Regelabstimmung zwischen Kita und DaheimZu Hause darf ich das aber!

Manchmal gelten in der Kita andere Regeln als zu Hause. Wenn das für Verwirrung und Konflikte sorgt, hilft ein klärendes Gespräch

Zuhause darf ich das aber
Stopp! Bei uns in der Kita herrschen andere Regeln. © istock, Georgijevic

Sobald Kinder in einer Einrichtung betreut werden, wird von ihnen erwartet, dass sie sich den dortigen Gepflogenheiten anpassen. Während zum Beispiel zu Hause das Barfußlaufen erlaubt ist, besteht in der Kita meist Hausschuhpflicht. Normalerweise gewöhnen sich Kinder schnell an die Umstellung und verinnerlichen die neu erworbenen Kitaregeln so sehr, dass sie sie auch zu Hause anwenden. Manche tragen etwa nach dem Essen den Teller in Richtung Spüle – was die Eltern sehr freut. Bei Kindern unter drei Jahren unterscheiden sich die Alltagsregeln der Kita vom familiären Umfeld meist in folgenden Bereichen: Ess- und Tischgewohnheiten, Sauberkeitserziehung, Einschlafrituale, der Umgang mit Schnuller oder Schnuffeltuch und soziale Verhaltensweisen. In diesen Bereichen entwickeln sich die Kinder je nach Umgebung oft auch unterschiedlich. Kann ein Kind zum Beispiel zu Hause beim Einschlafen nicht auf den Schnuller verzichten, spielt er beim Mittagschlaf in der Kita mitunter keine Rolle. Umgekehrt kann es sich bei der Sauberkeitsentwicklung verhalten: In der gewohnten häuslichen Umgebung fällt es dem Kind leicht, rechtzeitig die Toilette aufzusuchen. In der Kita hingegen kann es vom Spiel mit den anderen Kindern sehr abgelenkt sein.

Regeln passen zu den Gegebenheiten

Wenn Kitaregeln sich von den Bräuchen innerhalb der Familie unterscheiden, hängt das meist mit den jeweiligen Rahmenbedingungen zusammen. Zu Hause dürfen Kinder vielleicht vom Tisch aufstehen, wenn sie mit dem Essen fertig sind. Die Eltern haben so die Möglichkeit, das restliche Essen in Ruhe zu genießen und sich über ihren Tag auszutauschen. In der Kita hingegen sind gemeinsame Tischrituale sowie feste Essenszeiten und -regeln notwendig, um allen Kindern eine reibungslose Mahlzeit zu ermöglichen. Ein gemeinsamer Anfang und ein gemeinsames Ende sowie eine feste Sitzordnung und ein gleichbleibender Ablauf spielen dabei eine wesentliche Rolle. Bei genauerer Betrachtung sind beide Gepflogenheiten sinnvoll, weil sie Orientierung und Halt bieten und gegebenen falls Ausnahmen zulassen, um Freiräume zu schaffen. Meist kommen Kinder mit diesen unterschiedlichen Regeln auch gut zurecht und passen sich entsprechend an.

Verständnis für die andere Seite

Es kann jedoch auch Situationen geben, in denen es schwerfällt, die Regeln der vermeintlichen Gegenseite zu verstehen beziehungsweise nachzuvollziehen. Das gilt für Eltern und ErzieherInnen gleichermaßen. Kitaregeln lassen sich aufgrund der Vielzahl der Kinder und ihrer Bedürfnisse nicht immer zugunsten des einzelnen Kindes anpassen. Eltern sehen manchmal jedoch nur die Perspektive ihres Kindes und bedenken nicht die Gruppensituation in der Einrichtung. Umgekehrt stellen häusliche Regeln manchmal für die Fachkräfte ein Rätsel dar: Ab und zu vor dem Fernseher zu Abend essen, das Kinderzimmer schnell allein aufräumen oder das Kind spät ins Bett gehen lassen? Da schlagen Pädagoginnen und Pädagogen die Hände über den Köpfen zusammen. Erst bei einem genaueren Blick auf die häusliche Situation können diese Gewohnheiten auf Verständnis stoßen.

Die meisten Unstimmigkeiten lassen sich durch einen Wechsel der Perspektive und durch einfache Kompromisse klären, andere wiederum führen zu nachhaltigen Konflikten. Wenn Eltern sich missverstanden und nicht ernst genommen fühlen, hilft eine Aussprache gemeinsam mit der Leitung, in der nach einer Lösung gesucht wird. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, weil sich die Unsicherheit auch negativ auf das Kind auswirken kann. Ein konstruktiver Umgang mit Regeln ist oft der beste Weg, um Frustration zu beseitigen und Kindern gleichzeitig die Orientierung zu bieten, die sie für ihre Entwicklung brauchen.

kizz Elterntipp

Kriterien für das Finden von Regeln

  • Was kann ausgehandelt werden, was nicht?
  • Ist die Regel für alle klar?
  • Haben alle die mit der Regel verbundene Konsequenz verstanden und wird diese auch umgesetzt?
  • Für wen ist die Regel gültig?
  • Gilt die Regel auch für die Erwachsenen (Vorbild)?
  • Ist die Regel auf das Entwicklungsalter des Kindes abgestimmt?

Müssen Kinder beim Essen immer probieren?

Das sagt die Erzieherin

Die Frage kann ich mit einem ganz klaren Nein beantworten. Kinder sollten meines Erachtens nicht gezwungen werden, etwas in den Mund zu nehmen, das ihnen widerstrebt. Essen sollte grundsätzlich nie etwas mit Zwang zu tun haben, genauso wenig, wie es als Strafe oder Belohnung eingesetzt werden sollte. Auch wir Erwachsenen empfinden schließlich Ekel oder Abscheu vor ganz fremden oder unbekannten Lebensmitteln und möchten nicht genötigt werden, diese zu essen. Dennoch halte ich es für richtig, Kinder zu animieren, neue Lebensmittel auszuprobieren. Im Schnitt brauchen Kinder rund zehn Versuche, bis sie sich entschieden haben, ob ihnen ein Lebensmittel schmeckt oder nicht. Gerade deswegen ist es umso wichtiger, ihnen dasselbe Lebensmittel auch nach vorheriger Ablehnung erneut anzubieten. Denn auch die Art der Zubereitung spielt eine große Rolle. In der Kita haben außerdem die Gruppendynamik und das Verhalten der anderen einen direkten Einfluss. Das kann dazu führen, dass Kinder Lebensmittel plötzlich ablehnen, welche sie normalerweise gerne essen, und umgekehrt. Alles in allem: Es ist schön und wichtig, Neues zu probieren, aber nur dann, wenn die Entscheidung dazu selbst getroffen werden darf. Auch das stellt meines Erachtens einen wichtigen Teil einer gesunden Ernährungserziehung dar.

Das sagt die Mutter

Dazu fällt mit folgende Szene ein: Wir sind bei den Großeltern zusammen mit Onkeln, Tanten, Cousins und Cousinen zum Essen eingeladen. Es gibt Eintopf und ich schöpfe auf die Teller. In meinem Kopf rattert es: Oh, da sind ganz schön viele Erbsen drin, naja, die müssen sie auf die Seite legen. Oje, Fleischwurst, hier ein bisschen weniger und dafür dort einen ganzen Schwung drauf. Ui, der kleine Cousin, der isst doch nur … ja, was eigentlich? Ich gucke zu ihm rüber und seine Mutter schüttelt schon den Kopf. Der Großvater besieht sich das Ganze und kommentiert: „Wir haben immer alles gegessen, was auf den Tisch kam!“ Und ich frage mich: Wie kann das sein? Was ist außer der größeren Auswahl und Fülle heute anders als damals? Viel hat sicher mit der Gemeinschaft am Tisch und der Kommunikation zu tun. Vielleicht wurde es auch nicht immer kommentiert, wenn einer mal etwas nicht essen wollte. Deshalb fi nde ich das Probieren von Speisen in Gesellschaft, zum Beispiel im Kindergarten, so wichtig. Man wundert sich, dass der Freund Spargel liebt und probiert auch mal. Und manchmal schmeckt es dann ja sogar, manchmal erst später, oder eben gar nicht. Das geht den Erwachsenen nicht anders. Mein Fazit ist deshalb: Kinder auf jeden Fall zum Probieren anhalten, aber wenn sie nicht wollen, nicht diskutieren. Der Eintopf wurde übrigens am Ende von allen aufgegessen.

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