Die Stühle sind zu klein und zu niedrig. Mir tut der Rücken weh. Mein Magen knurrt. Dazu leichte Kopfschmerzen. Ich bin, alles in allem, mittelgut gelaunt. Erst vom Büro hergehetzt, dann im Flur von weitem das Kind gesehen, das nun
voraussichtlich weitere zwei Stunden im Kindergarten ausharren muss. Winke, winke, nein, Mama kommt jetzt noch nicht, aber bald, bis gleich! Eigentlich toll, dass die Kinder vom Späthortteam betreut werden, während wir im Gruppenraum
„Eltern abend“ abhalten. Nur warum geht das nicht in kompakten 45 Minuten? Ansage war: Beginn ist 16 Uhr. Jetzt ist es 16:13 Uhr. „Dann legen wir mal los“, murmelt die Erzieherin unentschlossen. Zwei Elternteile waren überpünktlich, fünf knapp zu spät (ich inklusive), weitere drei werden in den kommenden 20 Minuten noch nachtröpfeln. Der Rest fehlt. Mal wieder.
Käme einer von einem anderen Stern und fragte mich, was Partizipation ist, dann würde ich antworten: Salzstangen und Kaffee aus Thermoskannen, dazu unbequeme Stühle und Neonlicht. Lange Versammlungen, bei denen man das Gähnen und den Fluchtreflex unterdrückt. Zuhören und ausreden lassen, auch wenn’s sterbenslangweilig ist. Wie fürchterlich und überflüssig!, würde der Außerirdische ausrufen. Ja und nein, wäre meine Antwort. Denn: Ohne Partizipation keine Gemeinschaft und ohne Gemeinschaft kein Zusammenhalt und ohne Zusammenhalt kein gutes Gefühl …
Jäh werden meine Träumereien unterbrochen. Die Erzieherin hat ihre handgeschriebenen Zettel sortiert und erklärt langatmig den Tagesablauf. Dass etliche Kinder morgens zu spät kommen und dadurch der Morgenkreis gestört wird. Seufz, altbekanntes Problem. Scheinbar nicht lösbar. Es ist bereits 16:52 Uhr, als wir uns dem Reizthema Mittagsschlaf nähern. Bitte, bitte, flehe ich innerlich, heute keine Monologe. Doch. Eine Mutter möchte ihre Lebensgeschichte und die ihres
Kindes mit uns teilen. Der Leon schläft abends nicht so gut ein ... Ich scharre mit den Füßen. Wir wollten heute das
Sommerfest besprechen!!!
Nach gut einer Stunde sind wir endlich bei der Organisation der Party angelangt. Achtung, es fehlen noch Eltern für den Grill. Die Erfahrung zeigt zum Glück: Am Ende finden sich immer genug Väter, die gerne Würstchen umdrehen. Genauso, wie es noch in keinem Jahr an Kuchen gemangelt hat. Auch ich recke eilfertig die Hand in die Höhe. Backen ist was für Pseudo-Engagierte. Und das ist eindeutig meine Fraktion. Grundsätzlich bereit mitzumachen, aber letztlich doch zu faul, um sich richtig reinzuknien.
Andere sind leidenschaftlicher bei der Sache. Sie entwerfen Doodle-Listen, schreiben Rundmails, sprechen Sponsoren an, kaufen 500 Pappteller ein, besorgen Luftballons und Girlanden und helfen am Tag selbst natürlich beim Auf- und Abbau. Ich ziehe den Hut vor diesen Eltern! Wirklich. Ohne sie ginge gar nichts. Kein Sommerfest, keine Halloweenfete, kein Weihnachtsbasar, kein Babyflohmarkt. Wir, die Minimalperformer, sollten die High-Potential-Eltern in unseren Reihen hegen und pflegen. Ihnen laut „Danke!“ zurufen. Denn seien wir ehrlich: In eine Kita, in der es nur träge und desinteressierte Eltern gibt, würden wir unsere Kinder nie freiwillig schicken. – So, und jetzt muss ich leider los. 17:35 Uhr zeigt die Uhr. Das muss reichen für heute.