Das mit dem Journalismus werde ich wohl aufgeben. Zum einen ist das Schreiben wirklich schlecht bezahlt. Zum anderen bin ich dafür nicht sonderlich begabt. Das ist mir in den letzten Monaten schmerzlich bewusst geworden. Was in Wahrheit in mir steckt? Das weiß ich jetzt endlich: eine pädagogische Fachkraft. Ich kann Mathe, ich kann Yoga. Auch für Fortgeschrittene. Brettspiele erklären? Koch-AG gründen? Kreativnachmittage anleiten? Loben, labern, motivieren? Bin ich top drin! Wer braucht noch Kitas und Schulen, wenn es Eltern wie mich gibt?
Okay. Spaß beiseite. Schütteln wir uns gemeinsam den Sarkasmus aus den Kleidern. Den Frühling haben wir überstanden. Der Sommer kann nur besser werden. Spätestens der Herbst. Oder wenigstens der Winter?
Nichtsdestotrotz ist das Thema elterliche Soft Skills relevant (ich behaupte: systemrelevant!). Wo sind die Personaler, die darauf bei der Stellenvergabe achten? Wo im Bewerbungsschreiben ist Platz für unsere besonderen Fähigkeiten? Warum wird da nur auf Fremdsprachenkenntnisse geguckt? Auf Zeugnisse? Oder Social-Media-Affinität? Wir haben viel mehr zu bieten!
Ich kann zum Beispiel richtig geile Pfannkuchen zubereiten. Auch bei weitgehend leerem Kühlschrank. Notfalls sogar, während ich in einer Telefonkonferenz hänge. Ist das nichts? Mein Mann, der hauptberuflich mit Holz arbeitet, ist der sanfteste und geduldigste Baby-in-den- Schlaf-Schuckler. In der Familie wird er seit Jahren anerkennend „der Babyflüsterer“ genannt. Eine meiner Freundinnen hat ein derart fotografisches Gedächtnis, dass sie mit einem entschlossenen Handgriff jeden verloren geglaubten Playmobil-Helm aus dem Kinderzimmer fischt. Eine andere Freundin beherrscht die Kunst, aus Stoffresten die buntesten und bequemsten Kinderkleider zu nähen. Eine dritte kann richtig gut Haare schneiden. Ihre Kinder sind mit ihren Undercuts und kerzengeraden Ponys im Kiez wahre Trendsetter.
Elterliche Talente – verfeinert in jahrelanger Übung – werden oft übersehen. Oder nicht ausreichend wertgeschätzt. Ein alter Freund von mir kann immer und überall Mittagsschläfchen machen, aus denen er stets gut gelaunt erwacht. Erholt an Körper und Geist, bereit zu neuen Taten. Ein Talent zum Powernapping, wer hätte das nicht gerne!
Bei der letzten Bewerbung, die ich geschrieben habe, habe ich mühsam alles zusammengekratzt, was ich beruflich vorweisen kann. Was ich im Kleingedruckten versteckte, waren meine drei Kinder. Als ich zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, las ich vorher Ratgeber. Was antwortet man, wenn man nach seiner familiären Situation gefragt wird? Wenn das Gespräch auf Überstunden oder Dienstreisen kommt? Ich hatte mir Sätze zurechtgelegt. „Nee, die Kinderbetreuung ist gar kein Problem.“ Subtext: Wir wohnen zwar zusammen, aber ich hab mit denen ansonsten nix am Hut. Warum war ich nicht selbstbewusster?
Warum hab ich nicht laut gesagt: Alles, was ich heute kann, kann ich nicht trotz, sondern wegen meiner Kinder! Mutter zu sein, in guten wie in weniger guten Zeiten, hat meine Persönlichkeit geprägt. Mehr als jedes Praktikum. Vieles hätte ich ohne die Kinder niemals gelernt. Und damit meine ich nicht nur Pfannkuchen.
Ich hätte bei dem Gespräch ruhig ehrlich sein können. Den Job hat am Ende sowieso ein Mann gekriegt.