Elternsein ist auch frustrierendMütter müssen sagen, wie es wirklich ist

kizz sprach mit Mutter und Buchautorin Marlene Hellene über Elternfrust und Kinderglück

Marlene Hellene, Mutter und Buchautorin im Interview mit kizz
Marlene Hellene, Mutter und Buchautorin im Interview mit kizz© privat

In Ihrem Buch und in Ihren Tweets beschreiben Sie die anstrengenden und nervigen Seiten des Elternseins mit einer gehörigen Portion Humor. In den letzten Jahren haben auch andere Frauen ehrlich über die „Schattenseiten“ von Mutterschaft gesprochen. Ist es nach wie vor wichtig, laut zu äußern, dass Kinderhaben auch sehr belastend sein kann?

Unbedingt! Wir alle fühlen so. Kinder zu haben ist toll und wunder schön, aber eben auch sehr anstrengend, nervig und ermüdend. Das muss ausgesprochen werden, weil die negativen Gedanken einen sonst fertigmachen. Fühle nur ich so? Bin ich undankbar? Bin ich eine schlechte Mutter? Diese Fragen sollte man sich nicht stellen müssen. Es muss okay sein, auch mal alles doof zu finden. Sogar die eigenen Kinder.

Haben viele Menschen eine falsche Vorstellung davon, was es bedeutet, Eltern zu sein? Oder ist das Jammern einfach gerade sehr in Mode?

Nicht viele Menschen haben eine falsche Vorstellung davon, sondern alle! Elternschaft macht etwas mit einem. Man fühlt Dinge und lebt ein Leben, das man sich nie für sich hätte vorstellen können. Das meine ich gar nicht negativ. Elternschaft ist einfach unvorstellbar, in all ihren Aspekten.

Welche Rolle spielen dabei Klischees über Mutterschaft, Vaterschaft und das Leben als Familie?

Klischees spielen eine große Rolle. Die Medien sind voll davon: glückliche Familien in schicken Wohnungen; Kinder, die fröhlich am Strand spielen, während die Eltern verliebt Cocktails schlürfen; Promi-Mamis mit flachem Bauch zwei Tage nach der Entbindung. Und auf Instagram sind sowieso alle wunderschön, glücklich und hip. Aber das ist nicht die Wahrheit. Höchstens ein kleiner Ausschnitt davon. All diese Bilder erzeugen einen enormen Druck. Und selbst, wenn man diesen Mechanismus durchschaut, ist es schwierig, sich ihm komplett zu entziehen. Deshalb ist es so wichtig, dass Mütter laut werden. Dass sie sagen, wie es wirklich ist. Manchmal ist es toll, manchmal ist es scheiße. That's life.

Womit haben junge Eltern die meisten Schwierigkeiten?

Da kann ich lediglich für mich sprechen. Für mich war es definitiv die größte Umstellung, dass ich nicht mehr selbstbestimmt war. Das Kind hat die Taktung meines Lebens übernommen. Ich musste mich entschleunigen und hinten anstellen.

Wie ist das mit der vielbeklagten Konkurrenz unter Müttern, gibt es die wirklich?

Es gibt sie, diese Konkurrenz. Allerdings erlebe ich sie weniger in meinem direkten Umfeld, da erfahre ich hauptsächlich Solidarität. Man hilft sich, man zeigt sich unperfekt und hält zusammen. Die Konkurrenz sehe ich eher in der Anonymität des Internets. Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Menschen mit dem Öffnen ihres Browsers ihr gutes Benehmen ablegen. In Elternforen wird gehetzt und bewertet. Da wird übertrumpft und angegeben. Ich liebe das Internet, keine Frage, ich verbringe dort viel Zeit. Aber es spiegelt meines Erachtens gerade beim Thema Elternschaft nicht die Realität wider. Für viele ist es eine Plattform, auf der sie sich präsentieren und über andere erheben können. Sich davon nicht beeinflussen zu lassen, ist schwierig.

Chronische Überlastung und Überforderung hat für viele Eltern auch gesundheitliche Folgen. Kommen Sie damit in Berührung?

Auch ich fühle mich häufig überlastet und erschöpft. Ich habe selten Zeit für mich, das fehlt mir. Und Schlaf. Schlaf fehlt mir so. Das ist der Moment, wo bei mir der Humor einsetzt. Ich lache, um nicht verrückt zu werden, und verarbeite das Chaos durch Schreiben.

Was müsste in unserer Gesellschaft passieren, damit das Kindergroßziehen leichter wird?

Es muss möglich sein, flexibler arbeiten zu können, für beide Eltern. Elternschaft muss Teamarbeit sein. Nicht nur innerhalb einer Beziehung, sondern auch bei getrennten Paaren. Und natürlich muss flächendeckend Kinderbetreuung angeboten werden, bezahlbar und unbürokratisch.

Ganz persönlich: Was finden Sie toll am Leben mit Kindern und worauf könnten Sie gut verzichten?

Meine Kinder geben mir so viel Liebe und Spaß, Quatsch und Abenteuer, Lachen und Weinen. Sie stärken mich und treiben mich an. Sie geben mir ein Stück eigene Kindheit zurück, eine andere Sicht auf die Welt. Ich kann mir ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen. Ein bisschen weniger Lärm und Dreck, das wäre schön. Aber kein Leben ohne sie.

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