaut wird, um dann auf ewig im Regal zu verstauben, ist die Pistole ein wunderbar praktischer Alltagsbegleiter. Man könnte theoretisch an jedem Mitbringtag bewaffnet in die Kita gehen.
Das Spieldilemma in dem Brandenburger Café konnten wir übrigens noch lösen. Irgendwo fand sich ein Fußball – und schon kannten die zwei kleinen Burschen kein Halten mehr. Die Schusswaffe blieb auf dem Tisch liegen. Und den Rest des Nachmittags dösten wir Eltern friedlich in der Sonne.