Manchmal gibt es im Kita-Alltag Situationen, in denen Eltern sich nicht verstanden fühlen oder nicht einverstanden sind mit der Vorgehensweise der Fachkräfte. Denn als Eltern haben Sie bestimmte Wünsche oder Vorstellungen, wie Ihr Kind betreut werden soll, und diese sind nicht immer mit der pädagogischen Praxis identisch. Dann stellt sich die Frage, wie Sie als Eltern mit den Fachkräften ins Gespräch kommen und wie Sie sich informieren oder auch „beschweren“ können, ohne dass das falsch ankommt oder die Beziehung zu den ErzieherInnen belastet wird.
Meiner Erfahrung nach entstehen die meisten Probleme durch Missverständnisse oder Unwissenheit. Auf der einen Seite stehen die Eltern, die sich Sorgen machen, ob ihr Kind gut zurechtkommt, und die sich manchmal nicht genug informiert und eingebunden fühlen. Auf der anderen Seite stehen die Fachkräfte, die ihrerseits einen guten Job machen wollen und denen die Kinder gleichermaßen am Herzen liegen. Hier treffen mitunter zwei Welten aufeinander: Denn es ist einfach ein großer Unterschied, ob ich den Alltag zu Hause mit einem oder zwei Kindern bewältige, oder ob ich für zehn oder mehr Kinder verantwortlich bin.
Verantwortung abgeben
Für die Fachkräfte ist es bedeutsam, dass die Eltern ihnen Vertrauen entgegenbringen. Denn nichts zehrt mehr an den Kräften, als sich ständig erklären zu müssen. In dem Moment, in dem Sie sich entschieden haben, Ihr Kind
in die Kita zu geben, haben Sie auch entschieden, andere Menschen an der Erziehung Ihres Kindes zu beteiligen.
Das hat zur Folge, dass Ihr Kind andere Erfahrungen macht, als wenn es nur mit Ihnen zusammen wäre.
Vertrauen Sie darauf, dass die Fachkräfte ihr Bestes geben, und versuchen Sie, sich in diese hineinzuversetzen. Vielleicht könnten Sie einmal einen Vormittag in der Kita hospitieren. Dann werden Sie erleben, dass das Zusammensein mit so vielen kleinen Menschen eine besondere Herausforderung ist. Je mehr Verständnis und Vertrauen entsteht, desto mehr profi tiert Ihr Kind.
Die gute Beziehung im Blick
Manchmal hilft jedoch Vertrauen alleine nicht weiter und Sie als Eltern brauchen einen tieferen Einblick, um die Fachkräfte verstehen zu können. Das ist völlig richtig und wichtig. Trauen Sie sich, auf die ErzieherInnen zuzugehen und offen anzusprechen, was Sie stört. Denn unsere Kommunikation verläuft zu 85 Prozent nonverbal. Das bedeutet, dass wir es spüren, wenn Unmut in der Luft liegt. Es ist ein Irrglaube zu denken, dass es niemand merkt, wenn Sie etwas stört. Gerade Kinder sind so feinfühlig und deshalb besonders anfällig für diese atmosphärischen Störungen. Ich stelle mir das gerne als „Bodennebel“ vor – negative Gedanken oder Gefühle, die wie eine neblige Suppe am Boden herumwabern. Da Kinder viel in Bodennähe spielen, sind sie diesem Nebel viel stärker ausgeliefert. Das wollen wir doch alle nicht. Deshalb ist es so unendlich bedeutsam, ein Miteinander
zwischen Eltern und Fachkräften zu schaffen, welches eine offene Kommunikation ermöglicht. Dafür ist es wichtig
zu verstehen, dass Sie Fragen haben dürfen. Weil Sie vermutlich eine Kita nur aus Ihrer eigenen Kindheit kennen und nicht wissen, welche pädagogischen Ziele heute hinter bestimmten Verhaltens weisen stehen.
Häufige Kritikthemen von Eltern sind beispielsweise Essen, Schlafen und Sauberkeitserziehung, aber auch Schulvorbereitung oder der Umfang der Bastelarbeiten. Was können Sie also tun, wenn Sie auch einmal etwas
ansprechen möchten? Machen Sie sich bewusst, dass wir im ersten Moment alle nur Fragen haben. Aus Fragen wird erst dann Kritik, wenn wir zu lange warten, bis wir sie stellen. Denn dann wälzen wir denselben Gedanken immer wieder und fühlen uns nicht gehört. Ein Beispiel: Sie kommen in die Kita und sehen, dass Ihr Kind bei mittleren Temperaturen ohne Jacke herumläuft. Vielleicht ärgern Sie sich und denken, die Fachkräfte kümmern sich nicht gut um Ihr Kind. Anstatt mit dem Kind zu schimpfen oder innerlich vor Wut zu platzen, fragen Sie doch einfach nach. Meistens lässt sich die Situation ganz schnell klären. So könnte es beispielsweise sein, dass die ErzieherInnen Ihnen antworten, dass sie Ihr Kind im Blick haben und es immer wieder fragen, ob ihm kalt ist. Sie möchten Ihr Kind dabei unterstützen, ein eigenes Temperaturempfinden zu entwickeln, das gehört aus ihrer Sicht zur Selbstständigkeit dazu. Die Fachkräfte agieren also pädagogisch sinnvoll, für Sie als Eltern ist das jedoch nicht sofort zu erkennen.
Trauen Sie sich also, Fragen zu stellen. Denn Sie haben jedes Recht der Welt, sich Gedanken zu machen. Schließlich geben Sie Ihr Wertvollstes – nämlich Ihr Kind – in die Hände der Fachkräfte. Da müssen Sie sich als
Eltern sicher fühlen können.
Probleme offen kommunzieren
Sprechen Sie am besten immer die Fachkraft an, die in der Situation bei Ihrem Kind ist, oder die Bezugsperson
Ihres Kindes. Erklären Sie, was Ihnen wichtig ist oder worüber Sie sich Sorgen machen. Eine Bitte habe ich an dieser Stelle an Sie: Bedenken Sie, dass die Fachkräfte für viele Kinder zuständig sind und somit auch viele Elternwünsche an sie herangetragen werden. Nicht alle Eltern bleiben freundlich und so ist es nicht verwunderlich, wenn sich die eine oder andere Fachkraft angegriffen oder kritisiert fühlt. Selbst wenn Sie das gar nicht wollten.
Wenn Sie das alles beachtet und mit einer Fachkraft schon häufi ger gesprochen haben, jedoch nicht das Gefühl
bekommen, gehört zu werden, dann empfiehlt es sich, die Leitung hinzuzuziehen. Wenn Sie beispielsweise möchten, dass Ihr Kind in der Kita nur einen kurzen Mittagsschlaf macht, die Fachkraft aber nicht bereit ist, das Kind
zu wecken, würde ich empfehlen, gemeinsam mit der Fachkraft ein Gespräch bei der Leitung zu suchen. Erklären Sie,
dass Sie das Gefühl haben, dass Sie keine gemeinsame Lösung finden und daher gerne die Leitung einschalten möchten. Sprechen Sie immer mit der Fachkraft, nicht hinter ihrem Rücken, denn niemand wird gerne übergangen.
Spätestens auf Leitungsebene sollte dann innerhalb kürzester Zeit eine für alle Beteiligten sinnvolle Lösung
gefunden werden. Andernfalls wäre zu prüfen, ob diese Kita für Sie und Ihr Kind die passende Einrichtung ist.
Denn wenn Sie als Eltern sich dort nicht wohlfühlen, überträgt sich das meist auf das Kind. In den allermeisten Fällen finden sich Lösungen, vor allen Dingen, wenn Sie daran denken, dass Sie alle das gleiche Ziel haben.
Als Eltern können Sie noch auf anderem Weg dazu beitragen, dass Ihr Kind sich in der Kita wohlfühlt: Sagen
Sie doch einfach mehr „Danke“. Schenken Sie den Menschen, die ihr Bestes geben, um Ihr Kind zu versorgen, öfter mal ein herzliches Dankeschön. So viele ErzieherInnen berichten immer und immer wieder nur von Kritik, die an sie
herangetragen wird. Dabei tut uns allen Anerkennung und Wertschätzung gut. Sie werden sich wundern, wie sehr Sie
dazu beitragen können, dass ein offeneres Miteinander in der Kita entsteht. Kleine Worte wirken große Wunder.
Haben Eltern immer nur das eigene Kind im Blick?
Das sagt die Erzieherin
Ja, natürlich ist es so! Eltern möchten, dass es ihrem Kind gut geht und es sich wohlfühlt, dass es gefördert wird und sich gut entwickeln kann. Für das Kind ist es wichtig zu spüren, da ist jemand, der versteht mich und setzt sich für mich ein. Im Kindergartenalltag gibt es nun aber viele Kinder, mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Diese Gemeinschaft im Kindergarten ist für die Entwicklung sehr wichtig. Damit sie reibungslos funktioniert, gibt es Regeln, die die Interessen aller Kinder berücksichtigen und das Miteinander in der Gruppe erleichtern sollen. So lernen Kinder nach und nach, dass es nicht immer nur nach ihrem Willen gehen kann. Häufig setzen sich Eltern ein, wenn sich das Kind zu Hause beschwert: „Der hat mich gehauen“ oder „Keiner will mit mir spielen!“ Eltern hören dann nur die Aussage ihres Kindes und sein Anliegen. Es ist gut, wenn Kinder mit ihren Eltern über ihre Probleme sprechen und wenn Eltern dann das Gespräch mit uns suchen. Nur dann können wir gemeinsam Lösungen finden im Sinne des Kindes.
Das sagt die Mutter
Also, das mit dem Blick ist so eine Sache. Natürlich gehe ich primär von meinem Kind aus. Da ich aber Mutter
von drei Kindern bin, kenne ich die unterschiedlichen Bedürfnisse unterschiedlicher Kinder. Doch kürzlich beim Elternabend in der Kita habe ich eindeutig nur die Brille meines Sohnes getragen. Das Kita-Team hatte beschlossen, den von Theo geliebten Turntag zu streichen. Es gäbe zu viele Projekte, war die Begründung, da müsse der Turntag entfallen. Oh nein, dachte ich, das geht doch nicht, mein Sohn braucht Bewegung! Er liebt es zu springen, zu toben und zu rennen. Welches Projekt der Welt kann da wichtiger sein? Am nächsten Elternabend nutzte ich die Gelegenheit, das Thema anzusprechen. Ich war gut vorbereitet, denn in der Tageszeitung wurde gerade das Thema Bewegung in der Kindheit behandelt. Ich hatte also stichhaltige Argumente an der Hand. Und mein Einsatz war erfolgreich: Der Turntag wurde wieder eingeführt. Zugegeben, ich habe mich für die Bedürfnisse meines Kindes
stark gemacht, vielleicht wäre anderen Eltern ein anderes Projekt wichtiger gewesen. Vom Turntag profitieren aber hoffentlich viele.